649 - Schwierigkeit der Stellenbesetzung


Wirklichkeit, wenn einer von Hofers Adjutanten schönfärbend einem bayrischen Würdenträger erklärte: „Das Regieren wird den Herren überlassen, das Verteidigen aber und das Kriegführen allen braven Tirolern." 1) Dass Tirol eine Bauernregierung habe, war doch das allgemeine Empfinden. 2) Das bereitete ja auch der Amtsführung der „Herren" mannigfache Schwierigkeiten. Darüber unterrichtet die vertrauliche Mitteilung eines der bestellten Administratoren, Daubrawiks, in aller Offenherzigkeit, er schreibt: „Unsere Dienstlage ist sehr schwer. Man amtiert in einem Meer von Rücksichten, kann so manches nicht tun, legt dann schlechte Ehre ein, schwächt sogar das Zutrauen und ist oft in großer Verlegenheit, besonders wenn es darauf ankommt, schon gemachte vorläufige Nebenschritte wieder ins Geleis zu bringen. Der Etschkreis scheint uns noch gar nicht anerkennen zu wollen." 3)

Unter solchen Umständen hatte der öffentliche Dienst wenig Verlockendes. Hofer musste oft zu scharfer Befehlsform greifen, um diejenigen, auf welche seine Wahl fiel, zur Übernahme zu vermögen. 4) Als er dem Baron Reinhart persönlich in dessen Wohnung das Dekret seiner Ernennung zum Präsidenten der Administration überbrachte, beugte er einer Weigerung mit der Drohung vor, er könne, wenn der Freiherr nicht annehme, für dessen persönliche Sicherheit nicht einstehen. 5) Ein anderer, den Hofer auserkoren hatte, Rat Peer, bewarb sich um einen Pass, um sich der Dienstleistung zu entziehen. Der Sandwirt belehrte ihn eines andern: „Nit fortroasn. Wenn solle Hearn fortgien wölln, wer soll den nåcher s'Landl regiern?" Welcher Hochdruck bei Giovanelli notwendig war, haben wir vernommen. In einem Hoferschen Bestellungsdekret findet sich die Formel: „Wird ernannt unter dem, dass man von ihm keine Weigerung erwartet, widrigenfalls er für einen Feind des Vaterlandes erklärt werden musste." 6) Auch Rapp hatte sich Mitte August dem Dienste entzogen, und war nicht mehr Finanz- sondern Vakanzrat, 7)

1) Bericht Preysings, Miesbach 2. Sept. M. St
2) Ein Fräulein Josefine v. Kling schreibt an ihren Vetter in Bayern aus Innsbruck 28. Aug.: „Die Ämter sind jetzt in Innsbruck mit Bauern besetzt, die man in Menge auf dem Landhaus und in andern großen Häusern aus den Fenstern mit der Pfeife im Munde und in ihren gewöhnlichen Kleidern heraussehen und rauchen sieht. Wie lange mag diese herrliche Regierung dauern?" M. St.
3) Daubrawik an Giovanelli d. j. 19. Sept. A. G. Der Schreiber, der in jeder Zeile Furcht und Unsicherheit verrät, unterfertigt sich als „wahrer Freund" und bittet, den Brief nach dem Lesen zu vernichten.
4) Der Abgang der Bayern hatte starken Mangel an Beamten zur Folge. Die letzten, wie Landrichter Beck, waren noch mit Lefebre fortgezogen.
5) Danei a. a. O.
6) Dekret für Jos. Matzegger, ernannt zum Konzipisten bei der Schutzdeputation in Bruneck, 11. Sept. Cop. bei Knoflach.
7) Rapp an Giovanelli, 6. Sept. A. G.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 649

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.