809 - Unruhen in Pustertal


Elvas, Miland, die Fraktionen von Pfeffersberg standen im Feuer. 200 ländliche Wohngebäude, 28 adelige Sitze bildeten die Fackeln, mit denen ein hartherziger Sieger den letzten Unglücksakt einer großen Volksbewegung beleuchtete. 1) Weder die Bitten des Bischofs und der Stadtbehörden, noch die missbilligenden Vorstellungen des menschlicher gesinnten Moreau hatten Severoli von dieser exorbitanten Strafmassregel abhalten können, die den Wohlstand Hunderter von Schuldigen wie Unschuldigen vernichtete. Auch das südliche Tirol hatte noch am Schlusse sein Schwaz bekommen.

Die Flutwelle des Aufstandes hatte sich, wie schon bei Mühlbach zu sehen war, noch weiter gegen Osten, durch Pustertal ausgebreitet. Briefe, die unter dem Namen Hofers gingen, taten auch da ihre Wirkung. Nikolaus Amhof von Gsiess und Wallner-Aichberger luden für den 1. Dezember nach Innichen Vertraute aus Toblach, Sillian, Sexten und dem Tal von Gsiess; auf augenblickliches Losschlagen lautete ihr Beschluss. 2) In Windischmatrei las Panzl, der Hinterbräu, auf dem Kirchplatz Sandwirts Schreiben vor und ließ es in den Gassen austrommeln. In seinem und Wallners Hause sammelten sich die zahlreicher werdenden Anhänger der Kriegspartei. Pfleger und Dechant verschwendeten umsonst ihre Worte. In Virgen schwuren Pfarrer und Kooperator selbst auf Hofers Aufrufe; Priester Unterkircher und der österreichische Patentinvalid Josef Daxer bearbeiteten die Dorfleute, 3) die sich endlich in dem jugendlich kräftigen Bauer Franz Frandl einen Hauptmann gewannen.

Eben solche Konventikel hielt man in Niederolang. In frischer Erinnerung lebte noch die Behandlung, welche der durchpassierende Rusca in der ersten Novemberwoche den Ortsvorstehern des Gerichtes Altrasen hatte zuteil werden lassen, da er sie alle so lange in eine kalte Kammer zu sperren befohlen, bis die Gewehre übergeben wären. Peter Sigmair, der Sohn des Tharerwirtes, die jungen Hilfspriester von Olang, Ludwig Mayr und Raimund Sind, der von Oberwielenbach, Theodor Tschurtschenthaler, und Lantschner, der kriegslustige Kurat von Weitental, berieten miteinander die Lage. 4) Auch ihnen stand es fest, dass noch kein Friede

1) Tschiderer, der von einer Fahrt nach Innsbruck erst am 12. nach Brixen zurückkehrte, schreibt am 18. an Giovanelli: „Hier sieht es furchtbar aus, 150 Brandstätten und 300 ausgeraubte Häuser. Das ist die zu späte Lehre, dass sich Tirol mit dem Aufstand in das größte Unglück stürzte, wie ich es immer befürchtete." A. G.
2) Bericht des Gerichtes Lienz v. 14. Dez. J. St.
3) Kienberger a. a. O. In W. Matrei wollte man dem Pfleger Kienberger die Führerschaft aufnötigen, Panzl verhinderte es.
4) Von andern Geistlichen des Bezirkes wird gerichtlich bezeugt, dass sie alles aufboten, um ihre Gemeinden zurückzuhalten. Richter Vintler in Bruneck hebt namentlich den Pfarrer in Taisten, Jos. v. Stelzl, und den Neustifter Chorherrn Gaudenz Valtiner, Kooperator in Pfalzen, hervor. J. St.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 809

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.