697 - Zerschlagung der Verhandlungen


haben. „Es ist schreckbar, wenn man die ungeheuren Brandstätten so vieler Unglücklicher sieht, die jetzt mit ihren Kindern am Hungertuch schmachten. Wenn man die Untaten betrachtet, welche die Unmenschen an Greisen, wehrlosen Menschen begingen, die sie verstümmelten, welchen sie lebendig die Haut abzogen und die sie so misshandelten, dass man es nicht aussprechen kann, so muss man sagen, diese Taten sind unbeschreiblich und ausgeübt von Menschen, die doch auch Christen sein sollten. Ich klage nicht die gefangenen Miesbacher an, aber es ist erhoben, dass Seefeld nicht durch bayrische Soldaten, sondern durch bayrische Bauern angezündet wurde. Wie viele Tiroler sind von den Bayern fortgeschleppt worden, welche nie ein Gewehr in der Hand hatten! Oder was für ein Gewehr hat die Baronin Sternbach geführt und die beiden andern mit ihr gefangenen Herren, so manche Priester und viele andere? Waren die Pferde, welche die Bayern von der Alm weggenommen haben, nicht Privateigentum? Und so auch jene 400 Stück Vieh, die sie in Sterzing geraubt haben. Und was haben die Bayern alles von der Landstrasse und von der Gemeindeweide fortgenommen? Dies sind die Taten der Bayern bei uns." Mit dem Austausch war Hofer einverstanden, aber vorher wollte er wissen, wen die Bayern losgeben. Vor allem müsse der König den Geiseln Lefebres die Freiheit schenken, „widrigenfalls wir sodann München finden und sie selbst abholen werden". „Ich führe mit Gott diesen Stolz und meine es dem König zu Gutem, und sollte auch wirklich der Bonaparte selbst sich dawider aufhalten, so sind wir dennoch unerschütterlich. Gibt man uns unsere Wagen und Pferde zurück, so geben wir auch die bayrischen zurück." 1) Mit dieser Entgegnung verfügte sich ein Adjutant des Sandwirts zum 1. September an den Grenzstein, im Achenpass. Preysing, in der Meinung, mit seinem Schreiben Eindruck gemacht zu haben, fand sich ebendort mit 62 gefangenen Tirolern ein. Als der Adjutant diese armen Leute erblickte, verweigerte er im Sinn der Antwort Hofers den Austausch mit den Worten, er sei nicht gekommen, um Scherenschleifer und Karrenzieher einzulösen, überhaupt müsse er vorher bei seinen gefangenen Landsleuten sich vergewissern, wie sie während ihrer Haft behandelt worden seien. Es gab noch manche Gegenrede, wobei der Adjutant starkes Selbstbewusstsein hervorkehrte, und unverrichteter Dinge ging man auseinander. 2)

An dem Tage, da Sarntheins Tod in Innsbruck bekannt wurde, schritt Hofer an einen neuen Versuch zur Befreiung der Geiseln, namentlich Schneeburgs, dessen Abgang im Interesse der Staatsgeschäfte bedauert wurde. Auf Ehrenwort wurde der gefangene Offizier Völderndorff nach

1) Hofer an Preysing, 30. Aug.
2) Preysing an den König, 2. Sept.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 697

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.