746 - Die Bayern in Innsbruck


von der Höhe herab, um, unbekümmert um Speckbachers Befehle, der Stadt einen Besuch zu machen. 1)

Innsbruck war auch am 28. von den Bayern nicht betreten worden. Der folgende Tag war Sonntag. Wieder strömte es vom Isel zur Stadt herein, die Bauern wollten ihrer Sonntagspflicht Genüge tun. Viele von ihnen, obgleich bewaffnet, nahmen neben den Städtern am Hauptgottesdienst in der Pfarrkirche teil. Gerade während desselben erschien eine bayrische Fußkompagnie mit einer Eskadron in der Stadt. Kein Schuss empfing sie. Dafür waren sie so artig, die Landesverteidiger unbehelligt an sich vorbeigehen zu lassen. Es war ein Anblick, der in manchem Beobachter begreifliches Erstaunen wachrief. 2) Gegen Mittag zog das bayrische Detachement wieder nach Mühlau zurück. Auf dem Rathaus lasen die Stürmer die Proklamation des Vizekönigs. Das weckte laute Erbitterung, die Leute schrien über Verrat der „Herren". Die Gebärden wurden so drohend, dass man um einen Kapuziner, P. Josua, sandte, damit er die Menge beruhige. Es kostete ihn schwere Mühe. Endlich bewog er die Lärmenden, ihr Lager am Berge aufzusuchen. Kaum hatten sie die Stadt verlassen, als Wrede und der Kronprinz mit einem Regiment einzogen. Die Eingänge zur Stadt wurden stark besetzt. Prinz Ludwig zeigte vertrauenerweckende Leutseligkeit, während der General in seiner gewohnten soldatischen Härte auftrat. Besonders gegen den Bürgermeister hatte er vorwurfsvolle Worte, weil sich derselbe säumig gezeigt habe in der Verbreitung der Friedensbotschaft. 3) Am Morgen des folgenden Tages Hess Wrede unter Pauken- und Trompetenschall den Frieden in der Stadt ausrufen. Dass dieser Verkündigung die Schüsse, welche man gleichzeitig vom Iselberg vernahm, nicht galten, bewies ein schwer verwundeter bayrischer Reiter, den man eben zur Triumphpforte hereinführte.

Hinter den Schanzen am Isel herrschte seit dem Abend des 29. hochgradige Erregung. Der von Hofer ausgeschickte Stillstandsbefehl war auch dort eingetroffen. Die Bauern erwiesen sich dafür nicht empfänglicher als für die Mitteilung im Innsbrucker Rathause. Vielleicht hätten sie mit sich reden lassen, wenn sich die Anführer einmütig auf Hofers Seite gestellt hätten. Unter diesen wird nur Aschbacher genannt,

1) So tat auch Aukenthaler, dessen Erzählung übrigens in diesem Teile konfus ist. Er zeigt sich darin sehr gegen Speckbacher eingenommen, dem er geradezu den Gehorsam verweigert hat.
2) Knoflach fügt der Anführung der (Ereignisse dieses Tages die Frage bei: „Was soll das heißen? Wer soll aus all dem klug werden?"
3) Ebend.: „Wrede zeigte sich sehr kriegerisch, nur ein Glück, dass der Kronprinz dabei ist." — Ludwig bezog die Hofburg, Wrede das Haus der freiherrlichen Familie Zephyris in der Sillgasse.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 746

Rechtschreibung behutsam angepasst.
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