839 – Gefangennahme



hart, denn dem geht es nicht gut, wenn ihn die Franzosen bekommen. Wir wollen jedenfalls erst die Sache bedenken. Willst du aber daran, so geh zuerst zum Richter in St. Leonhard und nicht gleich nach Meran. Sag es demselben und er wird dir guten Rat geben. Ich bin einmal nicht dabei." Der Verführer drängte noch weiter: „Du bist ja aufgestellt zum Bericht geben; gehst du nicht mit, so sage ich es dem General, und du magst sehen, was dir geschieht." Ilmer wusste sich kaum mehr zu helfen, er bot alle seine Überredungskunst auf, um bei Raffl einige Tage Aufschub zu erlangen und das Versprechen, vorerst den Richter Auer zu befragen. Endlich erhielt er dies. In seiner Unruhe ging Ilmer selbst zum Richter und machte ihm insgeheim Mitteilung. Auer suchte der höchst peinlichen Angelegenheit los zu werden und beschied den Deponenten also: dass Hofer noch in Passeier sich befinde, sei nicht glaublich, niemandem sei etwas zu sagen; sollte aber Raffl nochmals an ihn herantreten, so möge er denselben an ihn, den Richter, weisen. Nun vergingen ein paar Wochen, in denen Ilmer unangefochten blieb. Schon lebte er dem Gedanken, Raffl habe sich eines Bessern besonnen. Am 27. Januar begegnete er in der Nähe des Sandwirtshauses dem bösen Gesellen und vernahm von ihm die bedeutsamen Worte: „Nun hab ichs wohl in der Tasche." 1) Raffl war auch zum Richter gegangen, aber nicht um sich dort Rates zu erholen, sondern um so bestimmte Angaben über Hofers Aufenthalt zu machen, dass Auer, um seinen eigenen Leib zu salvieren, alles zu Papier brachte und den Verräter damit zu dem in Meran kommandierenden General Huard entsandte. Mit der Schnelligkeit des Windes verbreitete es sich im Tal, Hofers Versteck sei gefunden, es werde ihm nahe gehen. Das trieb noch am selben Abend einen Freund hinauf zur Mähderhütte, um bittend und warnend zur Flucht anzutreiben. 2) Der Sandwirt stellte für den nächsten Tag die beschwerliche Wanderung in Aussicht. Ob der Vorsatz aufrichtig war? Jedenfalls war er zu spät. Noch in derselben Nacht schlich eine starke Militärabteilung, geführt von Judas-Raffl, an das Versteck heran.

Alle Welt kennt die Erzählung, wie der Kommandant von Tirol, sein Weib und Kind und sein treuer Döninger unter herzloser Misshandlung nach Meran geschleppt wurden. Militärmusik empfing den traurigen Zug mit einem Freudenmarsch. Denn den gelungenen Fang schätzte man hoch. Wie Siegesbulletins verkündeten ihn öffentliche Plakate in den Städten. Tief ergriffen sah das Landvolk, das übrigens an diesem

1) Dies nach dem Aussageprotokoll des Peter Ilmer vom 19. Nov. 1817, beglaub. Cop. in H. M. Nach dieser Aussage die Erzählung bei Staffler III, 721 und nach dieser Rapp, 796.
2) Josef Thaler, Hasler in St. Martin, dessen Aufzeichnungen mitget. v. Innerhofer „Gesch. Andr. Hs." (Meran 1899). Üb. Thaler s. auch M. Mayr, Erinnerungen an Andr. Hofer p. 32.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 839

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.