709 - Ein Aufruf Johanns


richtete, der freilich kaum an seine Adresse gelangt ist. 1) Wenige Tage später ging der Erzherzog selbst nach Totis. Er konnte Zeuge sein der trotz Roschmanns Absendung vorwaltenden Unschlüssigkeit. In ihm selbst rang Friedensneigung mit Kampfeslust. Höchst unbefriedigt kehrte er nach zehn Tagen in sein Keszthely zurück. 2) Ausser mit Hofer wurde auch mit Kolb die Verbindung weiterfort unterhalten. 3)

Sieberer, Eisenstecken und Frischmann brauchten zu ihrer Reise volle zwei Wochen. Die Unsicherheit der Passage bewog sie zu dem großen Umweg über Kanicsa und Agram und bei der Traversierung des feindlichen Okkupationsgebietes zum Übergang über selten betretene Bergjoche.

1) Ich schließe dies daraus, dass das Original dieses Aufrufes heute noch in München (M. St.) liegt. Er lautet: „Euer getreuer Bote hat mir euer Schreiben überbracht, woraus ich mit Vergnügen sehe, wie sehr euch das Schicksal der österreichischen Waffen nahe geht. Eure alte Anhänglichkeit hat bereits untrügliche Beweise geliefert, dass sie stets unerschütterlich und felsenfest geblieben sei. Die Zukunft soll euch einen glücklichen Lohn dafür bringen. Folgt der Aufforderung des braven Hofer. Er hat die Verteidigung des Vaterlandes über sich genommen und schon mehrere Beweise seines Mutes gegeben. Hauptquartier Keszthely 18. Sept. E. Johann." Es ist ein Zettel, welcher sich in einen Archivakt v. 15. März 1809 verloren hat. Man hat es also wohl mit einem Interzept zu tun. Der „getreue Bote" wird Johann Keil von Innichen gewesen sein. Roschmann schreibt an Johann: „Der von Hofer an E. H. geschickte Kurier Keil geht jetzt wieder mit Eisenstecken und Sieberer zurück. Er hat bereits zwei solche Reisen gemacht und nichts bekommen, ich ersuche um eine Belohnung." Dazu der Indorsatvermerk: „Sind demselben 24 Dukaten in Gold aus dem geheimen Fond gezahlt worden. Fedrigoni."
2) Johanns Aufenthalt in Totis währte vom 23. Sept. bis 5. Okt. Er selbst schreibt darüber in einem Brief v. 15. Okt. (A. J.): „Ich habe dort alles beobachtet und viel Schwankendes und keinen großen Entschluss gefunden. Ich selbst habe die ersten Tage zu einem Frieden geraten, insoweit er mit Ehren gemacht werden könnte. Die letzten Tage, da ich die überspannten Forderungen erfuhr, riet ich und sprach freimütig, dass ein Ultimatum erfolge, und sagte, es sei besser zu kämpfen, wenn es so ginge. Ich mochte wohl der einzige sein, der so sprach. Nachdem ich sah, dass nichts vom Fleck ging, kehrte ich hieher zurück. Möge mich mein Herr, wenn Friede wird, nach Innerösterreich senden, um einst dort wenigstens mit Ehren zugrunde zu gehen."
3) 19. Sept. Kolb an Johann: „Gottlieb Mock und Valentin Plangger kamen zurück und brachten mir von E. H. 45 Dukaten, womit ich die weiteren Kuriere bezahlen will. Plangger meldet, dass E. H. binnen 14 Tagen 200 000 G. schicken wird, wovon ich das nötige für Pustertal behalten, das andere nach Innsbruck senden soll. Er sagte mir auch, dass ich und Hofer vereinigt das Oberkommando in Tirol haben sollen. Ich habe dem Hofer geschrieben, er möge die Oberbehörden so amtieren lassen, wie es unter Österreich war, er aber möge sich nur um die Landesverteidigung annehmen. Er hat auch schon viel Volk nach Salzburg geschickt. Gott, der Allmächtige, hat Hofer und mein Herz schon lange zusammengekettet und zwar ohne Interessen, und ich hoffe, beide Herzen werden unzertrennlich und einig bleiben für den Grafen von Tirol. Keiner von beiden ist verdienst- und ehrenräuberisch gesinnt, wie es bei der heutigen Welt Mode ist." J. M. Von einem andern, aus dem erzherzoglichen Hauptquartier zurückkehrenden Kurier, Franz Torresani aus Cles, wird um diese Zeit berichtet, er sei in Marburg angehalten worden und habe die ihm mitgegebene Depesche verschluckt.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 709

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.