843 - Das Urteil



im Palast Arrivabene 1) zusammen. Den Vorsitz führte Adjutant Baron Forestier über die Mitglieder: Bataillonschef Tombe, die Hauptleute Joubert und Masson, 2) die Leutnants Dubois und Quillot. Stabshauptmann Brulon fungierte als Referent, Bataillonsadjutant Isnard als Schriftführer, Hauptmann Vanderer als Dolmetsch. Sie sollten richten „über Hofer, genannt Barbone, 5 Schuh 8 Zoll groß, von länglich rundem Gesicht, rötlicher und befleckter Gesichtsfarbe, offener Stirn, schwarzen Augen und langem schwarzen Bart". Auf Grund des „Berufungsbefehls", der Reichsgesetze und der für Tirol erlassenen Proklamationen des Vizekönigs begann die Verhandlung mit Verlesung des in der Untersuchung gewonnenen Materials, das „für und gegen den Beklagten" sprach. Der Ketten entledigt, betrat Barbone den Saal, begleitet von dem ihm bestellten Verteidiger, dem redegewandten Advokaten Bassevi. Nachdem er, wie Brauch, seine Personalien angegeben hatte, wurde ihm alles, was ihn belastete, vorgehalten. Referent und Verteidiger wechselten ihre Reden. Bassevi konnte es sich nicht erlassen, auf die Sonderbarkeit eines sogenannten Gerichtshofes zu verweisen, dem das Urteil schon von vornherein vorgeschrieben. Mit sichtlicher Eile drängte der Vorsitzende zum Schluss. Auf die Erklärung, sie hätten dem, was sie gesagt, nichts beizufügen, mussten Hofer und sein Anwalt abtreten. In geheimer Sitzung war das Schlussurteil zu fassen. Den Votanten wurden zwei Fragen vorgelegt: „1. ist Hofer schuldig, welcher angeklagt ist, nach der durch die Proklamation vom 12. Weinmonat bewilligten Begnadigung als Anführer die Waffen ergriffen und die Tiroler zum Aufstand gereizt zu haben? 2. ist Hofer schuldig, da er am 27. Januar in einem Stall mit ein paar Pistolen und einem Degen getroffen wurde, obgleich der Befehl vom 12. Weinmonat

Palast d'Arco oder Palast Arrivabene, Mantua (Mantova). Lombardei, Italien © Stefan Dietrich
Palast d'Arco oder Palast Arrivabene, Mantua (Mantova). Lombardei, Italien
© Stefan Dietrich, 29. Juli 2006

1) oder Palast d'Arco. Der zeitgenössische Giov. Arrivabene (geb. in Mantua 1787) gedenkt in seinen „Momorie della mia vita 1795—1859", p. 16, in warmer Teilnahme des Sandwirts. Er meint, Napoleon habe beim Friedensschluss Österreich verhalten, ihm den „povero Hoffer" auszuliefern und dieses habe sich der Schmach unterziehen müssen. Als Augenzeuge erzählt Arrivabene: „Es war in den ersten (sie) Januartagen 1810, da ging ich hinaus vor die Porta Molina und sah ein zweirädriges Gefährte daherkommen in Begleitung vieler Soldaten. In demselben saß gefesselt ein starker Mann. Das war der unglückliche Tiroler. In dem langen dunkelfarbigen Rock, den er trug, hätte man ihn für einen Kapuziner halten können, wäre sein Haupt nicht von einem breiten Hut bedeckt gewesen. Napoleon hatte befohlen, Hofer binnen 24 Stunden abzuurteilen und hinzurichten. Der Platzkommandant sah mich im Theater und sagte mir, am nächsten Morgen werde Gericht gehalten über einen Rebellen und zwar im Saale des Hauses Arrivabene. Ich protestierte dagegen, dass dieser Ort zu einem solchen Trauerspiel gewählt werde. Aber er entgegnete, ich sei ein schlechter Untertan, und gab meiner Beschwerde kein Gehör. Zum Schein erkor man dem Armen einen Verteidiger, den Advokaten Bassevi, damals eine Berühmtheit des mantuanischen Forums. Ganz umsonst war dessen Genie gegen die Übermacht. Der heldenmütige Sohn der Berge ward zum Tode verurteilt und erschossen."
2) In der erzählenden Einleitung des Urteils ist Masson nicht genannt, aber der Name erscheint bei den Unterschriften.



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 843

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.