759 – Oberinntal


aber wenig geordnete Schar bald zum Weichen. 1) Zell wurde am 6. November arg geplündert. Die Fliehenden schlugen sich nach Finkenberg, Dornauberg und Dux, wo sie sich nach wenigen Tagen auflösten.

Nach Oberinntal hatte General Rechberg abzugehen. Verhaue am Fusse der Martinswand hielten ihn auf. Erst dann konnte er sie forcieren, als Kanonen von der Seite Kematen hinüberspielten. Jene zwei Priester Kuen und Ennemoser, die am Beginne der Erhebung eine bedeutende Rolle gespielt und bislang an der Belebung des Widerstandes teilgenommen hatten, erkannten nunmehr, „dass die Aussichten schlecht standen", und suchten im Verein mit dem Kommandanten Gruber, das Timmelsjoch überschreitend, den Sandwirt auf. Aus seinem Munde die Bestätigung des Friedens vernehmend, entsagten sie den Waffen und wandten sich ihrem friedlichen Berufe zu. 2) Während der Anwesenheit der bayrischen Truppe brach am 4. November in Zirl zufällig Feuer aus, dem die meisten Häuser des Dorfes zum Opfer fielen. 3) Rechberg stellte über Seefeld die Verbindung mit dem in Scharnitz stehenden Oberndorf her und setzte die Okkupation Oberinntals fort, welche, obgleich schon mehrere Gerichte ihre Unterwerfung erklärten, sich nicht ohne Blutvergießen vollziehen sollte.

Von Innsbruck selbst blieb Drouet seit dem letzten Gefecht am Isel unbestritten Meister. 4) Im Auftrage der Generalität sammelte Bürgermeister Rauch die Waffen und verhielt die Bürger „bei Strafe der Arretierung" zum Tragen der bayrischen Kokarde. Eine Verordnung Drouets tat kund, er habe im ganzen Inntal nur Anarchie gefunden, ihr abzuhelfen werde eine provisorische Kommission zur Ausführung der Befehle für den öffentlichen Dienst bestellt. Baron Reinhart, Peter Gassler, der Fiskal Josef Kolb und Atzwanger als Leiter der Polizei waren ihre Mitglieder. In einem Manifest brachte Drouet die Friedensbotschaft

1) Völderndorff gibt 4000, Pichl 3000 Insurgenten an. Tavel a. a. O. gedenkt eines Gefechtes bei Strass. Über die Bewegung am jenseitigen Inngelände notiert ein Bauer von Achental zum 5. Nov.: „Hat man wieder im Sturm gehen müssen auf den Eben, und wer nicht gieng, den hat man von Haus transportirt." Graf Preysing meldet aus Miesbach 8. Nov. über Ansammlungen von Landsturm in Achental, Eben, Jenbach und Tratzberg. Noch immer gehe der Ruf, lieber Haus und Hof verlieren als bayrisch werden. „Ich habe bisher noch keine Furcht gekannt, aber diese Zusammenrottungen in Rücken und Flanke der Armee könnten sehr gefährlich werden." M. St.
2) Nun habe ich, so schließt Kuen seine Erzählung, wieder ruhig in Zirl Schule gehalten bei den Kleinen.
3) Postmeister Anton Niederkircher in Zirl sagt in einem Bericht (M. K.): „Mir sind beide Häuser und drei Stallungen in Asche gelegt. Dazu sind alle Vorräte, ein paar Pferde und 14 Stück Vieh verbrannt. 21 Rinder wurden gerettet, aber wegen Mangel an Futter schon verkauft. Das Elend ist nicht zu beschreiben."
4) Der Kronprinz reiste am 2. nach Bayern zurück.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 759

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.