DIE LETZTEN IHRER ZUNFT
Blaudruckerei Koó in Steinberg im Burgenland
Früher waren Blaudruckstoffe die Alltags- und Arbeitskleidung im Burgenland. Heute ist der Betrieb (gegr. 1921) einer der letzten in Europa, der nach dieser alten Technik Stoffe bedruckt und mit Indigo färbt.
Zum Trocknen aufgekängte, mit Papp bedruckte Hemden
Der Name Blaudruck ist nicht ganz richtig, da nicht blau gedruckt, sondern blau gefärbt wird. Mit alten Holzmodeln wird der Papp auf den Stoff aufgetragen und nach dem Färben wieder ausgewaschen. So entsteht ein weißes Muster auf blauem Grund. Die Model sind teilweise über 200 Jahre alt und aus Birnen-oder Lindenholz geschnitzt. Zur Musterverfeinerung dienen Messingstifte.
Blaudruckmodeln
Die Zusammensetzung des Papps,dessen Hauptbestandteile Gummiarabikum und Tonerde sind, ist das gutgehütete Geheimnis des Blaudruckers. Es gibt nur wenige schriftliche Aufzeichnungen. Jeder hatte sein eigenes Rezept und es wurde von einer Generation zur nächsten weitergegeben.
Färberwerkstatt
Im Hintergrund die 4 Meter tiefen, mit Küpe gefüllten Färbebottiche
Druckmodel mit Muster in Stegtechnik
Nach dem Bedrucken müssen die Stoffe (Leinen, Baumwolle, Seide) ca. drei Wochen trocknen, ehe es ans Färben geht. Auf kleinen Messinghaken wird der Stoff in den Sternreifen gespannt. Die so an den Rändern entstehenden kleinen Löcher sind typisch fur diese Art der Färbung. Wasser, Indigo und Kalk sind die Hauptbestandteile der Küpe.
Färberwerkstatt
Mit Küpe gefüllter Färbebottich und Sternreifen
Der Färbevorgang kann je nach Intensität des gewünschten Blautons bis zu vier Stunden betragen. Es genügt freilich nicht, den bedruckten Stoff nur einmal in das Farbbad einzutauchen; vielmehr muss dieser Vorgang (Hängenlassen des Leinens für eine bestimmte Zeit in der Küpe, das Oxidieren für eine bestimmte Zeit) vier- bis fünfmal wiederholt werden. Zwischendurch wird mit einem Stock zwischen die Bahnen geschlagen, um das Zusammenklatschen zu verhindern. Dabei färbt sich das Leinen von Grün ins Blau. Jemanden Grün und Blau schlagen leitet sich von diesem Färbevorgang ab Anschließend wird der Papp ausgewaschen und der Stoff im Freien getrocknet.
Bassin zum Auswaschen des Papps aus den Textilien
Historisches:
Blaumachen, ...in die Mangel nehmen, ...sein Blaues Wunder erleben der Blaudruck hat in unserer Umgangssprache seine Spuren hinterlassen. Auf diese Technik des Stoffdrucks kam man wahrscheinlich zufällig, als man entdeckte, dass sich gewisse Flecken an den Stoffen nicht anfärbten. So begann man bewusst zu experimentieren und entwickelte so den Papp, um dessen Rezept die Blaudrucker seit jeher ein Geheimnis machen.
Mit der Entdeckung des Seeweges nach Indien durch Vasco de Gama 1458 und der Gründung der ostindischen Handelsgesellschaften kamen die Quutun (so nannten die arabischen Händler die Baumwolle) und die Indiennes (indische Baumwolldrucke) in großer Zahl nach Europa. Zwei Amsterdamer Kaufleute gründeten 1678 die erste Kattundruckerei. Da die Blaudrucker nicht nur druckten, sondern auch färbten und sich ihre Modeln teilweise auch selbst schnitzten, waren sie nicht wirklich einer Zunft zuzuordnen. Am ehesten noch zu den Färbern, aber selbst die teilten sich in die Schön- und Schwarz- oder Schlechtfärber. Wobei das Schlecht nichts mit der Qualität der Färbung zu tun hatten, sondern mit dem verwendeten Leinen, das damals als nicht so fein angesehen war.
Druckmodeln und fertiger Stoff
Da die Blaudruckgesellen um ihren Meister zu erlangen drei Jahre lang auf die Walz gehen mussten, verbreitete sich der Blaudruck rasch in ganz Mitteleuropa. So ist auch die Ähnlichkeit der Modelmuster zu verstehen. Den größten Aufschwung erlebte der Blaudruck im 17. und 18. Jahrhundert. Wissenschaft und Forschung begannen sich für den Indigo zu interessieren und lernten seine Struktur zu entschlüsseln und nachzubauen. Um 1880 gelang Adolf von Baeyer die Indigosynthese.
Im 18. und 19. Jahrhundert zeigen die Wanderkarten der Blaudruckergesellen von der großen Verbreitung der Blaudruckerkunst. Diese Epoche kann als die Blütezeit des Blaudrucks bezeichnet werden. Nach 1900, mit zunehmender Industrialisierung und der Entdeckung der Indanthrenfarben, ging die Anzahl der Druckereien rapide zurück. Der Blaudruck konnte sich nicht mehr gegen die Industriestoffe und den maschinellen Mehrfarbendruck wehren, und es blieb diese Handwerkliche Kunst im Zuge der technischen Vervollkommnung in der Textilindustrie, die zunehmend schneller und preiswerter erzeugen konnte, auf der Strecke.
Mit zunehmender Industrialisierung und der Entdeckung der Indanthrenfarben ging der Blaudruck immer mehr zurück. Zu mühselig und aufwändig war die Herstellung und nur wenige Betriebe haben sich erhalten. Unserer ist einer davon. Lange Zeit die Kunst der armen Leute, erlebt der Blaudruck heute wieder eine Renaissance. Das Handwerk und seine Individiualität sind wieder gefragt, und darüber freuen wir uns.
Die Spezialität der burgenländischen Blaufärberei sind die Doppeldrucke, die auf Vorder- und Rückseite ein anderes Muster aufweisen. Diese werden mit einer alten Walzendruckmaschine, von Hand betrieben hergestellt.
Färberwerkstatt
Verkaufsraum mit den fertigen Produkten
Text und Fotos © Harald Hartmann
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