720 - Metternichs Vorschlag


Dem Befehl, Tirol zu besänftigen, kam der Erzherzog dadurch nach, dass er sogleich den emigrierten Hauptmann einer Salurner Kompagnie, Johann von Campi, mit entsprechenden, aber wie es scheint, nur mündlichen Weisungen ins Land entsandte. 1) Johann hatte wohl das Gefühl, dass ein unmittelbar kaiserliches Wort am Platze wäre. Was tat man nun in Totis? Das erste war die Abschickung dreier tirolischer Kuriere, Gutmorgen, Huter und Zoller „mit gemachter Kommunikation des Friedens". 2) Es war, wie es Hormayr bezeichnet, eine „an die Tiroler indirekt geschehene Aufforderung zur Ruhe und Ergebung". Dass derartige subtile Mittel nicht ausreichten, um ein bis in seine innersten Tiefen erregtes Volk zu kalmieren, 3) verhehlte man sich auch am Kaiserhofe nicht. Kein anderer als Metternich, der schon die Nachfolge nach Stadion angetreten hatte, trat vor seinen Monarchen, um ihm nahe zu legen, was gegenüber Tirol seine Sache wäre. Er unterbreitete den Entwurf eines Aufrufes an die Tiroler und eines Handschreibens an den Kabinettsminister, Grafen Wrbna. Daran hängte er noch die Frage, ob, wenn die Franzosen die Absendung eines kaiserlichen Schreibens an die Tiroler nicht zulassen würden, etwa ein Offizier abzusenden wäre, welcher alles mündlich ausrichten sollte. Das war gewiss sehr praktisch und zeitgemäß gedacht; eine kalte kaiserliche Resolvierung hat durch alles einen Strich gemacht: „Da man von der eigentlichen Lage Tirols nichts Gewisses weiß, so hat dieser Gegenstand auf sich zu beruhen, wenigstens für jetzt." Es scheint auch dabei wieder der Dämon Baldacci dem Kaiser die Feder geführt zu haben. 4) Zwischen Franz und Metternich kam die tirolische Frage nur

1) Campis Bericht in A. G. Steger schreibt, Campi habe gesagt, es sei Frieden, wie aber der Frieden beschaffen, wisse er noch nicht.
2) Hormayr an Zichy, 21. Okt. A. G. Den Kurier Huter erwähnt Hormayr hier nicht, über ihn Scala a. a. O. p. 101.
3) Ferd. Delama schreibt einmal ganz zutreffend (A. G.): „Eine einfache Abwiegelungsdepesche war nur eine Seifenblase, welche einem aufs tiefste erregten Volke nichts galt." Gentz (1, 204) notiert zum 25. Okt.: Hormayr m'a dit aujourd'hui q'une deputation était arrivée du Tyrol, et que l'empereur n'avait pas eu le courage de leur avouer, que le paix état signée.
4) Metternichs Aufruf lautet: „Tiroler, ihr habt mir Beweise von Anhänglichkeit gegeben, welche mein Herz stets mit Dankbarkeit und Rührung erfüllen werden. Umgeben von Feinden, dem Angriff auf mehreren Punkten ausgesetzt, habe ich Frieden mit dem französischen Kaiser und seinen Bundesgenossen geschlossen. Ich höre, ihr wollt noch ferneren Widerstand leisten, bis ihr von mir erfahret, dass wirklich Friede ist. Ich erteile euch die Versicherung, der 10. Artikel des am 14. Okt. unterzeichneten Friedens sichert euch eine vollständige Amnestie. Folgt meinem Wunsch und stellt ferneres Blutvergießen ein." Kaiserl. Schreiben an Wrbna: „Alle Nachrichten stimmen darin überein, dass die Tiroler noch stets mit bewaffneter Hand Widerstand leisten und noch ferner zu leisten denken. So rührend diese Beweise von Anhänglichkeit sind, welche mir dieses treue Volk gibt, so sehr erheischt es meine Dankbarkeit und Pflicht, dem ferneren, völlig zweckwidrigen und unnützen Widerstand gegen eine so überlegene Macht Einhalt zu tun. Sie erhalten in der Anlage ein Schreiben, welches ich an Hofer erlasse und von welchem Sie eine Abschrift dem französischen Armeekommando in dem Fall zustellen werden, wenn es meinen Antrag annehmen sollte, selbes an Hofer gelangen zu lassen. Der französische Hof muss in diesem Schritt einen unwiderlegbaren Beweis der Aufrichtigkeit meiner Gesinnungen sowohl als der Wünsche sehen, ein gutes Volk nicht ferner den Gräueln des Krieges und seiner Verheerung ausgesetzt zu wissen, welche Bemerkungen geltend zu machen Sie sich angelegen sein lassen werden." Metternichs Vortrag an den Kaiser v. 22. Okt. W. St. Am selben Tage ergeht an Metternich ein kaiserl. Schreiben: „Nachträglich erhalten Sie hier im Anschluss zur gleichmäßigen Vergutachtung den Bericht, welchen die in Tirol aufgestellte Generallandesadministration (wohl jener ob. p. 713 behandelte) mir erstattet hat, samt der darüber von Baldacci abgegebenen Äusserung" (nicht vorhanden).



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 720

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.