844 - Hofers letzter Wille



die Ablieferung der Waffen binnen fünf Tagen aufgetragen hat?" Die Antwort darauf enthielt ein einstimmiges Schuldig. Eine zweite Abstimmung — ob ebenfalls einhellig, sagt die Verlautbarung nicht — sprach die Todesstrafe aus, für deren Ausführung schon Napoleon die Zeit bestimmt hatte. 500 Abdrücke des Verhandlungsprotokolls in drei Sprachen, deutsch, italienisch und französisch, sollten Vorgang und Ergebnis der Welt kund tun. Brulon hatte Sorge zu tragen, dass das Urteil binnen Tagesfrist vollzogen würde.

Am 20. vor Tagesanbruch 1) betrat die Kommission Hofers Kerker. Sein Famulus Döninger musste ihn verlassen. Sie verabschiedeten sich wie Vater und Sohn, für Sweth stand die Überführung nach Elba bevor. Dann ward dem Sandwirt das Urteil verkündet. Nur wenige Stunden waren ihm noch gegönnt, um das zu ordnen, was ihm am Herzen lag. Es wurde manchmal hämisch bemerkt, Hofer habe sich klüglich abseits vom Kugelregen gehalten. In Mantua hat er gezeigt, dass er ohne Zittern dem Tode ins Antlitz zu schauen verstand. Das klassische Zeugnis dafür ist seine letzte an Freund Pühler in Neumarkt gerichtete Verfügung. Als gottergebener Christ und treubesorgter Wirt und Hausvater trifft er für Zeitliches und Ewiges in voller Fassung mit einer Sicherheit, als gälte es, ein ihm geläufiges Geschäft zu erledigen, die letzen Anordnungen: „Liebster Herr Bruder! Der göttliche Wille ist es gewesen, dass ich hab müssen hier in Mantua mein Zeitliches mit dem Ewigen verwechseln. Aber Gott sei Dank um seine göttliche Gnade. Mir ist es so leicht vorgekommen, als wenn ich zu was anderem ausgeführt würde. Gott wird mir auch die Gnade verleihen bis zum letzten Augenblick, damit ich dahin kommen kann, wo sich meine Seele mit allen Auserwählten ewig erfreuen wird, wo ich auch für alle bitten werde, besonders für die ich am meisten zu bitten schuldig bin. Alle guten Freunde und Bekannten sollen auch bitten für mich und mir aus den heißen Flammen helfen, wenn ich noch etwa in dem Fegfeuer büssen muss. Die Gottesdienste soll die liebste mein Wirtin zu St. Martin beim rosenfarbnen Blut halten lassen und bitten 2) in beiden Pfarren. Den Freunden ist Suppe und Fleisch zu geben beim untern Wirt nebst einer Halben Wein. 3) Das Geld, das ich bei mir gehabt habe, habe ich den Armen ausgeteilt. Im übrigen raite ab mit den Leuten so rödl 4) als du kannst, dass ich nicht zu büssen brauche. Von der Welt lebt alle wohl, bis wir

Letzter Brief Andreas Hofers
Letzter Brief Andreas Hofers
vollständige Transkription in Kürze

1) Sweth sagt „kurz nach Mitternacht". Er gibt das Datum des 19., das aber auf einem Irrtum beruhen wird. Denn die Kommission erschien doch gewiss bei Hofer erst, um das Urteil zu verkünden.
2) Gebete verrichten in St. Martin und St. Leonhard.
3) Beim Totentrunk.
4) redlich



Quelle: Josef Hirn, Tirols Erhebung im Jahre 1809, Innsbruck 1909, S. 844

Rechtschreibung behutsam angepasst.
© digitale Version www.SAGEN.at, Wolfgang Morscher 2009.