685 - Haspinger in Hallein


gab es keinen Aufenthalt. Von Unken fort stürmten sie auf Melleck, wo Oberst Ströhl mit ein paar Kompagnien stand. Nur eine Weile hielten seine Grenadiere den Anprall des ungestümen Speckbacher aus, bald zeigten sich in ihrem Rücken Wallners fliegende Scharen, die den Rückzug nach Reichenhall zu unterbinden drohten. Deshalb wandte sich Ströhl dahin, ununterbrochen umschwärmt von den ihn begleitenden Bauern. Am Abend standen unweit den Toren der bayrischen Salzstadt Speckbachers Vorposten. Es war ein Tag, der den Bayern Hunderte von Gefallenen, Blessierten und Gefangenen kostete, er hat den Warnungen des Kronprinzen vollauf recht gegeben. An keinem Tage des kampferfüllten Jahres hat Speckbachers klassische Taktik des Umringens, des Fassens in Rücken und Flanke, der Ausnützung des schluchtenreichen Terrains solche Triumphe gefeiert wie an diesem. Der Höhepunkt der Erfolge auf tirolischer Seite war damit erreicht.

Am 25. war Margreiter nach Berchtesgaden gezogen, Wallner rückte ihm am folgenden Tage mit dem Pinzgauer Aufgebote nach, und das erzwang die Räumung des dortigen Gebietes vonseiten der Bayern. Reichenhall blieb den Tirolern verschlossen, Speckbacher und Firler begnügten sich, Stellung in Melleck und am Bodenbüchel zu nehmen. Dagegen trieb den Rotbart sein Ungestüm, Hofers Befehl zu überschreiten und sich vorwärts vom Luegpass auszubreiten. Seine Scharen rückten von Abtenau und St. Nicola der Stadt Hallein näher, so dass die dortige Besatzung eingeschlossen und von Salzburg abgeschnitten zu werden fürchtete. In der Nacht auf den 28. verließ sie daher den Salinenort in aller Stille und bezog Niederalm. Gleich am folgenden Tage erschien Harasser als Quartiermacher in der Stadt, am Abend folgte Haspinger mit 1100 Mann. Die ruhige Stimmung, berichtet der Stadtrichter, und der Mut dieser irregeleiteten Menschen hätte nichts Schauerliches an sich gehabt, wenn nicht der Gedanke des Aufstandes und der Anblick so verschiedener Mordinstrumente die Szene frappant dargestellt und einen Ausblick auf die Wut der vorausgegangenen Gräuel eröffnet hätte. 1) Unter den stolzen Mienen ihrer Hauptleute marschierten sie einher, defilierten auf dem Stadtplatz, und, obgleich sie unter strömendem Regen auf die Einquartierung warten mussten, hörte man doch nur Freudengeschrei und Rufe leichten Mutes. Den Bürgern, die sich ihnen besorgt näherten, wurde „ganz ohne Wildheit" Gruß und Handschlag geboten. Mehr als die Hälfte war Landsturm, ganz unorganisiertes Volk, erkennbar schon an den Waffen die sie mitführten, knorrige Stöcke mit Messer oder Schnaitbraxe oder Morgensterne. Haspinger stieg ab im Gasthof zur Post, wohin die Würdenträger der Stadt für den 29. beschieden wurden. Als sie

1) Tagebuch des Richters Franz v. Agliardi in Hallein. M. K.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 685

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.