Silber, gediegen



regulär: H.: 2,5 - 3. G.: 10,52 (in reinsten Zustand).

Chemische Zusammensetzung Ag (Silber), oft mit geringen Beimengungen von Cu, As, Sb, Fe.
Bruch hakig. Geschmeidig, zähe und sehr dehnbar. Silberweiß, doch meist dunkel angelaufen. — Vor dem Lötrohr leicht schmelzbar. Löslich in Salpetersäure; die Lösung gibt mit Salzsäure einen weißen käsigen Niederschlag von Chlorsilber, welcher am Licht schnell seine Farbe verändert und bläulichgrau wird.

Selten und nur in ganz geringen Mengen erscheint in unseren Alpen das Silber gediegen für sich und diesfalls meist in Gesellschaft mit anderen Silbererzen. Dagegen ist es sehr häufig in zwar geringer aber technisch wichtiger Menge in mehreren anderen Erzen namentlich im Bleiglanz und in manchem Fahlerz (Silberfahlerz) enthalten. Der Silbergehalt des Bleiglanzes kann bis 3 %, der des Fahlerzes bis 33% steigen. Aus diesen und einigen anderen Verbindungen wird das meiste in den Handel kommende Silber zumeist durch das Amalgamierungsverfahren gezogen.

Gediegen Silber, wie es in der Natur vorkommt, ist nach dem bloßen Aussehen leicht mit Argentit (Glaserz) zu verwechseln; denn wie das erstere, kristallisiert auch der Argentit regulär und zeigt andererseits dieselben haar-, draht- oder schuppenförmigen Aggr., läßt sich auch wie jenes biegen, schneiden und hämmern. Argentit ist aber ein Silbersulfid, d. h. eine Verbindung von (87%) Silber mit (13%) Schwefel, daher auch spezifisch entsprechend leichter.

Von Fundorten für gediegenes Silber in Tirol kommen nur ganz wenige in Betracht, da wir hier natürlich davon absehen müssen, damit auch die Fundorte von silberhaltigem Bleiglanz und Fahlerzen zu verbinden; und wenn man da und dort von Silberbergwerken hört oder liest, so darf man daraus ja nicht schließen, dass in denselben das Silber auch gediegen und selbständig vorkommen müsse; vielmehr handelt es sich dabei fast immer nur um silberhaltigen Bleiglanz oder Fahlerz.

Fundorte und Vorkommen:

Rattenberg: Schon v. Senger und nach ihm Liebener teilen mit, dass sich im Mauknerezze-Bergbau gediegen Silber haarförmig in kleinen Höhlungen von Arsenkies, und dünne feine Blättchen von gediegenem Silber als Anflug in Klüften eines sehr zerklüfteten mürben Kalksteins als Seltenheit, und zwar zuerst im Jahr 1819, später aber kaum mehr gefunden haben. Nach v. Senger zeigte sich dasselbe besonders in der Nähe von krystallis. Weißbleierz in einem Gemenge (von körnigem Bleiglanz, Weiß- und Schwarzbleierz und arsenikalischem Kiese), von welchem der Zentner fünf bis achthundert Loth Silber enthielt.

v. Isser nannte uns auch den Geyer als Fundort.

Brixlegg: Am „Madersbacher-Köpfl" bei Matzen fand man in dem seit einer Reihe von Jahren auf Fahlerz und Bleiglanz betriebenen Bergbau, allerdings auch nur als Seltenheit, feine Härchen und Blättchen von gediegen Silber nebst Kupfer- und Rotgiltigerz in einem schwarzen, den Carditaschichten der oberen Trias angehörigen, von Pyrit, Markasit und Bleiglanz durchsetzten Dolomit.

Außerdem lieferten bekanntlich die zahlreichen, vorwiegend auf silberhaltige Fahlerze und Bleiglanz betriebenen Baue in den Bergrevieren von Schwaz, Brixlegg und Rattenberg, besonders in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts reichlich Silber. Nach v. Isser betrug die Ausbeute während des rund 400 jährigen Bergwerksbetriebes am Falkenstein allein 1,7 Millionen Kilogramm Silber, gezogen aus (vorwiegenden) Fahlerzen und (untergeordnetem) Bleiglanz. Als Kaiser Karl V. mit großem Gefolge nach Schwaz kam, wurde er von sechs heermäßig geordneten Haufen wohlbewaffneter Knappen empfangen, und die Bergherren widmeten ihm auf einer von vier Knappen getragenen silbernen Riesenschüssel eine silberne, 70 Pfund schwere Schaumünze, worauf die Wappen „aller österreychischer und hyspanischer Lante gar säwberlych und Khunstvoll gepraeget" waren.

Ob sich in Schwaz gediegen Silber auch selbständig gefunden habe, ist mir nicht bekannt; wohl aber ist das Vorkommen von Argentit, d.i. Glaserz (in der Alt-Zeche) außer Zweifel, und schon v. Sperges tut der Glaserze von Schwaz rühmender Erwähnung. Noch im Jahre 1891 fand Baron Sourdeau auf Klüften des Bertha Liegend Ganges nebst Pyrargyrit, Kupferkies, Baryt und Calcit kleine Partien plattenförmigen Argentits, welcher sich ganz wie gediegenes Silber oder Blei schneiden ließ.

Dass alte Autoren gediegen Silber und Glaserz nicht immer strenge auseinander hielten, scheint ans dem nachfolgenden Vorkommen hervorzugehen.

In Passeyr [Passeier] speziell im Blei- und Zinkblende-Bergbau am Schneeberg, soll sich nach v. Sperges „Glaserz" gefunden haben. Alle von uns beobachteten Stücke von daher haben sich aber als gediegen Silber erwiesen. Ein mir vorliegendes Stück aus einem, alten Verhau der Bockleiten zeigt eine fast 2 cm große Partie von knotenförmigen Silber das vom mitbegleitendem Kupferkies goldgelb überhaucht und im charakteristischen körnigem, aus Kupferkies, Blende, Magnetkies, Ankerit u. a. bestehendem Gemenge ein- und bzw. aufgewachsen ist. Wenige Sammlungen besitzen von diesem seltenen Vorkommen ein authentisches Stück.

Noch seltener aber dürften Stücke von der Bleiglauz- und Kupferkies-Lagerstätte vom ehem. Pfundererbergbau bei Klausen sein, woselbst nach v. Senger und Liebener in Höhlungen von Bleiglanz und Kupferkies gediegen Silber in Haar- und Blättchenform und als Anflug auf „verhärtetem Chlorit" „auf einer Hauptverschiebungsfläche, auf welcher der Adel aufsitzt“, in früherer Zeit vorgekommen ist.

Nach einer Privatmitteilung des verstorbenen Bergkassiers Junger ist daselbst seines Gedenkens nie gediegen Silber gefunden worden. Dagegen behauptete ein ehemaliger Berghutmann (Edm. Neugschwendter), er habe vor etwa 40 Jahren gediegen Silberdraht- und nagelförmig in Bleiglauzhöhlungen wiederholt im Lorenzi-Stollen gesammelt und solche „Silbernägel“ an Sammler verkauft. In Brixen sollen sich noch Exemplare davon im Privatbesitz befinden.

Mich würde es gar nicht wundern, wenn man auch in den nun wiederaufgenommenen Blei- und Zinkblendegruben von Terlan bei Bozen Spuren von gediegen Silber entdecken würde. Denn der dortige, oft höchst feinkörnige bis fast dichte Bleiglanz soll besonders silberreich sein, wie schon ans alten Berichten hervorgeht. Der dortige Bach („Silberbach") scheint darnach benannt und die Terlaner Weinbauern behaupten allgemein, die Weintraube von Terlan reife über silberhaltiger Erde.

Stark silberhaltig mag ferner der Bleiglanz von Rabenstein bei Aberstückl im Sarntal sein. Als „Silber- und Bleierzbergbau" wird ferner der (unter Dir. F. Oss Mazzurana betriebene Bau von Tösens (im Oberinntal) genannt, und mit nicht geringerem Recht könnten viele Gruben in der Umgebung von Trient und in Valsugaua als solche bezeichnet werden. Doch haben wir von einem selbständigen Vorkommen, von gediegen Silber in diesen Revieren nie gehört. Nur bemerkt v. Sourdeau, dass im Schurfgobiete des Monte argentario bei Trient sehr silberhaltiger Bleiglanz und noch reichere dunkle Fahlerze vorkommmen, die vielleicht mit Argentit gemengt sind.

Nach Angaben eines mir befreundeten, eifrigen Sammlers (H. Mathà), der sich daselbst längere Zeit aufhielt, sollen in Judikarien, spez. im Val Giulis, Spuren von gediegen Silber in winzigen Schüppchen und Überzügen in und auf einem schwarzen, graphitähnlichen Kontaktschiefer mit oft spiegelnden Ablösungsflächen — und in der Nähe auch andere erzführende Kontaktgesteine entdeckt worden sein. Ein mir als Probe zugekommenes Muttergestein hat sich laut Analyse des Hauptprobieramtes in Wien wirklich als silberhaltig erwiesen.

Über das alte „Silberbergwerk" in Stilfs im Ortlergebiete, siehe (133, 1908, 3 Ht. 59).
Statistisches über die Silberausbeute der Tirolerbaue, siehe (15, 1870, 2 B. 235).

Anmerkung: auf die Literaturbelege zu den jeweiligen Vorkommen wurde in der digitalen Version verzichtet.

Quelle: G. Gasser, Die Mineralien Tirols einschliesslich Vorarlbergs und der Hohen Tauern, Innsbruck 1913, S. 485 - 487.
© digitale Version: www.SAGEN.at