713 - Hofer an den Kaiser


der Sandwirt also: „Es ist bekannt, was Tirol seit dem 11. April getan und gelitten hat. Wenn ein Volk, das durch einen dreijährigen namenlosen Druck der bayrischen Regierung ausgesaugt, dann durch öftere Einbrüche unmenschlicher Feinde geplündert, endlich durch seine Freunde und Erlöser, durch die österreichischen Truppen, welche ohne Geld, ohne Munition und ohne Lebensmittel seine Grenzen betraten, von seinen noch übrigen Subsistenz- und Verteidigungsmitteln entblößt und zuletzt durch einen unglücklichen Traktat der willkürlichen Wut barbarischer Unmenschen preisgegeben wird, wenn ein Volk, das in dieser schrecklichen Lage, wo ihm nichts übrig blieb als Blut und Leben, auch noch dieses der Freiheit und dem Vaterlande, seinem Kaiser und seiner" Religion mutig und entschlossen zum Opfer bringt, wenn ein solches Volk Berücksichtigung verdient, so glaube ich verpflichtet und berechtigt zu sein, dringend ans Herz zu legen, dass man im Falle eines Friedensschlusses, welchen aufgefangene Briefe und ausländische Blätter vermuten lassen, Tirol nicht vergesse, wie es beim Waffenstillstand geschah, damit nicht vielleicht unsere Kinder und Kindeskinder dafür büssen, dass ihre Väter für den österreichischen Kaiser ihr Herzblut vergossen haben. Ich erlaube mir, unsern Zustand zu schildern, woraus die Notwendigkeit der Unterstützung für uns hervorgehen wird. Die Hunderttausende, der letzte Notpfennig, den uns die bayrische Regierung noch übrig ließ, haben die Intendantschaft und die k. k. Herren Kommandierenden von allen Seiten als freiwilliges oder erzwungenes Anlehen erhoben und zum Teil mit aus dem Lande geführt. Diese Summe ist noch nicht getilgt. Die Zinsen aller öffentlichen Fonde, der einzige Unterhalt vieler Familien, stehen schon seit vielen Monaten aus. Die Schuldenlast aller Städte, Märkte und Gerichte, welche die Löhnung und Verpflegung der im Felde stehenden Landesverteidiger meist übernahmen, ist ins ungeheure vermehrt, alle Quellen des Nationaleinkommens sind versiegt. Die Beamten und Pensionisten rufen nach Brot, viele Tausende, welche den Flammen ihrer zerstörten Heimat entkamen, ringen mit dem Hungertode. Wenn nicht bald die vom Kaiser heilig versprochenen Geldzuflüsse und zwar in etwas beträchtlicherer Summe uns aus der Not reißen, dann müssen sich alle Bande der bürgerlichen Vereinigung auflösen, und Hunger, Elend und Not im Innern werden jedem Feind die gefährlichen Angriffe von außen ersparen." Auch auf den überschickten Operationsplan kommt die Denkschrift zu sprechen. „Unternehmungen gegen Ulm und Augsburg sind schwer, dagegen eröffnen sich gegen Italien gute Aussichten." Genauer will man sich erst äußern, wenn es wieder zum Ausbruch kommt. Hofer will zuwarten, bis ganz sichere Nachrichten über die eröffneten Feindseligkeiten kommen. Wenn wieder eine österreichische Armee für Tirol bestimmt sein sollte, so ist es sehr wichtig, einen Kommandanten zu wählen, „der



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 713

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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