Der Silber- und Kupferbergbau Röhrerbühel bei Kitzbühel in Tirol

8. Abzug der Gewerken 1614 - 1630.

Trotz allem stehen wir im Jahre 1614 leider wieder vor einer Verfolgung der protestantischen Berg- und Schmelzwerkverwandten. Es ist ohne weiteres verständlich, dass in der Zeit des starken Verfalles am Röhrerbühel diese Maßnahme sich viel stärker auswirkte und sein Ende beschleunigte.

Die Einforderung eines Verzeichnisses „ungehorsamer peichtpersonen beim perwerch zu kitzbühel“ bildet den ersten Schritt dieser Verfolgung. Man hielt nämlich damals jedermann der nicht seiner österlichen Beichtpflicht nachkam, für einen erklärten Protestanten. Dass die Obrigkeiten, welche nur mit Widerwillen solche Edikte des Hofes zum Vollzug brachten, nicht gleich in dieser Sache mit gewünschter Schärfe und Gründlichkeit vorgingen, hatte gar bald ein Mandat des Hofes gegen die ungehorsamen Obrigkeiten, wegen der Beichtregister zur Folge. Bald kam es aber zu einem wirklichen Ausweisungsbefehl der protestantischen Bergleute und Gewerken. Die Knappschaft bat um Aufhebung desselben. Die Regierung war jedoch nach ihrer Antwort vom 13.Nov.1614 der Meinung, dass es bei dieser gottseligen Verordnung zu verbleiben habe. Auch trieb der Hof am 12.12. die Kammer an, mit der Austreibung der protestantischen Berg- und Schmelzwerksverwandten endlich zu beginnen "weitere an befürderung disval viel gelegen".

Im Jahre 1613 lernen wir einen hervorragenden Kitzbüheler Gewerken, den protestantischen Edelmann Hans Marquart Rosenberger von Rosenegg kennen, der mit der Bitte um Verleihung einer Eisenerzgrube und Hütte der Begründer des Eisenwerkes in Pillersee wurde.

Der Bergbau am Sinnwell und Schattberg bei Kitzbühel dürfte um die Jahrhundertwende aufgenommen worden sein.

Aus einem Akte vom 19.7.1619 ersieht man, dass innerhalb der Jahre 1616 bis einschließlich 1618 den Gewerken die versprochene Gnade und Hilf nicht bezahlt wurde, sie aber auch den entsprechenden Kupferzoll für diese Zeit nicht entrichtet haben. Sie baten darum, wurden aber auf dem Hinlass am 1o.12.1619 bis auf weiteres vertröstet.

Ein großer Mangel an Unschlitt, das zum Geleucht in den Bergwerken unentbehrlich war, drängt die Gewerken am 3.8.1619 zum endlichen Erlass eines Passbriefes hierfür nach Steiermark und Österreich zu bitten und drohten sie am 27.9.1619, wenn das Unsohlitt nicht bald käme und in Bayern oder Salzburg irgendein Aufenthalt oder Verhinderung der Durchfuhr geschehe, einfach den Berg zu sperren.

Um diese Zeit fällt auch ein Promemoria an den jungen Landesfürsten der bestimmt werden sollte, mit den Protestanten am Röhrerbühel abzufahren. Sein Vorgänger, der Deutschmeister Erzherzog Maximilian, dessen streng katholische Grundsätze niemand bezweifeln kann, pflegte bei ähnlichen Anlässen immer zur Geduld zu verweisen. Obiges Schriftstück war übrigens in erster Linie gegen die mächtigen und reichen Rosenberger gerichtet, die bei ihren Eisenwerken am Pillersee ihr schönes Schloss Rosenegg bewohnten.

Jedenfalls dürften sie der gläubigen Bevölkerung keinerlei Ärgernis gegeben haben, da man sonst nicht einigen von ihnen in oder an der Kirche in Kitzbühel ein Begräbnis vergönnt hätte.

Ob die Heimsagung des großen Bergbaues an der Reinanken und Hag anfangs Dezember 1620 durch die Gewerken, deren einflussreichster eben jener Rosenberg war, damit in Zusammenhang steht, ist nicht nachweisbar, aber sehr wahrscheinlich.

Die Mark des in die Münze zu liefernden Silbers wurde mit 12 2/5 fl und zwar 2/3 in Talern zu 68 Kreuzer, das letzte Drittel mit Talern zu 9o Kreuzer bezahlt.

Die Bitte der protestantischen Gewerken des  Kessentaler Handels, Friedrich Beheimb und Genossen, im Land verbleiben zu dürfen, wurde am 30.7.1621 abgewiesen, obwohl sich auch die freien Reichsstädte Augsburg und Nürnberg dafür verwandt hatte.

Dass die Gewerken von nun an und mit größter Rücksichtslosigkeit sich nun ernstlich vom Bergbau zurückzuziehen trachteten, ist wohl mehr als begreiflich. Am 2.1.1623 wurde der Bergrichter beauftragt, die Ablegung von 3oo Arbeitern hintanzuhalten. Im April und September desselben Jahres wurden ebenfalls je 150 Arbeiter abgelegt, trotz Einspruch des Bergrichters.

Die fortdauernden Protestantenverfolgungen brachten es dahin, dass zu Beginn des Jahres 1630 sich alle Gewerken vom  Bergbau zurückgezogen hatten, sie ließen die Reibeisen von den Förderbahnen abziehen, hängten die Förderseile von den Seilkörben der Göpl ab und entfernten alles noch verwertbare von den Gruben. Der Bergrichter erhielt am 17.5.1630 den Befehl dieses mit Anwendung von Gewalt zu verhindern.

So hatte es ein blinder Zelotismus schließlich doch fertig gebracht, dass der Röhrerbühel, der trotz der denkbar schwierigsten Verhältnisse, dank der Ausdauer der Gewerken durch 9o Jahre im Betriebe gestanden und während dieser Zeit riesige Ausbeuten an Silber und Kupfer und der Kammer entsprechend hohe Regalien gegeben, seinen Untergang nahe gebracht wurde. Jedermann hätte meinen mögen, dass es nun nach dem Abzug der protestantischen Gewerken mit dem Röhrerbühel sein Ende gehabt hätte. Dass es nicht so kam und er, wenn auch unter sehr gedrückten Verhältnissen noch bis zum Jahre 1773 fort vegetierte war nur einem glücklichen Zufall, dem kurze Zeit vorher erfolgtem Auftreten von Salzsohle im 16. Lauf des Geisterschachtes zu verdanken.

Quelle: Albert Nöh, Der Silber- und Kupferbergbau Röhrerbühel bei Kitzbühel in Tirol, Schwaz 1949.
© Digitale Version Dez. 2009 Ing. Gerd Kohler / Oberndorf in Tirol