727 - Drouet rückt vor


Deshalb entsandte sie zwei Bauern, Sebastian Rieder und Michael Rohrmoser, nach den Hohlwegen, um freiwilligen Abzug der Stürmer zu erwirken. Mit eifrigstem Zureden brachten sie es zur Abschickung einer Deputation zu dem in Weissbach lagernden bayrischen Kommandanten, mit dem am folgenden Tag (19. Okt.) eine Kapitulation vereinbart wurde, worin von der einen Seite Niederlegung der Waffen, von der andern Schonung zugesagt ward. Darauf erfolgte die Zerstreuung der Menge. Noch am Abend dieses Tages rückte Rechberg selbst in Saalfelden ein. 1) Abgeordnete von Pongau und Pinzgau erklärten ihre Unterwerfung, Geiseln wurden ausgehoben und nach Salzburg geschickt. Für Wallner war kein Bleiben mehr, über die Felbertauern schlug er den Weg nach Pustertal ein.

Das Vorrücken der Bayern bedrohte Haspingers Stellung am Lueg in ihrem Rücken. Es folgte auch dort die Räumung. Die Kompagnien und Freischaren lösten sich auf. 2) Der Rotbart sah sich auch in Radstadt, wo er die letzte Zeit das Hauptquartier aufgeschlagen, 3) nicht mehr sicher und nahm wieder den Gedanken einer Erhebung in Kärnten auf. Alsbald lenkte er dahin seine Schritte.

Ohne eine nennenswerte Begegnung überschritten die Divisionen bei Kössen und Kufstein die Landesgrenze. Wintersteller und Sieberer wandten sich innaufwärts, bei Rattenberg wollte man sich aufstellen. Hier trafen sie auf Firler, einen der Zeugen des Unglückes von Melleck. Am 19. erschien auch Danei. Er hatte nur eine Nacht in Innsbruck zugebracht, Hofer delegierte ihn wieder nach Unterinntal. In tiefer Niedergeschlagenheit hielten die Männer Kriegsrat in Strass an der Zillermündung. Die Landstürmer, welche sich einfanden, zeigten wenig Lust, dem Feinde entgegenzugehen. Nebenher stellte man die bange Frage nach Speckbacher, von dem man seit Melleck noch nichts vernommen. Eben hielt Danei eine Ansprache an die der Ermunterung bedürftige Menge, als man Speckbachers bekannte Gestalt von einem Bergsteig herab sich nähern sieht. Er kam aus der Wildschönau, wohin ihn der flüchtige Fuß getragen. 4) Fast allein war er dort eingetroffen. In erschreckender Wirklichkeit stellte sich ihm der Wandel dieser Tage dar. Wo waren jetzt die

1) Lottersperger a. a. O.
2) Bericht über d. Tiroler in Abtenau a. a. O. Abtenau sah am 21. Okt. die letzten Bewaffneten.
3) Üb. Haspingers und des Hauptmanns Jakob Strucker Tätigkeit im Lungau handelt das Tagebuch d. Pflegers Joh. v. Kurz in St. Michel. Hier erließ Haspinger am 20. Okt. Aufrufe zur Vereinigung mit Tirol, aber Strucker tat nicht mehr mit. Im Gefolge des Kapuziners war Hauptmann Stitz mit 79 Mann seiner Kompagnie. Ihnen folgten noch Reste der Kompagnien Harasser und Freiseisen.
4) Speckbacher an Firler 18. Okt.: „Liebster Bruder! Heute bin ich hier in der Wildschönau. Schick mir die Wildschönauer und Alpacher, sonst bin ich nicht imstand, den Rücken zu verteidigen. Denn der Posten ist weit und viele Schützen haben kein Gewehr mehr." J. M.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 727

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.