Der vorgeschichtliche Bergbau in den Ostalpen, besonders in Tirol.
Gewinnung und Verwertung nutzbarer Bodenschätze in vorgeschichtlicher Zeit.


von Robert R. v. Srbik

Die erste Besiedlung der Ostalpen erfolgte vermutlich in der letzten Zwischeneiszeit. Solche Anzeichen der bis etwa 3000 v. Chr. reichenden älteren Steinzeit sind bisher jedoch nur aus paläolithischen Funden auf Schweizer Boden (zugehauene Werkzeuge im Wildkirchli, Drachenloch in der Taminaschlucht, Wildes Männliloch im Churfirstengebiet u. a.), ferner aus Spuren am Ostalpenrand, nicht aber aus Tirol und Vorarlberg [1928] bekannt.

Die jungsteinzeitlichen (neolithischen) Funde (Pfahlbauten, geschliffene Werkzeuge aus Feuerstein, Amphibolit, Nephrit, Hausrat usw. aus der Zeit bis etwa 2000 v. Chr.) sind die ältesten Anzeichen menschlicher Kultur in unseren Gebieten. Sie zeigen nach Fundort und Beschaffenheit ein Vordringen des Menschen von Norden und von Süden in das Herz des Landes. Brenner und Reschenscheideck sind schon in der jüngeren Steinzeit die Verkehrslinien aus dem Inntal nach dem Süden in die Gegend von Bozen. In Südtirol wurden von Süden aus Etschtal, Gardasee- und Sarcagebiet, Valsugana, Nons- und Sulzberg besiedelt.

Gegen Ende der jüngeren Steinzeit sind somit alle Haupttäler und die beiden Passlinien, wenn auch noch spärlich, bewohnt.

Aus der jüngeren Steinzeit stammen die zahlreichen Pfahlbauten, die sich am ganzen Nordrand der Alpen von der Schweiz bis ins Salzkammergut vorfinden; hier allerdings wegen der steilen Seeufer weniger zahlreich als im Westen. Immerhin wurden aber z. B. im Mondsee über 10.000 Pfähle, im Pfäffikersee (Schweiz) sogar über 100.000 Pfähle festgestellt. Bei Sipplingen am Nordostufer des Bodensees stehen auf einem Raum von 8 ha (= 80 km2) nicht weniger als 50.000 Pfähle. Meersburg und Rorschach bezeichnen ungefähr die Punkte, bis zu denen die den Bodensee zahlreich umsäumenden Pfahlbauten von beiden Seiten gegen das Vorarlberger Ufer reichten. Weit geringer ist die Anzahl der Pfähle in den heutigen Torflagern von Seefeld. Viele wurden hier als Zaunpfähle oder zur Feuerung bereits verwendet. Bemerkenswert ist jedoch ein angeblich von Seefeld stammender Fund einer durchbohrten Bernsteinperle in Kirschgröße, was auf ausgedehnte Handelsbeziehungen hinweisen würde. Über die am Nordostufer des Achensees 1864 aufgefundenen Pfahlbaureste ist nichts Näheres bekannt geworden.

Der Mensch der jüngeren Steinzeit drang in die Alpen als Jäger, Ackerbauer und Viehzüchter ein, jedenfalls aber auch, wenn nicht an erster Stelle zu nennen, wegen des Bergsegens der Alpen. Ihr Reichtum an dem schon damals erwünschten Salz, an Gesteinen, die zur Anfertigung von Werkzeugen, Waffen und Schmuck geeigneter waren als die des Vorlandes, an seltenen Mineralien und glänzenden Kristallen, die als Schmuck und Tauschgegenstand sehr wertvoll waren, und schließlich an Metallen, deren Verwertung einen Umschwung in der ganzen Kultur jener Zeit hervorrief, all diese Bodenschätze zogen immer wieder neue Scharen ins Gebirge. Nach der Art der von ihnen verwerteten Metalle gliedern wir den Zeitraum der Metallzeit bekanntlich in die Bronzezeit (etwa 2000 — 1000 v. Chr.) und in die Eisenzeit, diese wieder in die Hallstattzeit (etwa 1000 — 500 v. Chr.) und die La Tènezeit (nach Funden am Neuenburgersee, etwa 500 v. Chr. bis zur Römerzeit).

Die Naturschätze der Alpen wurden derart zu Kulturträgern und beeinflussten in hohem Maß die Besiedlung und Begehung des Landes. In der Metallzeit mehren sich zusehends die Funde. Sie zeigen außer den schon in der Steinzeit begangenen und bewohnten Linien auch ein Eindringen in die Seitentäler, tief ins Gebirge, sie führen auf hochgelegene Pässe und Berggipfel und erweisen damit, welch hohen Wert die Menschen jener Zeit dem Bergsegen der Alpen beimaßen.

Ein Überblick über Ort und Art der Gewinnung dieser Bodenschätze durch den Bergbau ist daher von großem wissenschaftlichem Interesse.

Gewinnung und Verwertung nutzbarer Bodenschätze in vorgeschichtlicher Zeit.

1. Salz

Da man Spuren des jüngeren Steinzeitmenschen in verschiedenen Alpengegenden fand, wohin ihn das Suchen nach einem neuen Siedlungsplatz unmöglich führen konnte, wo aber Salz war und noch heute ist, kann man schließen, dass es vor allem das Suchen nach Salz war, das ihn im dritten Jahrtausend zuerst in die Ostalpen führte, so vor allem nach Hallstatt, Berchtesgaden, Reichenhall und wohl auch nach Hall in Tirol, da hier gleichfalls eine uralte Salzquelle vorhanden war. Unzweifelhafte Spuren der Steinzeitkultur fanden sich im Gnadenwald und bei Hötting. In unmittelbarer Nähe der Salzquellen von Reichenhall, im Alpenvorland, bestand, wie Berge von Knochen und Tonscherben vermuten lassen, allem Anschein nach eine Opferstätte, ähnlich wie im Olympia der alten Griechen. Wegen der bei Reichenhall auch zahlreich vorkommenden Bronzegefäße fällt der viele Jahrhunderte währende Besuch dieser Opferstätte zum Teil schon in die Bronzezeit, also ins zweite Jahrtausend vor Christi. Ähnliche, wenn auch bescheidenere Verhältnisse, dürften bei Hall in Tirol bestanden haben.

War die Salzgewinnung bisher auf Sudsalz gerichtet, so zeigt die Hallstattperiode bereits Salzbergbau. In Hallstatt bestehen noch solche verfallene Stollen und Schächte. Das dortige Gräberfeld gewährt durch die Grabbeigaben Einblick in die Kultur jener Menschen. Jedenfalls betrieben sie auch Güteraustausch mit Salz. Die Spuren hievon sind jedoch begreiflicherweise nicht erhalten wie beim Tausch- oder Handelsverkehr mit Bernstein. Wenn wir auch in Hall keine Anzeichen solch alten Salzbergbaues mehr vorfinden, so lässt er sich doch wegen der benachbarten Gräberfunde bei Wilten und Mühlau vermuten.

In den letzten 500 Jahren vor Christi trat an Stelle der Hallstatt- die La Tène-Kultur. Sie kennt keine Bestattungen mehr, nur Leichenverbrennung und Urnengräber mit anderen Waffen und Schmuckgegenständen als in der früheren Periode. Aber auch während dieser Zeit wurde der primitive Salzbergbau durch die aus Gallien kommenden Kelten fortgesetzt. Von ihnen ging er auf die Römer und dann auf die einwandernden Bajuwaren über.

2. Kupfer

Die der jüngeren Steinzeit angehörenden Pfahlbauern drangen auf der Suche nach Salz, nach Mineralien und besseren Gesteinen für ihre Werkzeuge allmählich auch in die Nebentäler der Alpen ein. An manchen Orten, so am Mitterberg westlich Bischofshofen, am Fuß des Hochkönigs, dann bei Kitzbühel, fanden sie Kupfererze in Bach- und Fluss-Schottern. Bald gelangten sie zur Kenntnis der Gewinnung des Kupfers aus dem Gestein und fertigten sich damit Waffen, Werkzeuge und Schmuck an. Das zweite vorchristliche Jahrtausend bedeutet daher einen sehr wesentlichen Kultur-Fortschritt. In Tirol bestanden solche Kupferbergbaue nächst Kitzbühel am Röhrerbühel und am Schattberg, auf der Kelchalpe und am Wildalpsee (2030 m) auf dem Wildseeloder nächst Fieberbrunn. Durch späteren Bergbau sind die Spuren der Bronzezeit verwischt bei Schwaz, im Ahrntal, bei Vintl im Pustertal und am Monte Calisio (Calis- oder Kühberg) bei Trient. Der einstige Bergbau ist an diesen Orten jedoch anderweitig zu erschließen.

Der Kupferbergbau jener Zeit wurde, wie aus verschiedenen Funden hervorgeht, in sogenannten Verhauen „unter Tag“ betrieben. Nahe unter der Erdoberfläche baute man Stollen in den Berg, die manchmal, wie am Mitterberg bei Bischofshofen, eine Länge von ein bis eineinhalb Kilometer erreichten. Hier und an anderen Orten (Kelchalpe, Calisberg) verraten sich diese meist verfallenen Stollen des ,,Alten Mannes“ durch Pingen, d. h. durch Einsinken des über den alten Verhauen befindlichen Erdreiches zu Gruben, die in ihrer Längenanordnung den Zusammenhang und unterirdischen Verlauf der Stollen zeigen. Oft liegen die Pingen in mehreren Reihen nebeneinander. Aber auch Schächte aus jener Zeit wurden entdeckt. Sie waren oben durch Holzstämme abgeschlossen und mit Moos verstopft, scheinbar um sich in Zeiten kriegerischer Bedrängnis den kostbaren Metallschatz bis zum Wiedereintritt ruhiger Verhältnisse zu bewahren. Durch das sich in den Schächten ansammelnde Wasser wurden die Bergbaugeräte vollkommen luftdicht abgeschlossen und ebenso erhalten wie die Werkzeuge in den Pfahlbauten. Schacht und Stollen folgen dem Verlauf des Erzganges, sie steigen und fallen wie dieser. Zahlreiche angekohlte Holzstücke zeigen, dass man das erzhaltige Gestein zunächst durch Feuereinwirkung zerklüftete. In die so entstandenen Klüfte wurden mit Holzhämmern Keile aus Buchenholz eingetrieben. Man überschüttete diese sodann mit dem in Röhren zugeleiteten Wasser. Infolge Ausdehnung der Keile wurde das Gestein weiter gelockert und konnte daher leichter losgebrochen werden, wozu kupferne und bronzene Pickel dienten; niemals aber wurden bisher in den Verhauen des Alten Mannes Eisenwerkzeuge gefunden. Das losgebrochene Gestein trug man mit Holztrögen ans Tageslicht, auch eine primitive Haspel zum Ziehen des Troges wurde am Mitterberg entdeckt. In den Stollen diente die Feuersetzung oder der Kienspan als Beleuchtung. Gerüste mit Leitern vermittelten das Anlegen des Feuers und die Handarbeit in größerer Höhe über dem Boden.

Aus den Funden unter Tag, jenen ober Tag nahe den Pingen, dann bei den Aufbereitungsstätten und Schmelzorten kann man sich, vornehmlich aus den Funden am Mitterberg, ein Bild des Arbeitsvorganges vom Augenblick des Zutagebringens der Erze bis zum fertigen Reinmetall machen. Die mit Erz durchsetzten größeren und kleineren Brocken des Gesteins mussten zunächst zerkleinert werden, um das taube Gestein vom erzhaltigen zu trennen. Das geschah zuerst mit großen, 7 bis 8 Kilogramm schweren Steinschlägeln, die das auf Felsblöcke oder Unterlagsplatten gelegte Gestein zertrümmerten. Die Scheidung erfolgte natürlich stets mit der Hand. Die derart erhaltenen bereits kleineren Stücke zerkleinerte man weiters mittels zweier Mahlsteine, zwischen denen das Zerreiben des Gesteins ähnlich wie das des Getreides vor sich ging. Die dritte Scheidung erfolgte unter Zuhilfenahme des Wassers durch Rütteln oder Schwenken des Troges an Zapfen, wodurch das schwerere Erz zurückblieb. Solche Mahlsteine fand man auf der Kelchalpe, einen Trog am Mitterberg. Die Aufbereitungsstätten des Alten Mannes zeigen wegen des Metallgehaltes im Schutt noch heute dürre und zurückgebliebene Vegetation.

Nach der Scheidung erfolgte die Röstung des nunmehr ausgesuchten Materials. Die Röststätten sind noch mehr durch ihre schlechte Bewachsung infolge der Rückstände des zerfallenden Spateisensteins gekennzeichnet und weisen zahlreiche verkohlte Holzreste auf. Daraus ist zu ersehen, dass die Brocken auf einem freiliegenden, nur mit Steinen umstellten Haufen am offenen Holzfeuer geröstet und unter Mithilfe des im Erz vorkommenden Schwefels weiter zerfällt wurden. Hierdurch verminderte sich gleichzeitig auch der für das Eisen nachteilige Schwefelgehalt.

So vorbereitet konnte das Erz dem Schmelzofen übergeben werden. Die Schmelzplätze verraten sich durch die in ihrer Umgebung flach ausgebreiteten Schlackenansammlungen. Es gelang auch, einen Schmelzofen unter der verdeckenden Hülle von Schutt, Schlacke und Rasen bloßzulegen. Man fand einen aus Bruchsteinen erbauten, innen mit Lehm ausgestrichenen Ofen von 50 cm innerer Lichte, also von verhältnismäßig geringer Größe. Auch die Ausmaße der Schlacken sind dementsprechend, die größten wiegen bis 16 Kilogramm. Alle haben eine trichterförmige Vertiefung, die von dem Spieße herrührt, mit dem sie in zähem Zustand aus dem Ofen entfernt wurden. Nach diesem ersten rohen Verfahren setzte man das Schmelzen in Tiegeln fort und gewann derart ein bemerkenswert reines Kupfer, wie chemische Analysen der in den Schlackenhaufen übersehenen Kupferfladen zeigen. Wie erwähnt, ist es auffallend, dass bisher keine Eisenwerkzeuge in den Kupfergruben des Alten Mannes gefunden wurden. Diese Arbeitsstätten weisen daher in eine frühere Zeit zurück, zu der man das Eisen noch nicht kannte. Die vorgefundenen Tongefäße und Werkzeuge stimmen mit jenen der Pfahlbauern vollkommen überein. Es waren also Menschen der jüngeren Steinzeit und ihre Nachkommen, die diesem Betrieb oblagen.

Am klarsten ist die Art des Vorganges am Mitterberg ersichtlich, weniger auf der Kelchalpe bei Kitzbühel. Denn hier sind die Pingen unregelmäßiger verteilt, in Gruppen oder zerstreut. Die Stollen sind in dem leicht verwitterbaren Tonschiefer eingestürzt und durch Wasser zerstört; aber nach den vorgefundenen Geräten gehören auch sie derselben Zeit an wie die am Mitterberg und bei Reichenhall. Dasselbe Volk suchte daher damals nach Salz und bald auch nach Kupfer. Die Werkzeuge von der Kelchalpe sind aus erratischem Granit verfertigt. Die Aufbereitung fand nahe bei den Fingen statt; hingegen sind keine Spuren einer dortigen Schmelzstätte zu sehen, wohl weil es an Wasser zur letzten Scheidung und an Holz für das Schmelzen auf den Höhen fehlte. Der Schmelz Vorgang geschah daher erst in tieferer Lage, wo beides vorhanden war.

Weitere prähistorische Bergbaue auf Kupfer scheinen im Schwarzleograben bei Leogang, im Mölltal, am Kölbreingletscher und im Elendstale (Ankogelgebiet) u. a. O. gewesen zu sein.

Die wichtigsten vorgeschichtlichen Funde in Tirol:

Die Tischoferhöhle, deren Name aus „die Schofer-(Schafer-)höhle“ entstanden ist, im Sparchental bei Kufstein weist nach den Funden auf die Übergangszeit von der jüngeren Stein- auf die frühe Bronzezeit hin [Stand: 1928].

Bemerkenswert sind die zertrümmerten Skelettreste von etwa, 30 jungen Menschen, durchwegs nur Frauen und Kindern. Es bleibt eine bisher ungelöste Frage, ob die Höhle als Zufluchtsort diente, in dem die Schutzsuchenden von Feinden oder wilden Tieren überfallen und getötet wurden, oder ob dort ein später zerstörter Bestattungsort war. Wichtiger sind die Spuren einer vorzeitlichen Schmelz- und Gusswerkstätte, (Rohmaterial, Metallbrocken, Schlacken, Gussformen und ähnliches). Das Metall ist Schwazer, nicht Kitzbühler Herkunft, wie die Untersuchung zeigt. Gleich den anderen Nordtiroler Bronzen ist der Zinnzusatz verhältnismäßig sehr hoch (20%, später nur mehr 10%). Reine Kupferartefakte kommen nicht vor. Die Bronzen haben eine andere Zusammensetzung als die der Pfahlbauten.

Unabhängig von dem Nordtiroler Bergbau der Bronze- und Hallstattzeit sind die Urnengräberfelder im Inntal von Imst bis Kufstein, namentlich in der Umgebung Innsbrucks und in der Brennergegend. Sie fallen in die späte Bronze- und erste Hallstattzeit (etwa 1200 bis 900 vor Christi). Es scheint damals, wahrscheinlich durch den Bergsegen veranlasst, eine neue Siedlungswelle von Norden her ins Inntal gekommen zu sein.

Im Virgental war ein prähistorisches Metallbergwerk in Wölzelach. Das damit im Zusammenhang stehende Gräberfeld weist auf die Hallstattperiode hin. Die Schmelzwerkstätte in Niedermauer ist aus zahlreichen Schmelzschlacken, jene in Mitteldorf durch Gussformen aus Speckstein (Talkgestein) ersichtlich. Der erste Anziehungspunkt des Tales lag augenscheinlich in seinem Reichtum an seltenen, zu Schmuckgegenständen brauchbaren Mineralien und Kristallen. Die dritte Schmelzwerkstätte in jener Gegend war am Glanzerberge bei Windisch-Matrei (Matrei in Osttirol). Hier wurden mehrere Feuerherde, dann Schmelzschlacken, Tongefäße mit Anflug von Bronze- und Kupferschmelze u. a. gefunden.

Geringer sind die Spuren im Ahrntal. Hingegen zeigten sich bei Vintl im Rienztal Guss-Stätten durch Brocken von Rohmetall, durch halbfertige und misslungene Guss-Stücke, zum Umguss bereitliegende Mengen von Bronzeobjekten u. a. m.

Im Nachbarbereich, im Golf von Peschiera am Südende des Gardasees bestand außer den dortigen, aus früherer Zeit stammenden Pfahlbauten eine entwickelte Metallindustrie und große Schmelzwerkstätte. Unter den Funden sind unregelmäßig geformte Stücke von Kupfer, Zierate aus reinem gegossenem Zinn und aus reinem Blei. Ein Bronzestück weist rund 92% Kupfer und 8% Zinn auf. Die Armspangen zeigen sehr gute Arbeit, die Amulette sind nordischer Herkunft. Das Vorkommen dreier reiner Metalle sowie die Art der Schmelztiegel und Schlacken weist auf hohe Ausbildung des Handwerks hin.

3. Gold

Bald nachdem die Menschen das Kupfer kennengelernt hatten, geschah dies, wie aus Gräberfunden erkennbar, auch hinsichtlich des Goldes. Es diente zum Schmuck und in Form von Spiralringen oder Teilen von solchen als Tauschmittel, namentlich mit dem Norden, wo Bernstein eingehandelt wurde, aber auch mit dem Süden, selbst bis nach Mykene. Schon im zweiten vorchristlichen Jahrtausend fand derart durch ganz Europa ein Handelsverkehr statt. Das Gold aber stammte aus den Ostalpen und den Karpaten, wie die Zeugnisse von Herodot, Polybios und Strabo erweisen. In den Ostalpen wird der Goldreichtum im Raume nördlich von Aquileja erwähnt, wo die norischen Taurisker im Quellgebiet von Drau, Mur und Salzach wohnten. Schon vor Ankunft der Italiker beuteten sie den Reichtum ihrer Berge aus und vertrieben diese Goldsucher alsbald. So reichlich soll damals, wie Polybios berichtet, das Gold der Ostalpen gewesen sein, dass es um ein Drittel seines Wertes sank. Zu den ältestbekannten und ertragreichsten Vorkommen zählt jedenfalls das von Rauris in der Goldberggruppe. Auch am Nonsberg scheint das Gold schon frühzeitig Anlass zur Ansiedlung und zum Bergbau gegeben haben.

4. Eisen

Da die römischen Schriftsteller das norische Eisen rühmen und wir dieses Lob aus Funden bestätigen können, muss der entwickelten Schmiedekunst eine lange frühere Übung vorangegangen sein. Das bestätigen die Gräberfunde in Hallstatt, dann in Tirol, Vorarlberg und anderen Alpenländern. Sie stammen aus dem ersten Jahrtausend vor Christi, dessen erste 5 Jahrhunderte die Hallstattperiode füllen und dessen zweite Hälfte der La Tène-Periode angehört. Das Eisen der Grabbeigaben ist einheimisches Erzeugnis; die Waffen, Werkzeuge, Gebrauchs- und Schmuckgegenstände sind von den Nachkommen jener Menschen erzeugt, die seit Jahrhunderten im Bergbau auf Salz, Kupfer und Gold Erfahrungen gesammelt hatten. Bald war das Eisen beliebter als das weiche Kupfer oder die erst durch Legierung mit dem oft weit hergeholten Zinn erzeugte Bronze. Der Abbau des Eisens war einfacher, da es nur im Tagbau gewonnen wurde, auch die Aufbereitung gestaltete sich wegen seines reineren Vorkommens rascher und leichter. Weil es nicht wie das Kupfer aus Stollen gefördert wurde und wegen der bald verwitterten Spuren sind die vorgeschichtlichen Fundorte von Eisen schwerer erkennbar. Auch seine Aufbereitung lässt weniger Anzeichen zurück als die des Kupfers.

Es besteht kein Anhaltspunkt zu der Annahme, dass man das Eisenerz damals wie das Gold- oder Kupfererz zuerst aus dem Gestein ausschmolz, das derart gewonnene Gusseisen sodann zu Schmiedeeisen und dieses schließlich zu Stahl verarbeitete. Dieses dreifache Verfahren wäre für die damalige Zeit zu schwierig gewesen. Fachmänner schließen vielmehr aus der Beschaffenheit des Eisens der Hallstattperiode, dass aus dem Eisenerz ohne vorherige Schmelzung, also unmittelbar in sogenannten „Frischöfen“, eine Art Stahl erzeugt wurde, wie dies in Europa noch in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts üblich war und noch heute am Balkan betrieben wird. Solche unverarbeitete Eisenbarren, sog. „Frischluppen“, fand man an einigen Orten. Diese Art der Eisengewinnung erforderte keine großen Anlagen, keine eigentlichen Schmelzöfen und keine besonderen Kenntnisse. Sie fand zumeist nur in kleinerem Umfang statt, man bedurfte dazu nur eines einfachen Frischofens, der natürlich längst zerfallen ist. Da sich dieses Verfahren jahrhundertelang erhielt, sind die Schlacken zeitlich nicht genauer zu bestimmen, kennzeichnende Tonscherben aber fehlen. Sichere Anhaltspunkte über den vorgeschichtlichen Eisenbergbau nach Ort und Art der Gewinnung sind somit nicht vorhanden.

5. Blei

Es tritt gegenüber dem Kupfer, der Bronze und dem Eisen sehr zurück und beschränkt sich auf die Verwendung von Hausgeräten und minder wichtigen Gebrauchsgegenständen. Das Blei der Vorzeit zeigt sich als ein Hüttenprodukt mit geringer Beimischung von Silber und Kupfer, wie aus den Gräberfunden übereinstimmend hervorgeht. Bemerkenswert ist der schon der Metallzeit bekannte Bleireichtum Kärntens und eine dort geübte Einlegekunst auf Tongefäßen. Allen Funden zufolge wurde schon im ersten vorchristlichen Jahrtausend in den Ostalpen Blei gegraben, ausgeschmolzen und verarbeitet; gewiss auch später, da die Römer alle Arten des Bergbaues von der bodenständigen Bevölkerung übernahmen. Spuren von Bleibergbau sind aber begreiflicherweise nicht erhalten.

6. Silber und Zinn

Gediegene Silbererze fehlen in den Ostalpen. Es fand daher in der primitiven prähistorischen Zeit keine Ausschmelzung aus silberhaltigen Erzen statt, dagegen spielte das Zinn zur Herstellung der fast zwei Jahrtausende herrschenden Bronze eine große Rolle, obwohl wir nichts Genaueres über die Zinngewinnung wissen. Der in einzelnen Steinzeitgräbern vorgefundene Zinnober, mit dem die Knochen bemalt wurden, stammt, nebenbei bemerkt, nicht aus Bergbauen, sondern ist sogenannter Bergzinnober, eine Oberflächenausscheidung.

Zusammenfassung

Schon zu sehr früher vorgeschichtlicher Zeit lockten das Salz, die für Werkzeuge und Waffen besonders geeigneten Gesteine und der Mineralreichtum den Menschen in die Alpen, nicht so sehr das Suchen nach neuen Siedlungen. Salzquellen und die Herstellung von Steingeräten bildeten den ersten Anziehungspunkt. Die ersten Siedler waren daher wahrscheinlich Bergleute, dann erst Hirten und Ackerbauer.

Den Salz- und Steinsuchern folgten die Kupferschürfer. Sie erscheinen zuerst am Mitterberg und auf der Kelchalpe, aber auch in der Querfurche südlich der Tauern. Gleichzeitig wurde die Salzgewinnung in größerem Maßstab fortgesetzt, wie die Hekatomben von Opfertieren bei Reichenhall zeigen.

Im letzten. Jahrtausend vor Christi erfuhr die Entwicklung des alpinen Bergbaues eine stete Zunahme. Die Salzlager von Hallstatt und Hallein, die Goldgruben der Taurisker, aber auch die an der großen Verkehrslinie über den Brenner gelegenen Tiroler Bergbaue auf Metall und Salz bringen Reichtum in die Ostalpen. Dazu wird seit Beginn des 1. Jahrtausends vor Christi das nachmals so berühmte norische Eisen bekannt und in Kärnten entwickelt sich eine eigenartige Bleiindustrie für die Verzierung von Tongefäßen. In Tirol bilden Kitzbühel, Schwaz, das Virgen-, Ahrn- und Pustertal Mittelpunkte des Bergbaues. Vom Bodensee aus dringen die Erzsucher gegen den Arlberg und ins Montafon vor. Geradezu zahllos sind die Funde aus der Metallzeit in Südtirol, namentlich im Raume westlich der Etsch. So erweist sich die Urbevölkerung Tirols schon damals in grauer Vorzeit als ein ungemein rühriges, findiges Volk zur Ausnützung des ihnen von der Natur gewährten, aber nur durch harte Arbeit zu erringenden Bergsegens.

Quelle: Robert R. v. Srbik, Überblick des Bergbaues von Tirol und Vorarlberg in Vergangenheit und Gegenwart, Innsbruck 1929, (Sonderabdruck aus den Berichten des Naturwissenschaftlich-medizinischen Vereines Innsbruck), S. 123 - 134.
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