630 - Hofers Ankunft


zum Berg Isel kam, erreichte ihn schon eine Deputation der Bürgerschaft, die ihn beschwor, durch sein Erscheinen dem zügellosen Treiben ein Ende zu machen. Dem Rufe kam er unverweilt nach. Umgeben von der Kernschar seiner Landesverteidiger, fuhr er um 11 Uhr auf einer Kalesche in die Stadt ein, begleitet vom Freunde Stadler, der sich zum Empfang in sein grünseidenes Galakleid geworfen hatte. Kaum gewahrt der Sandwirt die tosende Menge, so entsteigt er dem Wagen, bricht sich durch das Gewirre Bahn und verweist strafend und zuredend zur Ordnung. Wollte man von Hofer, der den überlauten Huldigungen abwinkte, die Worte vernommen haben: „I nit, ös a nit, der da drobn", so entsprach dies gewiss den Regungen frommen Dankes, den er an diesem Jubeltage in stillem und lautem Gebete zum Himmel richtete. Aukenthalers Kompanie bestimmt er auf die Hauptwache, ihre Patrouillen und alle redlich gesinnten Landsleute sollen die Ordnung herhalten. Und diesen Weisungen wird treulich Folge geleistet. Aukenthaler, sein Oberleutnant Moser, Feldkaplan Degeser und andere wackere Männer nahmen sich kräftig der Bedrohten an. Die strammen Passeirer halfen eifrig mit. Ein förmlicher Wachtdienst ward organisiert, zahlreiche Bauernpiketts durchzogen die Gassen und steuerten der Ausgelassenheit. 1) Vor den Häusern angesehener Bürger, wie Schumacher und Carnelli, die namentlich von raublustigem Volk bedroht waren, wurden Wachen postiert. Graf Mohr griff eben rechtzeitig ein, als eine Gruppe sich über eine ärarische Kasse machen wollte. Einige Elende, welche Brand legen wollten, wurden von den Bauern verjagt. Traf man einen im Besitz unrechtmäßigen Gutes, so büsste er es mit Schimpf und Schlägen. So wurde Raub und Plünderung erfolgreich verhütet. Großer Schaden wurde nirgends angerichtet, die einzige empfindliche Leistung der Innsbrucker bestand darin, dass sie an diesem Tage gegen 18 000 Fremde verpflegen mussten. Gewiss fehlte es auch nicht an harmlosen Kundgebungen der Freude und der Bayernfeindschaft. Ein paar Bauern trugen je einen Jahrgang des bayrischen Regierungsblattes auf ihren Piken. Gefragt, was sie da hätten, entgegneten sie: die bayrische Regierung.

Indessen hatte sich Hofer mit Mühe den Weg zu seinem erwählten Absteigequartier beim goldenen Adler gebahnt. Je mehr er erkannt wurde, desto größerer Jubel umbrauste ihn. Eine große Menge sammelte sich vor dem Gasthofe und begrüßte ihn mit Zuruf. Der Sandwirt sah sich zum Sprechen genötigt: „Grüess enk Gott, meine liabn Sprucker, weil ös mi zum Oberkommadanten derwöhlt håbts, so bin i hålt då. Es sein åber no viel åndre då, dö koane Sprucker sein. Alle, dö meine Wåffenbrüeder

1) Als recht exzessiv werden auch die Ranzionierten geschildert, die mit den Bauern kamen.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 630

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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