751 - Vorbereitung zum Kampf


wissen. „Was bleibt uns übrig, wenn sie ins Land kommen und uns die Waffen nehmen? Dann können sie mit uns machen, was sie wollen. Wir müssen also alles wagen. Gott wird uns helfen; so können wir's nicht mehr haben, hin sind wir auf alle Fälle." Schon für die kommende Nacht wird der Angriff vom Höttinger Berg aus avisiert.

In der Absicht, es möglichst bald zum Schlagen kommen zu lassen, begegneten sich beide Kampfparteien. Von Innsbruck aus war deutlich wahrzunehmen, wie sich die Schanzlinien am Iselberg füllten und die Massen gegen den Fuss des Abhanges sich vorschoben. Die Bayern hatten zwei ihrer Divisionen während der letzten zwei Tage in der Stadt zusammengezogen. Ihre starken Piketts standen in Wilten und Hötting. Die am Nachmittag des 31. an der Südseite Innsbrucks erfolgende Auffahrt von Geschützen, deren Mündung gegen den Isel gerichtet war, konnte nicht missverstanden werden. Die Tiroler beantworteten diese Bewegungen mit einem lebhaften Feuer der in den Schanzen aufgestellten Doppelhaken, ohne Schaden anzurichten, im Übrigen verlief der Tag unter bedeutungslosem Geplänkel. Auch Drouet hatte den 1. November zum Angriff bestimmt. Die ganze Garnison stand die Nacht hindurch unter Waffen, die Neustadt, von vielen Feuern taghell beleuchtet, bildete ein einziges großes Lager.

Über taktische Vorbereitungen der Bauern lässt sich wenig Günstiges berichten. Hofer war mehr unter einer tosenden als überlegenden Umgebung. Vor allem entbehrte er seines Generalstabschefs, Speckbachers. Der hatte bisher, außer Verbindung mit dem Zentrum, 1) dem Feinde die Überschreitung des Flusses in Hall und Volders verwehrt. Von Höhepunkten wie Windegg, Nock oder Heiligwasser aus dirigierte er seine weit ausgedehnte Aufstellung. Dem Stillstandsbefehle Hofers verschaffte er auf seiner Seite in strengem Befehlshabertone Eingang. 2) Aber sich in solch plötzliche Änderung zu finden, vermochte er nicht. Daher seine Sendung Sieberers nach Matrei. Von dort her lautete es denn auch bald anders. Morgen, so kündete ein neuer Befehl, werden alle Anstalten getroffen, dass die ganze Mannschaft wieder vorrückt: „Sucht nur die Posten zu behaupten, damit wir den Feind wieder zurückdrängen." In dem Augenblick, da Speckbacher diesen Zettel erhält, sieht er im Tale schon

1) Stettner verzeichnet: „Speckbacher schien den Krieg unabhängig von Hofer führen zu wollen."
2) Ordre Speckbachers v. 30. Okt.: „Auf Befehl Hofers darf kein Postenkommandant einen Schuss auf den Feind machen lassen, außer wenn der Feind stark angreift. Auch ist große Vorsicht zu gebrauchen. Herr Kommandant Straub hat diesen Auftrag, bei schwerster Verantwortung zu befolgen."



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 751

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.