810 - Umschliessung Brunecks


geschlossen sei. Dem Landsturm der benachbarten Seitentäler wurde Bereitschaft angesagt. Wie nun General Almeras mit seinen 900 Mann in Bruneck am 30. November Anstalt traf, dem von Kolb beunruhigten Brixen Sukkurs zu bringen, ging es los. Lantschner, der Tharer und der Lucknerwirt Johann Hofer führten ihre Kontingente von allen Seiten gegen Bruneck. Die Sturmglocken, die von einem Orte zum andern riefen, waren für den schon ausgerückten General das Zeichen, auf Moreaus Unterstützung zu verzichten und der näheren Gefahr die Stirn zu bieten. Sein Rückzug nach Bruneck, der unter beständiger Beschießung vor sich ging, glich jenem Lefebres über den Brenner. Vorposten 1) und kleinere Kommandos außer den Mauern der Stadt wurden übermannt und festgenommen. Binnen kurzem waren im Heuflerschen Ansitz zu Oberrasen 70 gefangene Franzosen einquartiert, deren Bewachung, weil alle Männer ins Feld gezogen, die Weiber übernahmen. 2) Das verlustreiche Geplänkel vor der Stadt abbrechend schloss sich Almeras in ihr ein. Am 2. umstanden Bruneck mehrere tausend Stürmer, 3) gewillt, es mit einem kühnen Anlauf zu versuchen. Unsanft verabschiedeten sie einige Väter des Kapuzinerklosters, welche sie ermahnt hatten, abzustehen. Kräftig setzten die Bauern zum Sturmangriff auf die Nordseite an. Eben wie sie die ersten Häuser erreichten, ließ Almeras seine 20 Reiter, über die er verfügte, ausbrechen, und das genügte, um die Angreifer zu verwirren. Unter den Säbelhieben der Kavalleristen und einem wirksamen Geschützfeuer zerstoben die Massen. Gegen 100 ließen dabei das Leben, unter ihnen auch Johann Wolfsgruber, Kooperator von St. Andrae, der seinen sterbenden Landsleuten noch die Tröstungen der Kirche spenden wöllte. 4) Gleichwohl dachten die Geschlagenen an keine Heimkehr, nur dass sie von jetzt an in einem weiteren Kreise lagerten. Auch nach Bruneck gelangten drohende Forderungen zur Übergabe. Als Kolb bei Severolis Ankunft die Sache am Eisack verloren geben musste, fand er sich alsogleich bei den Belagerern Brunecks ein, log von einer bevorstehenden Kapitulation Brixens und trug damit noch das Seinige bei, um die Pustertaler im Ausharren zu bestärken. Aber nun konnte Moreau aushelfen. Einige seiner Kompagnien räumten die Mühlbacher Klause, und ihr Erscheinen verschaffte der Stimme der Vernunft Eingang bei den

1) So namentlich in Windschnur und beim Hofe des Peter Mutschlechner, genannt Worberger. Mutschlechner, welcher für den Frieden sprach, wurde von Tirolern und Franzosen gleichmäßig drangsaliert und gänzlich ausgeraubt. J. St.
2) Aufzeichnungen des Richters von Altrasen, Augustin v. Leis. J. M. Gleichzeitige Notizen des Rentbeamten Auer in Bruneck. A. D.
3) Auer: „Die weisse Schneedecke war schwarz von Bauern".
4) L. Rapp in Tir. Stimmen 1895, Nr. 177. Sebastian Gostner von Mühlen, welcher am 2. Dez. gefangen wurde, ist noch an diesem Tage in Bruneck kriegsrechtlich erschossen worden.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 810

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.