Über ein Fischerei- und Landrecht der Gossensasser und Schneeberger Knappschaft am Pflerscher- und Brennerbache.


Von Hans Wallnöfer.
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Bekanntlich war der Bergmannsstand einst ein geachteter, privilegierter und angesehener Stand, umwoben von Poesie, verherrlicht durch Lieder und Gesänge.

Ein solches Privilegium wurde der Schneeberger und Gossensaßer Knappschaft in einer Urkunde der Herzogin Claudia vom 2. Oktober 1642 verliehen, in welcher ihr das Recht des Jagens mit der Stangen oder Schaft im Pflerscher Wald, auch des Fischens mit der Ruthen im Pflerscher- und Brennerbach bestätigt wurde.

Ob dieses Recht mehr zur Lust und Freude der Knappschaft oder aber zur Hausnotdurft ausgeübt wurde — wer weiß es?

„Herren von der Feder“ versuchten einigemal den „Bergleuten vom Leder“ dieses Recht in späteren Jahren abzuerkennen, jedoch ohne Erfolg; das Recht der Fischerei besteht heute noch und ist in den Händen der Knappschaftsbruderlade, während das Recht des Jagens wegen Nichtausübung seinerzeit verloren ging.

Der Ausdruck Bruderlade dürfte weniger geläufig sein und sei daher mit ein paar Worten erklärt.

Mit Glücksgütern war der Bergmann nie gesegnet. Meist war die Löhnung sehr gering, und selbst wenn sie, besonders in den früheren, wesentlich billigeren Zeiten, vollkommen ausreichend war, um den Bergmann und seine Familie zu erhalten, so hinterblieb dieselbe doch meistens in tiefstem Elend, fiel der Ernährer einem Unglücksfalle zum Opfer. Dem trat aber auch schon frühzeitig die Organisation des Bergmannsstandes wohltätig entgegen, die Knappschaften bildeten unter sich besondere Institutionen, welche die Unterstützung arbeitsunfähiger Bergleute sowie der Witwen und Waisen zur Aufgabe hatten. Diese Knappschaftskassen wurden Bruderladen genannt, weil die Beiträge ursprünglich in eine Lade gegeben wurden. Die Bildung der Bruderlade war anfangs einer jeden einzelnen Knappschaft überlassen; der Zweck dieser Einrichtung bewährte sich jedoch vollkommen und die Notwendigkeit nach einer allgemeinen Einführung trat immer deutlicher zu Tage, so daß sich die spätere Gesetzgebung entschloß, die Bildung und den Beitritt zu solchen Kassen für die Bergleute obligatorisch zu machen. Die Beitrittleistung war seinerzeit ausschließlich zu Lasten der Mitglieder, die Gesetzgebung bestimmte aber, daß die Werksbesitzer zu den Kosten beizutragen haben, wobei ihnen aber gleichzeitig auch Sitz und Stimme in der Bruderlade eingeräumt wurde.

Im Nachstehenden der Text der Verleihungsurkunde vom 2. Oktober 1642:

Wir Claudia von Gottes Gnaden vermittibte Erzherzogin zu Österreich zu Burgundt, Gräfin zu Tyrol, Landgräfin in Elsaß, gebohrene Prinzessin zu Toscana; der Röm. Kais. Mst. Bevollmächtigte Gewalthaberin, auf Kraft Testaments Selbst Mitvormünderin und Regiererinn Bekennen öffentlich und Thun kundt Menniglichen mit diesem Brief, demnach uns unsere getreue N. die Gesöllschaft der Knappen am Gossensasserberg unterthänigst vorgebracht und dabet demütiglich gebethen, daß wir Ihnen, als Vormunderin und Bevollmächtigte Regiererin dieser Ober- und Vorder – Österreichischen Landen, Ihre uralte Freiheiten und Privilegien, dabey Sy bishero blieben und derselben in unwieder sprechlichen Brauch gewesst, von Neuen zu confirmieren, und zu bestätigen, gnädiglich geruhen wollten. Als haben wir Ihr zimlich bitten angesehen, und darauf aus besonderen Gnaden Ihnen und Ihren Nachkommen Ihre Freyheiten von König Ferdinando gnädiglichene confirmiert und bestattet, laut eines von ersternennten König Ferdinand an Josephen Grebmer damahligen Landrichtern zu Sterzing, abgegangenen Schreibens, welches von Wort zu Wort hernach folget, Ferdinand und Getreuer. Nachdem uns und unseren Landen, und Leuten, an guten Ordnungen, Zuerhaltung unserer Bergwerk und Nutzbarkeiten, uns und geniglich in mancherlei weiße, darausvolgend, nit wenig gelegen ist welches auch, unsere Vordern, als Landesfürstin und Gräfin zu Tyrol in hohem Bedacht gehabt, und darum die Bergwerk mit Ihrem großen anhandenden Nothdurften und Sachen, desto mehreren Freyheiten, Gnaden und Gaben fürsehen, daß die mit sammt den Persohnen, und verwohnten der Bergwerk, mit den Gerichten und in anderweg, gegenden Landgerichten unterschieden sein, Innhalt der Erfindungen und Erläutherung, darumben gegeben, hätten mir uns versehen, du als Landrichter, solltest dich denselben, noch auch den gegebenen Abschieden, nichts zuwieder bewiesen oder erzaiget, sondern denselben, und unsern, an dich ausgegangen befohlen, in allen gehorsamlichen gelebt, und dawider nicht fürgenommen, oder gehandelt und unsern Berggerichtern kein Irrung oder eintrag in nichten gethan haben, diweil du aber, als uns anlanget/: denselben abschiden und befohlen, nit in allen nachzufolgen, sondern unsern Bergrichter zu Gossensaß und Sterzingen, dawieder Eintrag und Verhinderung thun:/ daß uns so vor dene also sein solle, von dir zu mißfallen reicht, so empfehlen wir dir nochmahlen mit ernst, und wöllen, daß du dich als Landrichter, alles das, daß dem Bergwerk zugewand ist, und inhalt der Erfindung und gegeben Abschiden, auch alten Herkommen nach, und von der dem Berggericht gehört, gänzlich enthaltest: und unsern Bergrichter in nicht dawider angreifest noch Irrung thuest, bei Vermeidung unserer Ungnad und Straf, darauf wir auch sonderlich aufmerksam zu halten, beordnet haben, dann wir dahin entschlossen seien unsern Bergwerksachen und Handlungen, nichts weniger dann unseren Fordern, bey den Erfindungen bisher gegeben abschiden, und Erleutherungen, und was darinnen beruht festiglichen zu handt haben, dazu auch gemeine Gesellschaft Ihren alten Gebrauchs, und Herkommens des Jagens mit der Stangen oder Schaft in Pflerschs , auch des Fischens mit der Ruthen im Plerferbach und Brennerbach mit entsezet, sondern sy alten Gebrauch nach, unverhindert damit verfahren lasset, dann Sie sich dagegen begehen haben, so dieses Land unser fürstl. Grafschaft Tyrol noth ausstieße/: daß die Allmächtig gnädiglichen verhüten wolle:/ daß Sie uns einen Monat lang nemlichen vierzehn Tag, auf ihren selbst eigenen Kosten, und die andrn vierzehn Tag und die gebührlich Lieferung, ohne all anderer Besoldung als getreue Unterthanen und Kammerleut, in solichen Obligen, dienen wöllen, und sollen, so sey es durch uns oder Jemand von unserentwegen ernannt und angesucht worden, welches uns und gemeine Lande, in der Noth mit wenig zugueten gereichen mag, jedoch sollen Sie sich des Jagend anders nit, dann mit dem Schaft, und des Fischens mit der Ruthen, zu ihrer Lust und zimmlicher Hausnothdurft, oder zu Verehrungen, und bei Vermeidung der Straf, nit zu verkaufen, berührten Orten, bescheiderlich gebrauchen mögen, darum du dann sammt unsern Bergrichter gut aufsehen haben, und bestellen sollt, und ob der einer oder mehr, mitschießen verkaufen, und in anderwege, darwieder verhiendle, der soll darum notdürflichen gestraft werden, wie sich gebührt, daß allles meinen wir ernstlich, geben zu Innsbrugg den Ein undzwanzisgsten May anno fünfzehnhundertvierzig.

Item ein anderes Schreiben von weilland unsers geehrten Herrn Gemahls Erzherzog Leopolden zu Österreich & Ldr an Obristen Jägermeister in Tyrol, Hans Christofen Fuchs von Fuchsberg. Freiherrn, als folgt, Leopold von Gottes Gnaden, Erzherzog zu Österreich und Edler lieber getreuer, wir haben uns auf deine unterschiedliche ghstr,: Bericht und Bedenken, diesmal in Gnaden dahin gutresolviert, nit weniger, der Bergwerksverwohnten zu Gossensaß präetendierten Jagens Privilegien, die Gebühr zu verordnen, gestalten wir hierzwieschen, durch unsern Viertl-Hauptmann im Wipptal, auf Ihr vom anno fünfzehn hundertvierzig angezogene Freyheit dieselbig Knappschaft zu mustern ordinanz geben, an dem allen beschieht unser Gnädigster will, mitdem wir dir wohlgewogen geben, in unserer Stadt Innsbrugg den zwölften July anno sechzehnhundertdreyssig.

Sodann auch ein Befehl von löblicher Oberösterreichischer Regierung und Kammer an Viertlhauptmann im Wippthal Hanns Jakoben Greger, in sich haltend, demnach die Gewerken am Schnee und Gossensaßerberg der Herrschaft Sterzing, wegen zuziehung der Knappschaft alldorten, in die Musterungen, Bescheerungs und respective bittlichen um deren Erlassung einkommen. Welches der fürstl. etz. unserem gnsten Herrn mit allein gehorsamst referiert, sondern diedelben auch gnädigst bewilligt, daß Sy Knappen, um beygebrachten beweglichen Ursachen dergleichen Musterungen beizuwohnen, auf wohlgefallen, zwar erlassen, im übrigen aber es bey Ihrer Schuldigkeit, so sie wegen des Privilegierten Gämß Jagens auf den Nothfall obligiert seie verbleiben solle, als habt ihr sie hinfüro der gleichen Zuzugs zu erlassen und auf Mittel zu gedenken, daß ihre Personen, mit anderen Landgerichts Unterthanen ersetzt weiden, den fünften Marty anno sechszehnhunderteinunddreyssig confirmieren und bestetten Ihnen die auch hiemit wissentlich in Kraft dies Briefs kennen setzen und wählen auch, daß Sie und Ihre Nachkommen sich sollicher Privilegien Gnad und Freyheiten hinfüro gebrauchen und genießen sollen und mögen soviel sie deren in üblichen Gebrauch bisher geweßt und noch sein. Und gebiehten darauf allen und jeden unserer Erzfürstl. Vormundschaft nachgesetzten Obrigkeiten, Unterthanen und Getreuen insonderheit Bernhardten Rämblmayr jetzigen und jeden künftigen Bergrichtern zu Sterzing ernstlich und wellen, daß sie obernannte Gesellschaft der Knappen am Gossensaßerbeig und Ihre Nachkommen, bey Ihnen erlangten Gnaden, und Freiheiten, und dieser unserer Confirmation und Bestätigung rüeblichen Bleiben lassen, sie darwieder nicht triegen, noch daß jemand andern zu thun gestatten, in kein weiß, als, lieb einen jeden sey unser schweren Ungnad und Straf zu vermeiden, mit Urkund dieß Briefes besiegelt mit unseren anhangenden Erzfürstl. Innsigl. Geben Innsbrugg den andern Oktobris anno sechzehnhundertzweyundvierzig.

Klaudia m/p.  ad mandatum Sez.ma Dnä Archiducine proprium

G. Binner m/p. Maximilian Ingrand m/p.

Quelle: Hans Wallnöfer, Über ein Fischerei- und Landrecht der Gossensasser und Schneeberger Knappschaft am Pflerscher- und Brennerbache, in: Der Schlern, Monatsschrift für Heimat- und Volkskunde, 10. Jahrgang, 10. Heft, Oktober 1929, S. 416 - 418.
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