Bergrevier Zillertal


von Robert R. v. Srbik

Die Lage der Bergbaue an der früheren Grenze zwischen dem Erzbistum Salzburg und der Grafschaft Tirol störte Jahrhunderte hindurch empfindlich den Betrieb. Das erste Übereinkommen zwischen Herzog Friedrich von Tirol und seinem Mündel, dem späteren Kaiser Friedrich III., einerseits und dem Erzbischof Eberhard IV. von Salzburg andererseits wegen des Gold- und Silberabbaues im salzburgischen Zillertal wurde 1427 abgeschlossen. Es setzte gemeinsame Arbeit und gemeinsamen Gewinn zu gleichen Teilen zwischen dem Landesfürsten von Tirol und dem Erzbischof von Salzburg fest. Letzterer verpflichtete sich zur Leihe von 6000 Dukaten sowie zur Beistellung von Holz und Wasser, der Herzog zur Aufhebung des bisher auf Salz und Eisen geltenden Durchzugsverbotes von Salzburg nach dem Inntal. Bei Einstellung des Betriebes fielen die Werke an Salzburg zurück, die 6000 Dukaten wären dann dem Erzbischof zurückzuerstatten und das Durchzugsverbot träte wieder in Kraft. Über den Erfolg in der nächsten Zeit ist nichts bekannt.

Dieser Vertrag wurde etwa 100 Jahre später (1533) von Ferdinand I. und dem Erzbischof Matthias Lang erneuert. Ein gemeinsam von Tirol und Salzburg einzusetzender Bergrichter sollte die beiderseitigen Rechte und den ordnungsmäßigen Betrieb wahren.

Die Urkunden im 15. Jahrhundert nennen bereits Kupfergruben bei Hippach (1435) und Silbergruben im Schönachtal südwestlich der Gerlosplatte (1472), die zur ersten, aber bei weitem nicht letzten „Irrung“ (Streit) der beiden Vertragsparteien Anlass gaben.

Von der Mitte des 16. Jahrhunderts an tritt Fügen als Hauptort der Eisengewinnung hervor. 1557 bestand dort bereits ein „Pläofen“ (Eisenhochofen) und eine Schmelzhütte für den Silberbergbau. 1596 waren ein Eisenwerk am Finsingbach, zwei Hochöfen und ein Hammerwerk am Kleinboden in Betrieb. Sie belieferten das Haller Salzhaus mit Salzpfannen, die Schwazer Bergbaue mit Eisengeräten, das Innsbrucker Zeughaus mit Harnischblechen und — wie insgeheim auch Bayern — mit Kanonenkugeln (1615). Wenn das Eisen aus Fügen auch weit schlechter war als das aus Leoben — Salzpfannen und „Feuerstücke“ (Geschütze) aus Zillertaler Eisen waren in der halben Zeit ausgebrannt —, so kam es wegen Ersparung der hohen Transportkosten für den Augenblick doch billiger als das steirische Eisen. Die Lieferung an die Tiroler Stellen (Innsbruck, Hall und Schwaz) setzte häufig und lange aus, da von ihnen die Bezahlung viel saumseliger erfolgte als von Bayern. Unter Gewerken und Knappen herrschte daher große Unzufriedenheit.

Entwicklungsgeschichtlich am wichtigsten ist der in die zwanziger Jahre, jedenfalls schon vor das Jahr 1630 fallende Goldbergbau am Heinzenberg und die Neuentdeckung eines weiteren, sehr ergiebigen Goldvorkommens am Rohrberg nächst Zell a. Z. durch den Arzt Dr. Eggs im Jahre 1630. Der Hauptgang war einem Bericht zufolge fast eine Klafter mächtig.

Dem Wortlaut des Vertrages nach wäre das Gold zu gleichen Teilen nach Hall und nach Salzburg abzuliefern gewesen. Erzbischof Paris von Lodron verlangte jedoch die gesamte Goldausbeute. Er anerkannte den alten Vertrag vom Jahre 1533 nicht, weil er seinerzeit nur vom Erzbischof, nicht aber auch vom Domkapitel unterfertigt worden sei, daher nach kirchlichem Gesetz keine rechtliche Gültigkeit habe. Vergeblich verwies Erzherzog Leopold auf den Vertrag und die bisherige Übung. Lodron ließ die Tiroler Knappen mit Gewalt vertreiben und die Werksanlagen teilweise zerstören. Der Erzherzog drängte zum Krieg, da auch noch andere Rechtswidrigkeiten vorgekommen waren; die Tiroler Stände verweigerten jedoch bei aller sonstigen Ergebenheit Geld und Mannschaften. Selbst der Kaiser vermittelte. Da wieder Ruhe eintrat, arbeiteten etwa 70 Tiroler Knappen eine Zeit lang (1633) ungestört auf den drei Goldbauen, am Rohr- und Heinzenberg, in der Gerlos und in 4 Pochern. Bald aber wurden sie neuerdings durch Salzburger Kriegsknechte vertrieben, die das gesamte bereits erhaute goldhaltige Erz an sich nahmen und die Anlagen zerstörten. Erst das Jahr 1647 machte diesem beide Teile schädigenden Treiben ein Ende durch die neuerliche Bestätigung der Halbteilung zwischen Tirol und Salzburg. Mittlerweile war aber der Ertrag schon bedeutend geringer geworden.

Anfang des 19. Jahrhunderts ging dann der Bau durch Säkularisation an das Montanärar über, von dem ihn Ende der fünfziger Jahre der Bischof von Brixen erwarb; allein schon 1870 wurde der Betrieb eingestellt. In den achtziger Jahren öffnete eine englische Gesellschaft einen tiefliegenden Stollen bei Rohr, gab aber bald die erfolglose Arbeit auf. Eine Berliner Gesellschaft folgte. Heute befindet sich der Bau in inländischem Privatbesitz, steht jedoch derzeit nicht im Betrieb.

Bergrevier Zillertal

1 Heinzenberg: Goldhaltiger Quarz und goldführende Schwefel- und Arsenkiese mit gediegenem Gold im Tonglimmerschiefer. Ausgedehnte Grubenbaue. Betrieb seit 1439 (nach anderen Angaben seit 1648) gemeinsam durch den Erzbischof von Salzburg und den Landesfürsten von Tirol. 1506 zuerst als Neuschurf erwähnt, 1524 eine Goldwäscherei. 1648 regelmäßiger Bergbaubetrieb. Seit 1710 mit Pulver gesprengt. 1799 Einstellung des Betriebes. Anfangs des 19. Jahrhunderts ärarisch. Ende der 50er Jahre Erwerbung durch den Bischof von Brixen. Wegen Wasserandrang 1870 nach 400jährigem Betrieb eingestellt. In den 80er Jahren eine englische, später eine Berliner Gesellschaft, heute inländischer Privatbesitz. Die Baue 1 — 4 reichen 250 m unter die Talsohle. Die Goldlager sind im Tonglimmerschiefer. Das gediegene Gold ist fein eingesprengt, auch in Lamellen und Linsen. Am ergiebigsten das Friedrichslager. Das Erz ist ungleich verteilt, von O gegen W zunehmend (Adelsvorschub). Mächtigkeit schwankend von einigen cm bis 10 m. In neuerer Zeit gefährliche Gehängerutschungen.

2 Scheibenwände: Wie 1. 1650 eröffnet, nach 100jährigem Betrieb wegen Wassereindrang eingestellt.

3 Tannenberg: Wie 1. Weniger ergiebig, weniger ausgedehnt, daher 1735 Heimsagung. 1435 Bitte um Verleihung eines Kupferbergbaues in Nutisch nächst Hippach.

4 Alt- und Neu-Rohr: Wie 1. Weiträumig. Entwicklung ähnlich 1. 1858 aufgelassen.

5 Leimpaßbühel: Silberhaltiger Bleiglanz auf Quarzgängen im Tonglimmerschiefer. Seit 1426 von Salzburg in Betrieb. Nach Sage im 16. Jahrhundert durch Bergsturz zerstört. Schlichtung des Streites zwischen Salzburg und Tirol durch den Papst 1477.

6 Nesselrain: Silberhaltiger Bleiglanz mit Antimonerzen auf Quarzgängen im Tonglimmerschiefer. Betrieb durch Salzburg 1320 — 1370 und 1435. Keine Spuren.

7 Höhenberg: Kupfer- und Schwefelkies mit Quarz im Tonglimmerschiefer. Mitte des 18. Jahrhunderts kurze Zeit unlöhniger Betrieb.

8 Mairhofen: Bleierz. Wenig ertragreiche Gruben Anfang des 14. Jahrhunderts. Verhüttung südlich vom Ort, wo heute noch eine Häusergruppe „Schmelzhütte'“ besteht.

9 Kleinboden: Eisenerze. 1577 Belehnung der „Zillertalisch Eisenbergwerks- und Hammerverwandten“. 1594 bestanden dort 2 „Pläofen“ (Eisenhochöfen) und ein Hammerwerk. Verhüttung von Leobner Eisen 1595. Neue Schürfe 1608 am Schwemmberger Holzschlag. 1615 Lieferung von Kanonenkugeln nach Bayern, ebenso nebst Schmiedeisen zu Harnischen für das Innsbrucker Zeughaus. — (Siehe auch Bergwerkbaurevier Brixlegg-Schwaz).

Quelle: Robert R. v. Srbik, Überblick des Bergbaues von Tirol und Vorarlberg in Vergangenheit und Gegenwart, Innsbruck 1929, (Sonderabdruck aus den Berichten des Naturwissenschaftlich-medizinischen Vereines Innsbruck), S. 164 - 168.
Digitalisierung der Karten: Wolfgang Morscher
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