753 - Der 1. November


von Wilten her in Bewegung setzten. Zu einem Verzweiflungskampfe, wie ihn der Mahrwirt mit seinen löwenmutigen Genossen im August am Hohlwege aufgenommen, kam es nicht mehr. Die Bauern verließen ihre zusammengeschossenen Erdwälle und enteilten durch das enge Silltal. 1) Kaum zwei Stunden füllte die Affäre. Ehe noch die Mittagsglocken läuteten, wurden die erbeuteten Hakenbüchsen vom Iselberg triumphierend in die Stadt gebracht. Der Kürze des Zusammenstosses entsprach die Geringfügigkeit der Verluste. Die Bayern hatten ein halbes Hundert Verwundete, von den Tirolern gerieten ebensoviel in Gefangenschaft. Ostwärts der Sill, wo sich Haspinger herumtummelte, gab es noch in den Nachmittagsstunden feindliche Begegnungen, aber ohne Belang. 2) Der ganze rechte Flügel stand tatsächlich wieder außer Zusammenhang mit dem Zentrum. Speckbacher begnügte sich, die Haller Brücke zu beaufsichtigen und verließ erst spät am Tage die Höhen des östlichen Mittelgebirges. Straub versichert später, er habe in seiner Stellung bei Volders von den Vorgängen bei Innsbruck an diesem Tage überhaupt nichts erfahren. In der Hauptsache aber teilte dieser Flügel das Schicksal der übrigen. 3) Ein guter Teil der Mannschaft schlug den Weg über die Ellbögenerstrasse ein, 4) so taten auch Sieberer und Haspinger. Ebenso nichtssagend war die Demonstration der Oberinntaler unter Firler und Marberger. Der Lärm des Geschützdonners am Isel rüttelte sie aus ihrer Stellung an der Martinswand auf. Hoch oben auf Bergsteigen, durch den Wald gedeckt, näherten sie sich der Nordseite der Stadt. Sie wechselten Schüsse mit dem dort postierten Bataillon Habermann und, die Auflösung am jenseitigen Ufer gewahrend, traten sie bald den Rückweg an. Bereits fanden sie durch General Rechberg die Strasse nach Zirl verlegt, so dass sie sich in die Klammen des Solstein retten mussten.

Fürwahr, es war ein kläglicher Tag, an dem auch nicht einer die Fahne der früheren Sieger hochgehalten hat. Was half es, wenn einer dem andern die Schuld beimaß: Haspinger dem Aschbacher und Danei, diese dem Delama, und der wieder dem Firler! Recht hatte da nur

1) Die tirolischen Aufzeichnungen über den Sturm gegen den Isel sind recht einsilbig. Mit Völderndorffs Bericht ist wenig gedient. Ihn charakterisiert schon der eine Satz: „Die geschlagenen Insurgenten flohen in hellen Haufen vom Iselberg längs dem linken Innufer."
2) Den von Völderndorff hier genannten Ramertshof weiß ich nicht zu deuten. Ebenders. spricht auch von einem Kampf um Ambras. Dagegen berichtet die Gräfin Trapp im ob. zit. Briefe, die Bayern hätten in ihrer Villa zu Ambras am 1. Nov. wüst gehaust, „ohne dass dort eine Affäre gewesen wäre".
3) Speckbacher notiert zum 2. (soll heissen 1.): „Am Paschberg, wo ich, obgleich siegreich, zurückweichen musste, weil auf der andern Seite des Berg Isels unglücklich gekämpft wurde."
4) Die in Ampass gestandenen Passeirer nahmen Vorspann und fuhren nach Matrei. Gem. Arch. Ampass.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 753

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.