831 – Hinrichtungen



maßlosen Forderungen Broussiers befriedigen könnte. 1) Daneben schleppte man noch willig an Waffen zusammen, was sich irgendwo finden liess. Am Christabend betrat Broussier selbst das Dorf Windischmatrei, dessen 80 Häuser seine 5000 aufnehmen mussten. Für den folgenden Tag waren vier Männer aus jeder Gemeinde des Gerichtsbezirkes befohlen. Der wütende General stellte die Niederbrennung aller Orte in Aussicht, wenn ihm nicht pünktlich gehorcht würde. Daneben spürte er denjenigen nach, die bei der letzten Erhebung eine leitende Stellung bekleidet hatten. Sie wurden vorgerufen und erschienen gehorsam; es waren Franz Frandl von Virgen, Josef Daxer von Defereggen, Johann Oblasser von Aineth, die Wirte Anton Kröll von Pregraten und Stefan Groder von Kais. Auch Obersamer und Weber wurden aus Lienz herbeigeholt. Ein Kriegsgericht ward konstituiert und sprach über alle, den einzigen Kröll ausgenommen, der mit einem derben Verweise davonkam, das Schuldig. 2) An jedem wurde das Urteil in seiner Heimatsgemeinde vollzogen. Die Dorfgenossen wurden von den Soldaten gezwungen, der Exekution beizuwohnen. So wurden die beiden Windischmatreier am 29. außer dem Markte auf dem Mitteracker erschossen, die andern in ihren Dörfern. 3) Dem Frandl, der auf dem Kirchplatz in Virgen fiel, widmete der Richter die Worte: „Alle, die ihn kannten, beweinen ihn, denn sein Wandel war unbescholten und seine Rechtschaffenheit allgemein bekannt." Wallners und Panzls Häuser wurden vom Militär demoliert. Im Gefolge des am vorletzten Jahrestag abziehenden Generals waren die Ortsgeistlichen von Virgen und St. Johann, deren in Lienz das kriegsrechtliche Verfahren harrte. Das war die Weihnachtszeit für das Iseltal, „eine wahre Schreckenswoche". Als Kooperator Michael Deckert am Silvesterabend in Windischmatrei die Kanzel bestieg, hatte er einen letzten Auftrag der zwei gerichteten Marktbürger zu vollziehen, denen er in der Todesstunde beigestanden: sie ließen durch ihn öffentliche Abbitte tun für das Unglück, das sie über die Gemeinde gebracht.

Die notpeinlichen Vollstreckungen in W.-Matrei waren nur die Anfangsglieder einer schauerlichen Kette von Hinrichtungen, die Broussier über Pustertal verhängte. Von den in Lienz eingesperrten Priestern mussten die zwei Pfarrgeistlichen von Virgen, Damascen Sigmund und Martin Unterkircher, das Leben lassen. Fast in jedem größeren Ort zwischen Lienz und Bruneck wurden einzelne herausgegriffen und ohne weiters kriegsrechtlich gerichtet: Georg Wurzer von Unterpeischlach und

1) Es wurden gefordert 12000 Pfund Brot, 4000 Pfund Fleisch, 500 Maß Wein, 250 Maß Branntwein usf.
2) Die Verteidigungsrede Negeles für Frandl im Sammler d. Tir. Stimmen 1905.
3) Kienberger notiert ausdrücklich die Hinrichtung durch Pulver und Blei, nicht durch Hängen.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 831

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.