707 - Sendung nach Tirol


sie erwies sich als wirksam. 1) Am 14. wurden die Tiroler Emigranten am Kaiserhofe mit den 3000 Dukaten, dazu noch mit einer Ehrenkette für den Sandwirt abgefertigt, am nächsten Tage konnte Roschmann dem Erzherzog als „dem ersten" melden, dass seine Ernennung zum „Oberlandes- und Armeekommissär" für Tirol vollzogen sei. Johann entging es nicht, wie seine Person dabei auf die Seite gesetzt worden. 2) Also ein Hormayr in zweiter Auflage, ein Armeekommissär, aber ohne Armee. Oder sollte bei noch währendem Waffenstillstand das Tiroler Aufgebot zur kaiserlichen Armee erklärt werden? Wahrhaftig, man hatte den Kaiser zu einer Maßregel voll Sonderbarkeit und Widerspruch beredet. Die fernstehenden Tiroler aber mochten glauben, nun beginne die Sache mit der österreichischen Intendantschaft von neuem. Wer hätte da noch an Waffenstillstand, geschweige denn an Frieden denken mögen?

Der kriegerischen Bedeutung der Bestellung eines Armeekommissärs für Tirol entsprach es ganz, wenn auch an neuen Operationsplänen gearbeitet wurde. Roschmann übersandte sogleich das „Brouilion" eines solchen Planes dem Erzherzog, er hatte es aus der Hand des Kaisers empfangen, der aber in diesem Augenblicke schon vor dem zurückschrak, was er eben vollzogen. Die Legitimation für die heimkehrenden Tiroler wagte Franz „wegen der äußeren Verhältnisse" nicht zu unterzeichnen, sondern wies hiezu seinen Generaladjutanten Kutschera an; ebenso wenig wollte er etwas Schriftliches, das sich auf Operationen bezöge, von sich geben. Das Brouilion hatte Franz bezeichnet als dienlich „zur Belehrung Sieberers und Eisensteckens", war also wahrscheinlich ihnen nicht in die Hand zu geben, sondern nur vorzulesen. Diese auftauchenden Halbheiten liessen in den Augen Roschmanns den Erzherzog wieder mehr gelten, er sollte gewissermaßen seinen kaiserlichen Bruder supplieren. 3) Da vom

1) E. Johann notiert: „Roschmann wird Intendant für Tirol. Im Hauptquartier sich aufhaltend hatte derselbe den Baldacci für sich und auf diesem Wege sich hinaufgeschwungen. Für Baldacci war der ehrgeizige Roschmann der Mann. Hormayr und Chasteler waren beseitigt, mich konnte man nicht beseitigen, darum wurde mir alles mitgeteilt, entweder wenn es bereits veranlasst war, aber auch manches, was ich erst in der Folge der Zeit erfuhr."
2) Der Kaiser teilte dem Erzherzog die Ernennung erst am 20. mit (A. J.). Er fügt bei, Roschmann werde auch Geld mitgegeben zur Unterstützung des Landes nebst der Versicherung, bei hergestellter Verbindung dem Lande alle mögliche Hilfe angedeihen zu lassen. Der Waffenstillstand werde nun bald aus sein, Johann möge die Vorbereitungen treffen zur Erhebung des Landvolkes. Am 18. schreibt Franz dem Bruder, bei aller Nachgiebigkeit sehe er keine Hoffnung auf den Frieden, man verlange von ihm zu viel, er erwarte jeden Augenblick die Kündigung des Stillstandes. Ebend.
3) Wie Roschmann den Erzherzog ausnützen wollte, mag folgende Stelle seines Schreibens an ihn (15. Sept. J. M.) beleuchten: „Wenn man auch hier nicht wagt, einige verkleidete Artilleristen nach Tirol gehen zu lassen, so ist dies doch so wichtig) dass ich glaube, E. H. könnte dies als Kommandierender für sich allein tun."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 707

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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