782 - Auflauf in Meran


des polternden Vial. Diesem General ging das Einsammeln der Waffen zu langsam. Noch eine zweite Deputation musste deshalb aus dem Burggrafenamt vor ihm erscheinen. 1) Mit der Niederbrennung Merans wurde ihnen gedroht, wenn die Einlieferung nicht in den nächsten Stunden erfolge. 2) Der voreilige General hätte wissen können, dass ein solcher Befehl an so schlagfertige Männer wie die Burggräfler nur unter dem Eindruck einer hinreichend starken bewaffneten Macht zu geben war. In Meran aber hatte sich bisher noch kein Soldat gezeigt. Bürgermeister Buchmayr gehorchte allerdings bereitwillig und requirierte die Gewehre. Allein da spielte wieder ein unglücklicher Zufall mit. Es war eben Markttag (Martinimarkt), wo viel Bauernvolk sich ansammelte. Sahen da die Bursche, wie die Waffenstücke in das Rathaus zusammengeschleppt wurden, die überhaupt niemand gern hergab. 3) Alsbald entstand ein Auflauf, das Haus wurde gestürmt und armvoll wurden die Büchsen davongetragen. Nicht viel mehr als zwei Dutzend Stücke rettete der Bürgermeister, um sie nach Bozen dem General zu senden, der über die Geringfügigkeit der Ausbeute nur schwer zu beschwichtigen war. Nun hätte dieser Auftritt in Meran vielleicht nur den Charakter eines lokalen Putsches behalten, wäre die Glut nicht von Passeier aus zur neu auflodernden Flamme angeblasen worden.

Wir sahen Hofer friedensgestimmt sein Haus betreten. Mit seiner Ankunft verwandelte sich das Wirtshaus am Sand zu einem Allerwelts-Stelldichein. Mit ihm, dem ersten Mann des Landes, hatten viele zu tun und zu sprechen. Ein buntes Gemisch recht verschiedenartiger Elemente drängte sich an ihn heran, ruhige und turbulente. Unter den Besuchern begegnet der Wiltener Kaufmann Oberrauch. 4) Ihn hatte der Sandwirt, als er von Wechseln nach der Schweiz vernommen, zum österreichischen Gesandten Schraut in Bern geschickt, um, wie er meinte, die kaiserliche Geldhilfe für Tirol dort zu erheben. Der Vertrauensmann kehrte eben jetzt mit leeren Händen zurück, man hatte ihn an das Handlungshaus Eichborn in Breslau verwiesen. Oberrauch wollte dem Sandwirt mündlich Bericht erstatten und lenkte also seinen Schritt ins Tal der Passer. In die Stube tretend, fand er um Vater Hofer eine laut debattierende Versammlung. Die Mehrheit der Anwesenden bezweifelte den Frieden und

1) Es war Herr v. Vintler von Meran, Trogmann von Mais, Lehrer Eisler von Schenna.
2) Dass Vial manchmal auch mit sich reden ließ, berichtet Staffler in seiner Biogr. a. a. O. p. 25.
3) Die Mém. de Mais erzählen eine bezeichnende Episode. Die Ausschussmänner und die Pfarrgeistlichen sammelten in Mais die Gewehre. Sie bekamen viele harte Worte. Zu einem der Priester sagte eine Bäuerin, indem sie ihm einen Rosenkranz übergab, für geistliche Hände passe dies besser als Gewehre.
4) Oberrauchs und seines Begleiters Josef Lener Verhör im März 1810 in M. St.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 782

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.