814 - Erzherzog Johann



Nach seinem Abgang aus Tirol hatte Roschmann über die dortige Lage dem Erzherzog nichts mehr zu berichten. 1) Aber die gewohnten Botengänge waren noch nicht unterbrochen. Sie bedienten das erzherzogliche Hoflager mit Wahrem und Falschem. Johann hielt darüber den Kaiser im laufenden. Aus dem Munde der durch Pustertal sich stehlenden Kuriere vernahm Johann vom Unglückstag der Tiroler am Berg Isel, von der Besetzung Bozens, selbst von einem Durchzuge des Vizekönigs durch Bruneck. Es schien ihm daher glaublich, dass „die Sache als beendigt anzusehen sei und dass in diesem Augenblick 2) die Tiroler mit den Franzosen in einer Kapitulation begriffen seien". Seine Segenswünsche begleiten sie: „Möge die Vorsehung die gerechten Wünsche der Tiroler in dem Masse erhören, wie es ein solches Volk verdient, das die Bewunderung Europas und der Nachwelt erworben hat." Immer wieder kamen Anfragen, ob es denn mit dem Frieden wirklich seine Richtigkeit habe. Der Erzherzog beantwortete sie, indem er den Boten gedruckte Exemplare des Friedensschlusses und mündliche Ermahnung, sich ins Unvermeidliche zu fügen, mitgab. Dann beschickte ihn wieder eine ganze Gruppe von Bauernhauptleuten 3) und ließ ihm Geschichten erzählen, deren Kolbsche Provenienz unverkennbar ist: die Unterinntaler hätten sich erhoben und drückten die Bayern gegen Innsbruck herauf, Hofer selbst sei im Vorrücken gegen die Landeshauptstadt begriffen; die Bayern, schon daran über Zirl durch die Scharnitz sich zu flüchten, seien von den Oberländern „tüchtig" geschlagen worden, 4) dabei hätten die Tiroler zwei Kriegskassen und 16 Kanonen erbeutet, die Bayern 2500 Mann verloren, während 1200 noch eingeschlossen seien; Zirl zwar sei verbrannt, aber die gewonnenen Kassen enthielten so viel Geld, dass man davon das ganze Dorf neu aufbauen könne. 5) Bewundernd, nicht ungläubig horchte der romantische Prinz auf und hielt alles »für so wichtig", dass er es augenblicklich an den Kaiser gelangen ließ. 6) Ähnlich geartete Berichte ließ er noch im Dezember folgen und die letzten Kämpfe im Eisacktal bezeichnet er als „für Tirol

1) Johann an den Kaiser, 17. Nov. (W. St.). Er sendet einen Brief Roschmanns, wo „nichts erwähnt wird über die kritische Lage Tirols". Roschmann meldet am 15. Dez. dem Erzherzog seine Ankunft in Wien.
2) d. i. am 17. Nov.
3) Ein beigelegter Zettel enthält ihre Namen: Sebastian und Georg Faller, Georg Überbacher, Joh. Auer, Peter Alböger, Sebastian Tschurtschenthaler und Joh. Stainer. Es waren wohl Pustertaler. Johann an den Kaiser, 22. Nov. J. M.
4) Dafür wurde selbst das Datum, 8. Nov., angegeben, also gerade der Tag von Hofers feierlicher Abdankung.:
5) Das meiste davon erscheint in einem Aufrufe Kolbs, von dems. Eigenh. geschrieben. J. M.
6) Trocken resolviert Franz: er nehme es zur Kenntnis und erwarte weitere Nachrichten.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 814

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.