643 - Giovanelli in Innsbruck


alle ihre Erlässe nur im Namen des Landes herausgebe, ihren Charakter als eine nur provisorische, gegen die Anarchie notwendige Landesstelle betone und sich jeglicher Legislation enthalte und jeglicher Erläuterung der bestehenden Gesetze, wozu sie weder Zeit noch Befugnis habe. 1) Wenn Hofer Verordnungen im Namen des Kaisers herausgebe und bei seinen Ordres sich als k. k. bezeichne, so sei das eine Sache für sich; er werde wissen, warum er es tue. 2) Zwei Wünsche gab der Vater dem Sohne mit: Einsetzung eines möglichst neuen Regierungspersonals und zu diesem Zweck Verlegung der Zentrale in eine andere Stadt.

Am 21. September betrat Giovanelli die Landeshauptstadt. Noch auf der Reise hatte er Klagen über „die in allen Geschäften herrschende Verwirrung" vernehmen müssen. Unverweilt ging er ans Werk, das rasch erledigt werden sollte. Am 25. ist er „noch immer mit der Organisierung der Landesstelle beschäftigt" und hofft „trotz aller Hindernisse, wenn auch nicht ganz nach Wunsch, doch zum Teil damit zustande zu kommen". Der Vater sollte ihm brieflich Rat erteilen; aber da nicht umgehend Antwort folgt, will er nicht länger zuwarten: „Es muss nun einmal Ordnung gemacht werden, jede Stunde ist ein Gewinn. Denn wenn nicht geholfen wird, so verhungern die kleinen Beamten alle." Schon am zweiten Tag seines Aufenthaltes war es ihm klar, dass die Befolgung der väterlichen Direktiven über seine Kräfte gehe: „Hofer hat zwar den besten Willen, es sind aber ungeheure Hindernisse im Eigennutz und in der Leidenschaftlichkeit gewisser Leute zu überwinden. Ich habe mich bereits überzeugt, dass es unmöglich sein wird, das Lokal für die Landesadministration zu ändern. Es gibt da so viele nicht zu berechnende Anstände, dass ich den Gedanken schon fast aufgegeben habe. Ebenso schwer ist es, gewisse Leute ganz zu entfernen. Sie würden fürchterlich intrigieren und vielleicht beim Volke Faktionen veranlassen. Mein Hauptaugenmerk geht daher vorderhand dahin, sie unschädlich zu machen. Ich habe jetzt die Idee, dass von allen Teilen des Landes Deputierte hierher geschickt werden sollen, allenfalls einer von Meran und Vintschgau, einer von den südlichen Konfinen, einer von Bozen und vom

1) Dies und das Folg, nach der Korrespondenz der beiden Giovanelli und der des jüngeren mit seiner Frau in A. G.
2) Die Unterscheidung zwischen der Autorisation Hofers und des Landes entsprang erst dem Kopfe Giovanellis. Kurz vorher schrieb noch Daubrawik: „Die Generaladministration ist lediglich von Hofer konstituiert und infolgedessen in Aktivität. Wenn man also den Konstituierenden nicht anerkennen würde, könnte man uns selbst noch weniger anerkennen, und es bliebe uns nichts übrig als abzutreten, um nicht durch Ungehorsam der Unterbehörden kompromittiert zu werden. Hofer ist nun einmal derjenige, der uns gerettet hat, der Sieger ist und die Macht besitzt. Als Bonaparte aus Ägypten kommend das Direktorium stürzte und Frankreich vom Abgrund rettete, was würden die Franzosen demjenigen geantwortet haben, der von ihnen verlangt hätte, dass er sich ausweisen soll, dazu berechtigt zu sein?"



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 643

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.