808 - Entsetzung Brixens


Erhebung erzählt wurde: „Indessen Brüder haltet zamm, der Gitzl ist gewiss brav, verlangt nur Hilfe von den Pusterern und gebt nit nach, diesmal muss es ausgien." 1) In den einzelnen Bauernlagern begann es hoch herzugehen. Selbst Musikbanden leisteten sie sich und Trutzlieder wurden gesungen: „Ein Kaiser und zwei König 2), die sind für uns z'wenig." Der General bewog den Bischof, dessen Residenz er in ein Kastell zu verwandeln drohte, Kapuziner auszusenden. Die bekamen nur spitzige Gegenreden: „Die Geistlichen wissen nicht, was wir wissen." Nebenbei verlegte sich Kolb auf das Verhandeln mit dem Feinde. Am 1. trat ein Bauer, gekleidet wie ein Hochzeiter mit grüner Hose, gelbem Hut und großem Federbusch, vor Moreau und bot die Auswechslung des gefangenen Oberleutnants Hohenhausen gegen den bereits in Haft geratenen Peter Kemenater an. Es erfolgte darauf ebenso eine Abweisung wie auf eine wiederholte Aufforderung zur Ergebung. Der General hoffte auf Entsatz, der sich auch schon vorbereitete. Im Hauptquartier zu Bozen ward seiner nicht vergessen. Baraguay entsandte den Brigadier Severoli mit 2400 Mann. Das gefährliche Defilee des Kuntersweges, wo auch die Brücken niedergelegt waren, 3) hatten die Franzosen zu gut im Gedächtnis, um es wieder zu betreten. Über den Ritten wählten sie den Abstieg nach Klausen, das die eingelagerte Bauernschaft ohne weiteres räumte. Keine Zeit verlierend rückte Severoli nach Brixen. Beim Erscheinen seiner Bataillone leerten die Stürmer schon die an der Strasse besetzten Punkte. Wie in friedlicher Landschaft näherte sich die Entsatztruppe der Stadt und vereinigte sich mit dem ihr entgegenmarschierenden Korps. Beide Generale verfügten jetzt zusammen über eine Zahl, dass sie jeden halbwegs bedeutenderen Punkt in der Umgebung militärisch versehen konnten. Indem sich so die Besatzungen verteilten, gelangte ein Pikett in die Nähe von Krakofl, wo sich eine Schar verzweifelter Kerle niedergelassen. Die Unglücksmenschen ließen es nochmals gegen die ankommenden Soldaten knallen, und dies scheint der unmittelbare Anlass gewesen zu sein für den entsetzlichen Racheakt, der im nächsten Augenblick über Brixens weitestes Weichbild verhängt ward.

Severoli hatte am Nachmittag des 6. Dezember die Bischofsstadt erreicht. In der Dämmerstunde — es war sein, nicht Moreaus Befehl — begann es in weitem Umkreis aufzuleuchten. Für den letzten Widerstand sollte ein flammendes Exempel ohnegleichen statuiert werden. Um den Unterschied, ob ein Ort beim Abenteuer Kolbs mitgetan oder nicht, kümmerten sich die beauftragten Brandleger nicht. Vahrn, Kranabit, Dorf Neustift,

1) Hofer an Mayr, Passeier 30. Nov. Or. A. J.
2) Offenbar der bayrische König und der Vizekönig gemeint.
3) Hepperger tadelt die Franzosen, dass sie, obgleich benachrichtigt, die Brücke von Blumau nicht gegen die Villandrer gerettet haben.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 808

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.