705 - E. Johann neigt zum Krieg


ab; ist sie glücklich, so bringt sie uns vor Wien, wo eine zweite entscheiden wird; dann muss Friede gemacht werden und dieses schnell, dann ist zu hoffen, die alten Grenzen wie vor diesem Kriege zu erlangen Ist sie unglücklich, so ist es entschieden, der Kaiser wird kapitulieren, aber Napoleon keine Kapitulation annehmen, sondern die Abdikation und die Teilung der Monarchie fordern. Dieses tut unser Kaiser nicht, folglich geht er nach Fiume und schifft sich mit den Seinigen nach England ein und lässt uns die Sache ausfechten. Ich nehme, was mir an Linientruppen bleibt, und werfe mich nach Innerösterreich. Kroatien, Innerösterreich, Tirol sind der Kern, den ich übernehme. Hier vereint mit der Population, kämpfe ich bis zu Ende." Waffen, Pferde, Kleidung, Geld, Geschütz, das alles, so phantasiert er, wird sich finden. Die Streitmacht Tirols taxiert er auf nicht weniger als 132 000 Mann. 1) Was Wunder, wenn der Erzherzog bei solcher Gemütslage in den kaiserlichen Briefen die Aufforderung zu erblicken meinte, nach Tirol hin kriegerisch zu wirken. So entstand sein Schreiben an Hofer vom 12. September: „Mein lieber Hofer! Der Krieg fängt von neuem an, bald müssen entscheidende Streiche geschehen. Tirol wird vermutlich für den ersten Augenblick von Feinden nichts zu fürchten haben. Ihr müsst dort besser wissen, was um euch ist; habt ihr von Deutsch- und Welschland nichts zu fürchten, so handelt gegen Salzburg und das Oberland. Kolb kann gegen Kärnten etwas unternehmen; ich werde von hier aus nach Steiermark und Krain vorrücken lassen, um die braven Steirer, Kärntner und Krainer aufstehen zu machen, die nur auf Befehle warten. Meine Leute werden mit mir Anfangs bei dem großen Heere sein, um dort zu helfen, dass es entschieden werde, dann soll es an mehrerer Hilfe nicht fehlen. Schreibt mir, wen ihr wünscht an Offizieren zu haben, damit ich euch jene schicken könne, die die Tiroler gerne haben und vertrauen, sonst auch, was ihr braucht. Mündlich wird euch der Überbringer mehr sagen. Gott habe euch in seinem Schutz, und führe 2) immer so gut und brav die treuen Tiroler."

Das war nicht die Sprache eines Schwankenden, noch weniger die eines Friedensboten. 3) In denselben Tagen schien man auch in Totis, empört über Napoleons Ultimatum, jeden Friedensgedanken über Bord zu werfen. Und in diesem Augenblick setzte die Tätigkeit des früheren Unterintendanten für Tirol ein, Roschmanns. Ihn kitzelte die Rolle, welche

1) Mitgeteilt bei Zwiedineck, E. Johann p. 189.
3) Nicht „führet" wie bei Zwiedineck p. 192. Es ist die Befehlsform, gerichtet an Hofer.
3) Johann macht sich selbst später einen Vorwurf, da er schreibt: „Durch den Frieden kam ich in eine peinliche Lage. Ich hatte mein Möglichstes gewirkt, und nun nach dem Friedensschluss, wie erschien ich gegen dieses brave Volk!" Er schreibt dies mit ausdrücklicher Beziehung auf seinen Brief v. 12. Sept.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 705

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.