642 - Berufung Giovanellis


Dass dieses Elaborat nicht vom Sandwirt, auch nicht von seiner Bauernversammlung in der Hofburg herrühre, kennt man auf den ersten Blick. Es lässt sich auch der Vater des Kindes nennen, es ist Giovanelli d. j. Schon in den ersten Wochen seines Regiments hat Hofer vor ihm brieflich sein Herz ausgeschüttet, wenn ihn der Ärger überkam. 1) Die Arbeiten der am 23. August eingesetzten Generaladministration befriedigten nicht. In dem Chaos, das die Kriegsläufe geschaffen, hätten übrigens auch die besten Kräfte nicht in der ersten Woche ihrer Amtierung schon Wunder wirken können. Den Sandwirt begleitete das Gefühl des Unbehagens hierüber auf seiner Reise, die er zu Anfang September nach Südtirol unternahm. In Bozen sprach er im Hause Giovanelli vor, klagte über den schlechten Gang der Staatsgeschäfte und verlangte den jungen Herrn an seine Seite. Man gab ihm ausweichende Antworten. Nach Innsbruck zurückgekehrt, richtete er eine schriftliche Aufforderung an Giovanelli, zu kommen und ihn zu unterstützen. Und um seinem Rufe Nachdruck zu verleihen, sandte er seinen Hauptmann Peter Thalguter, der die Weisung hatte, sich so lang in Giovanellis Haus einzuquartieren, bis dem Befehl genug getan wäre. Solchem Druck wurde nachgegeben. Dem Gerufenen fiel der Gang in die Hofburg nicht leicht. Wohl erschien es ehrenvoll und als patriotische Pflicht, dem Lande in seiner Not beizuspringen. Aber die Aufgabe war nicht leicht, auch nicht gefahrlos. Die Hoffnung auf Rettung durch Österreich war schon sehr gesunken. Konnte dann in den Augen des siegreich wiederkehrenden Feindes die Zentralbehörde nicht als Revolutionstribunal erscheinen und deren Mitglieder, voran der Reformator derselben, als Hochverräter und Staatsverbrecher gelten? Man hatte ja schon Beispiele an Mitgliedern der Schutzdeputation erlebt. Das alles wurde noch vor der Abreise zwischen Vater und Sohn erwogen. Um dieser letzten Gefahr zu begegnen, wurde man schlüssig, darauf zu bestehen, dass die Administration

1) Hier ein eigenh. geschriebener Brief Hofers an Giovanelli, Innsbruck, 28. Aug. (A. G.): „schezpareste Herrn, besonders wass noch ganz v. Herzen ist, ich khon mich nit verstehn, glauben sie ich denkhe mit die untterdan zu handeln als wie Ein Herder (Hirt), alles zam dreiben dar mit in stall zu, nein, sie haben derfahrenheit genugsam, Ordnung Rechgeschaffenheit, das hat Platz bei mir, und glaubten sie, das Papa sich hat Ein Ehre gemacht, uns nicht zu understizen, mit den auszigen, wan es Rueig ist, so ist die schenste ordnung, wan es aber zu grösser feintselligkheiten khombt, so Bin ich so ga (r) v. mein pöstn freinten verlassen, aber gott hat mich noch nie ver lassen und der E. H. Johann, ich Bin schon auch Böstens getrost v. Einem khurier und in khirze wirth mir widerum Einder ankhomen, aber in Pozn wass ich ver stehe, glaubt man mehr in lant Räbern (den Landräubern), mir und den E. H. filleicht dörfften sie sich nicht untterwirffig zu machen, dieses ver stehe ich durch nach richt v. gewisse herrn. schezparester H. Guanelli arbeitten sie fir Regillion und vatterland, wass sie nur khenen, sein sie v. mir in diser Sachen Böstens anentfohlen, leben sie in der hand Gottes und sein guettenckhet in derselben Entfohlen."

Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 642

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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