645 – Die neue Administration


die Folgen davon wären nicht zu ermessen. Da im Patent die konstitutionellen Rechte ausdrücklich vorbehalten sind 1) und die einzig wahre Ansicht, dass es sich nur um Aufstellung einer politischen Behörde handelt, welche mit der Konstitution keinen Zusammenhang hat, aufgestellt wurde, so wird es jedem klar werden, dass wir dadurch nicht die Verfassung ändern wollten, dass wir aber auch der Meinung waren, es sei jetzt für den Augenblick nicht der Zeitpunkt, sie zu restituieren. Denn dazu braucht es eine völlige, auf Haupt und Glieder sich erstreckende Regeneration, welche nur ein Landesfürst auf einem offenen Landtag mit gehöriger Feierlichkeit und dem entsprechenden Erfolg erzwecken kann. Die einzelnen Trümmer des zerschlagenen Kastens, welche noch im Meere der Verwirrung herumschwimmen, sind so wurmstichige Bretter, dass sich auch ein Schiffbrüchiger nicht daran halten kann." Dem Verfasser des Patentes fiel auch die Auswahl der Referenten und der Volksrepräsentanten 2) zu. Hinsichtlich der ersteren hatte Giovanelli schon beizeiten den Vater vorbereitet, dass sie beide ihre Neigungen den zwingenden Umständen unterwerfen müssten. Nach der Veröffentlichung versichert er: „Die Referenten mussten beibehalten werden, weil man niemanden vor den Kopf stoßen wollte und taugliche Leute mangeln. Durch die zwei neuen Räte Rapp und Peer hofft man manchem Mangel abzuhelfen."

Nachdem das neue Patent entworfen war, hielt Giovanelli noch seine fernere Gegenwart in Innsbruck „für unbedingt notwendig, bis die neue konstituierte politische Oberbehörde in Gang gebracht ist". Gegenüber seiner Familie rechtfertigt er die Verzögerung seiner Rückkehr: „ich halte es für eine Pflicht, dieses Opfer dem Vaterlande zu bringen, denn ich sehe voraus, dass im entgegengesetzten Falle das allgemeine Beste unter den verschiedenartigen Interessen und der Sorglosigkeit derjenigen, die das Werk führen, untergehen müsste. Ich habe viel, sehr viel Verdruss und erwarte mit Bestimmtheit nichts als üble Deutung und Undank für die Zukunft. Doch das sei Gott geklagt, ich handle nach meiner Pflicht." 3) Als Roschmann im Oktober nach Tirol kam, wollte er Giovanelli zu einer Mission an die österreichische Gesandtschaft in der Schweiz bereden.

1) Dies geschieht im Patent durch die Worte: „Es handelt sich jetzt, abgesehen von unsern hergebrachten konstitutionellen Rechten und Freiheiten, bloß um Einsetzung einer politischen Oberbehörde."
2) Ernannt wurden zu Repräsentanten des Etschkreises Fedrigorti von Roveredo und Graf Jos. Thun von Trient, des Eisackkreises Mörl von Meran und Eyrl von Bozen (so lang dieser durch die Weinlese ferngehalten wurde, wollte Giovanelli seine Stelle einnehmen), des Innkreises v. Wenger in Hall und Syndikus Suitner in Innsbruck.
3) Rapp schreibt an die Frau Giovanellis am 5. Oktober: „Wann Ihr Gemahl nach Bozen zurückkehrt, lässt sich nicht sagen. Er ist hier unentbehrlich und der größte Wohltäter des Vaterlandes." Danei widmet der Tätigkeit Giovanellis die Worte: „Derjenige, welcher Hofer die besten Gedanken eingab, war Josef Giovanelli j."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 645

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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