799 - Barbou in Passeier


General Barbou, selbst den Jaufen, um Hilfe zu bringen. Bei seinem Eintreffen im hintersten Tal hatte die Stunde der Kapitulation für Dorellis Mannschaft schon geschlagen. Aber da zeigte sich ein im Volkskrieg oft zu beobachtendes Phänomen: unvermittelt wechselt der größte Enthusiasmus mit gänzlicher Erschlaffung. Nach einem wahren Heunenkampf um die Etzelburg, in unserm Fall St. Leonhard genannt, hatte sich alles verlaufen. Und die Ordonnanz, dass ein noch größerer Schwarm nachrücke, führt die Streiter von gestern nicht wieder zusammen. Das ganze Tal macht es wie der Steinhauser. Gleich der Spreu stieben sie vor dem sich nähernden Barbou in die Berge. Auch Hofer wird nicht mehr gesehen. Nicht ein Schuss empfängt den General. In dem nahezu leeren St. Leonhard bieten sich ihm jedoch Beweise dar für das, was vorgegangen. 60 Franzosen lagen tot in Häusern und auf Gassen, über 100 Verwundete harrten der notdürftigsten Pflege. In seiner Wut über die Vernichtung der vorausgesandten Kolonne gab der General das Dorf der Plünderung preis und wollte es den Flammen opfern. Auf die Fürbitte zweier Thurnwalder blieb die Strafe des Brandes auf wenig Häuser beschränkt. 1) Aber der Ort war „eine Wüste". Als Barbou am 24. nach Meran rückte, nahten sich ihm, von Steinhausers Schilthofe niedersteigend, Sieberer und Danei; in den Franzosen begrüßten sie ihre Retter. Sie zogen mit ihnen talauswärts. In Meran traf Barbou mit Baraguay zusammen, der mit einem Teil der Bozener Garnison bereits dahin gekommen.

Um Dorelli aufzuhalten, waren nur die Passeirer aus dem Etschtal nach Hause geeilt. Die Etschländer und Vintschgauer wollten sich an den Feind in Bozen machen. Kräftiger Zusammenhalt und einmütige Beteiligung war nicht mehr vorhanden. Männer, die früher sich an die Spitze gestellt, entzogen sich unter allerlei Vorwänden dem Aufgebot und verfluchten die neue Erhebung. 2) Immerhin waren noch viele zum Schlagen aufgelegt. Am 17. stiegen 300 Mann vom Korps Barbou über die Schalderer Scharte, um in Sarntal nach Waffen zu suchen. Raubend überfielen sie die einzelnen Fraktionen wie Astfeld und Reinswald. Schnell schickte man über den Berg nach Hafling und Vöran, und vereint mit diesen trieben die Sarntaler die ungebetenen Gäste schwer zugerichtet durch Durnholz

1) Die Angaben Thurnwalders werden hier von den Aufzeichnungen Joh. Hofers a. a. O. genau bestätigt.
2) Der frühere Hauptmann Pertinger erklärt am 18. Nov. der Kommandantschaft Schlanders, er habe sich geweigert, mitzugehen, da schon beim letzten Auszug nicht mehr alles in Ordnung war. Höchstens als Kundschafter wolle er noch gehen. „Sonst ersuche ich, mir nicht weiter zuzusetzen. Ich trink zu gern Wein, und dieser erhält mich nicht in Geistesgegenwart." J. M. Ein anderer wettert, 21. Nov., über die Unruhestifter: „Gott gebe, dass die teuflischen Brigants doch alle massakriert werden." Joh. v. Schasser an s. Frau A. D.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 799

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.