661 – Finanznöten


für die 120 Häftlinge deren Speisung aus eigenem bestreiten musste. Er erklärte endlich sein Unvermögen, und der Strafhausverwalter 1) musste der Finanzdirektion anzeigen, dass, wenn nicht gleich 4000 G. flüssig gemacht würden, die Sträflinge freigelassen werden müssten. Die Finanzbehörde, selbst ohne Geld, wandte sich in ihrer Not an die Landeshauptstadt und verlangte die umgehende Beschaffung der notwendigen Summe. 2) Die Antwort, welche darauf aus dem städtischen Rathaus zurückkam, erklärt das gänzliche Unvermögen: „Die Herbeischaffung ist unmöglich. Denn niemand will begreifen, dass gerade die Bürgerschaft einer Stadt, auf welche die Lasten des Krieges am schwersten gefallen sind, eine Pflicht des ganzen Landes übernehmen soll zu einer Zeit, wo ihr disponibles Gemeindevermögen in 39 Kreuzern besteht, wo durch Stockung des Handels und infolge der gewaltigen geleisteten Requisitionen der Gewerbsmann aller Barschaft beraubt ist und wo die Einquartierung, die teuren Militärspitäler und das Sammelhaus fortwährend großen Aufwand erfordern. Die Bürgerschaft, welche vom Adel mit schiefen Augen angesehen wird, aber auf dessen Unterstützung nicht rechnen kann, ist soeben auf dem Punkte, aus Mangel an Barschaft die Militärspitäler und das Sammelhaus aufzulassen und die Kranken und Verwundeten wie auch die Gefangenen der individuellen Obsorge der Bewohner der Stadt zu überlassen. In dieser schauerlichen Lage stelle ich das doppelte Ansuchen, die Finanzdirektion, welcher es an wirksamem Eindruck auf die verhärteten Gemüter nicht fehlt, möge die 4000 Gulden selbst aufzubringen suchen, und es möge dem Magistrat bewilligt werden, einen Termin Klassensteuer nach der im Spätsommer 1806 beobachteten Modalität zur Bestreitung der dringendsten Bedürfnisse einzuheben, damit das Mitleiden allgemeiner wird und nicht allein auf den Realitätenbesitzern zerstörend liegen bleibt." 3)

Einen ähnlichen Weg, wie in diesem Falle die Finanzbehörde, betrat Hofer selbst, als er die Stadt Brixen um Sammlung freiwilliger Beiträge bat, damit die Schützenlöhnungen ausgezahlt werden könnten. Und ähnlich

1) Verwalter Anton v. Posch an die Direktion, 26. Aug. J. St.
2) Finanzdirektion an d. Stadtmagistrat 2. Sept.: „Wenn das Geld nicht aufgebracht wird, so müssen die Sträflinge entlassen werden. Schon der erste Anblick einer solchen Möglichkeit muss jeden mit wahrem Schauder erfüllen. Es sollen daher die vermöglichsten Bürger und Honoratioren zu einem Anlehen von 4000 Gulden mit 5 Prozent Zins bewogen werden. Als Hypothek soll dienen das Vermögen der k. k. Staaten und besonders das gesamte Realvermögen des ganzen Landes Tirol, und dabei soll erklärt werden, dass das Fürpfand für diese 4000 G. allen andern Darlehen vorgehen und die schleunigste Rückzahlung erfolgen soll. Der Kaiser hat erst jüngst wieder die kräftigste Unterstützung und allen Ersatz für die zum Besten des Landes gemachten Auslagen zugesagt." Ebend.
3) Vizebürgermeister an d. Finanzdirektion, 4. Sept. Ebend.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 661

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.