788 - Neue Aufgebote


und Oberinntaler an: Infolge „einiger Verwirrung" und getäuscht von Geistlichen, die er für seine Freunde gehalten, habe er zwar Waffenniederlegung verkündet. Aber da Jung und Alt sich nicht abhalten lassen, so melde er, dass in Passeier alles auf sei und dass gestern der Feind „nach Herzenslust" geschlagen worden. „Also streitet mit uns. Wenn wir uns ergeben, so würden wir binnen 14 Tagen unserer jungen Leute beraubt und die Religion vernichtet werden. Glaubet niemanden etwas, außer es ist meine Unterschrift darauf. Ich will mit euch streiten und euer Vater sein." Bezeichnend fährt er fort: „Das muss ich euch melden, wenn ich nicht selbst ein Opfer meiner eigenen Leute werden will, und das Gleiche würde euch geschehen, wenn ihr nichts für Gott und Vaterland tun wolltet." Er grüsst die Brüder und Landsleute als ihr „wahrer Andre Hofer am Sand in Passeier". 1) Ohne Wahl und Prüfung die einlaufenden Gerüchte entgegennehmend, hat man in Hofers Kreis wohl sogar noch an die Möglichkeit auswärtiger Hilfe gedacht. 2) Bei aller Überstürzung konnte man der Frage, wie dem ausrückenden Volk, das ja möglichst zahlreich sein sollte, der Unterhalt zu gewähren ist, nicht ganz aus dem Wege gehen. Es blieb nichts übrig, als sie recht primitiv zu lösen. 3)

Die Zusammenstösse in den letzten zwei Tagen, die stündlich sich mehrenden Stürmerhaufen, die für Rusca anlangenden Nachschübe aus Bozen ließen ein größeres Gefechtsereignis erwarten. Beide Teile drängten dazu. Der 16. November sah sie schlagbereit einander gegenüberstehen. Es war ein stürmischer Spätherbsttag. Vom grauen Himmel träufelte der Regen, vermischt mit Schnee. Die Tiroler nahmen nicht eine planlose Stellung ein, sondern gruppierten sich in einer Weise, die einen vorgefassten Schlachtplan vermuten lässt. In Saltaus soll er von Hofer im Verein mit den beiden Thalguter, Matthias Ladurner und Balthasar Leiter vereinbart worden sein. Sie schieden sich in Zentrum und zwei Flügel. Der rechte Flügel, befehligt von Peter Thalguter, beherrschte ein Kreissegment, das von der Marlinger Brücke über Algund bis Dorf Tirol sich dehnte, ihm gehörten die Schützen und Stürmer von Marling, Ulten, Lana,

1) Dabei noch die naive Bemerkung: „Weil ich mein Siegel zu Hause vergessen habe, so ist der Überbringer selbst Augenzeuge, dass es wirklich meine Unterschrift ist."
2) In einem andern Schreiben v. 15. an Obervintschgau und Oberinntal erscheint die Stelle: „Man möchte von rechtschaffenen Männern erfahren, was denn die Schweiz macht."
3) Anwalt Jos. Gufler an die Gerichtsobrigkeit in Passeier, Saltaus 15. Nov.: Die Gerichtsausschüsse werden in Permanenz erklärt. „Auch sollen die Bäuerinnen oder die Bauern selbst, wenn sich solche noch zu Haus befinden, von der Kanzel aus belehrt werden, dass jeder Bauer seine eigenen Leute, wo sie sich dermalen befinden, mit Lebensmitteln möglichst versehe. Es kann dies alles nach St. Leonhard oder St. Martin geliefert und dann durch die Samer der Mannschaft zugeführt werden. Es soll nur jedes Packl gemörkt werden, an wen es gehört." J. St.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 788

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.