Schreiben an einen Freund, Worinn das Bergwerk zu Schwatz beschrieben wird


von Joseph von Sperges

Mein Herr!

Sie haben von mir eine Beschreibung des berühmten Bergwerkes am Falkenstein ausser Schwatz [Schwaz, Tirol] verlanget: und ich bin nun auch im Stande, dieselbe zu liefern, nachdem ich neulich Gelegenheit gehabt habe, dies Bergwerk wieder einmal zu befahren, und über dasselbe meine Beobachtungen zu machen. Sie erwarten von mir keine Beschreibung, von der Art, wie jene des Jacob Balde ist, welcher nach seiner Zurückkunft aus den schwatzerischen Erztgruben dieselben nicht anderst, als wie das unterirrdische Geisterreich mit den stärksten Farben einer auf das lebhafteste gerührten Einbildung abschildert. Wenn er nicht als ein starker Dichter schriebe, dem es gewiß niemalen an Begeisterung gefehlet hat, sollte man beynahe glauben, es wäre ihm wirklich Ernst, und eine mehr als poetische Entzückung hätte sich seines Geistes, und seiner Sinne bemeistert (*).

(*) O nos scelestos! Vidimus Aeacum
Ausi silentum lethiferas domos,
Et antra praeclusasque vivis
Eumendium latebras subire
Quis hunc furorem mentibus, heu nefas!
Injecit? Umbris plenus adhuc, jubar
Commune solis seu pavesco,
Seu fugio. & c.

Ich werde Ihnen, mein Herr, von den Erzgruben zu Schwatz eine ganz natürliche, und, wenn es mir geräth, bergmännische Beschreibung machen. Ich verlange nichts weniger, als Verwunderung zu erwecken: bey Ihnen würde es ohnedas vergeblich seyn, nachdem sie schon andere Bergwerke gesehen, und selbst befahren haben. Es ist zwar wahr, das Bergwerk zu Schwatz hat in Ansehung der Lage vor andern was vorzügliches, indem der ganze äußere Bergbau mit allen Mundlöchern, Halden, und ihren Gestängen, mit allen Hütten, Kramen, und Tagegebäuden, deren eines über dem andern von dem Fuße des Gebirges bis über die Mitte seiner Höhe hinaufsteht, sich auf einmal, und in einem so vortheilhaften Gesichtspunkte darstellet, daß es die Sehensbegierde nicht nur bey den Liebhabern der Natur, und Bergwerkskunde, die etwa dorten vorbey reisen, sehr mächtig reizen, sondern auch bey denjenigen, die sonst auf dergleichen Gegenstände am wenigsten aufmerksam sind, rege machen, und diese leztere so gar entzücken kann. Welche seltsame Vorstellung müssen nicht so viel Mundlöcher der Stollen, so viel gleich den arabischen Sandhügeln davor aufgehäuften Berghalden, die aus- und einfahrenden Bergleute, ihre Kleidung, die dünstern Grubenlichter, das Rollen der Trüchen, das Gebrudel des auslaufenden Wassers, und das Getümmel in den Puchwerken, Bergschmieden, und andren Tagegebäuden bey den ungefähr Vorbeyreisenden machen, die von dem innern Bergbaue keinen Begriff haben! Und möchte nicht mancher mit einem Balde auf den Gedanken fallen, als ob er in eine der vulkanischen Inseln, und in die unterirdischen Werkstätte der Zyklopen versetzet worden wäre (*). Lassen wir diese Leute in ihrer Entzückung. Ich habe mit Ihnen zu thun, mein Herr, die als ein der Naturkunde Beflissener, dergleichen Dinge mit ganz andren Augen anzusehen pflegen.

(*) Auch Joh. Bisselius hatte einen seltsamen Einfall, als er die tyrolischen Gebirge, absonderlich die Erztgebirge im Innthal das erste Mal zu Gesichte bekam : In peregrinum nescio quem orbem, sagt er in der Vorrede der von ihm 1647 übersetzten Historia periculorum Petri de Victoria, ex assolitis Bojariae Campis extrusi nos videri poteramus . . . tam peregrina rerum imagine mens tunc oblatam effigiem sibi quandam aurifera Americae proponere coepit.

Ich fange also meine Beschreibung an; muß jedoch gleich zum voraus erinnern, daß selbige allein die mechanische Einrichtung, und Kunstgeschichte des schwatzerischen Bergbaues zum Gegenstande haben. Wer aber eine vollkommen bergmännische Erdbeschreibung liefern will, muß selbst ein Bergmann, ein in der Physik, Mineralogie, Metallurgie, Markscheidekunst, und Mechanik gründlich beschlagener Bergmann seyn. Sie aber wissen am besten, wie wenig ich zur Zahl der Bergleute gehöre. Ich werde also nur das jenige bemerken, was ich in dem Bergwerke wahrgenommen; weil wir doch sonst niemand haben, der uns eine eigentliche Beschreibung davon gemacht hätte.

Das Bergwerk hat seine Haupteinfahrt eine kleine halbe Stunde außer Schwatz im Unterinnthal an der gemeinen Landstrasse von Insbruck [Innsbruck] nach Salzburg. Ich habe diesmal aus Gefälligkeit für einen Freund, der selbiges noch niemalen gesehen hatte, die kleine Reise von Inspruck eigens dahin gemacht. Um so mehr wünschte ich, daß die ohnedas Vorbeireisenden, wenn sie doch eine Belustigung in der Naturkunde finden, eine so nahe und bequeme Gelegenheit sich zu Nutze machten, wobey sie das Mineralreich ohne sonderbare Bemühung, und gleichsam in einem Lustgange besuchen, ja in dessen innerstes Kabinet eindringen, und die Erzte [Erze] noch in dem Schoose der Natur, mit Vergnügen sehen könnten. Der Weg dahin ist über einen fruchtbaren Getraidboden am Fuße des Erzgebirges ganz eben, und in einem weiten angenehmen Thale.

Nach unserer Ankunft bey dem sogenannten Fürstenbaue [Sigmund Erbstollen] wurden wir in ein hölzernes Gebäude geführet, und auf bergmännisch gekleidet. Meinem Gefährte kam es fremde vor, als er gleich mir einen Grubenküttel von weisser Leinwat mit gleichen Beinkleidern anziehen mußte: eine Gattung Berghüte von grauem Filze ohne Flügel, oder Aufstulpe auf dem Haupte, und das Arschleder um die Lenden, verwandelte uns vollkommen in Bergmänner: man gab uns noch darzu das Fahrtroß, das ist, einen kruckenförmigen Bergstab in die Hand, welcher, so unnütze er auch anfänglich wegen seiner Kürze scheinen mag, gleichwohl in den niedrigen Stollen sehr gute Dienste thut [Anm.: einzige originale Beschreibung der Fahrtrösser! Mit dieser Beschreibung findet man das Fahrtroß dann in den Abbildungen im "Schwazer Bergbuch" 1556, sowie konnten damit archäologische Funde von Fahrtrössern zugeordnet werden. Die kurze Bergbarte und das Steigerhäckchen sind Prunkgegenstände der höhergestellten Bergleute und gehörten zur Paradeuniform]. Die Bergtracht in Tyrol hat seit ungefähr hundert Jahren sich sehr verändert. Sie bestund vormals in einem langen Küttel von weißem Tuche, welcher vornher aufgeschürzet wurde, mit einer daran hangenden spitzigen Kappe, wie unsere Kapuziner tragen, die man über das Haupt zog. Es sind von diesen langen Grubenkutten noch etliche vorhanden, um das Frauenzimmer damit zu bedienen, wann es diese unterirdische Lustreise mitmachen, und sich nicht männlich kleiden will. Wir waren nun also zur Einfahrt geschickt.

Mein Freund stutzte anfänglich über diese Art zu fahren, die man zu Fuß verrichten muß: er verlangte aber auch nicht, sich in einen der kleinen niedrigen Karren zu setzen, die auf vier Scheiben ganz sicher fortlaufen, und von zween Knappen geschleifet werden.

Ueber dem Mundloche stehet das Bildniß des H. Daniels, welcher vermuthlich deßwegen weil er den Traum des Königs Nabuchodonosor von einem aus Gold, Silber, Erzt, und Eisen zusammengesetzten Bildniße, durch den Beystand des göttlichen Geistes auszulegen gewußt, sich den Verdienst erworben hat, daß er von den sämmtlichen Erztknappen in Tyrol für ihren Schutzheiligen gehalten, und als solcher vorzüglich verehret wird. Man sieht desselben Bildniß fast aller Orten in einer seltsamen Kleidung, mit einem Fürstenhute auf dem Haupte, und mit Schlägel, und Eisen in der Hand; ein fremder wird wohl schwerlich den Prophet Daniel in dieser Tracht erkennen. Wir verrichteten vor dem Mundloche des Stollens ein kurzes Gebet, wie auch alle Bergleute, so oft sie ihre Schicht anfahren, zu thun pflegen. Der Hutmann vom Fürstenbau führte uns nebst zweenen Bergknappen, jeder mit seinem Grubenlichte in der Hand: und also fuhren wir, Mann für Mann, in den Berg ein. Gebühret der Natur Verehrung aller Orten, so kann sie solche hier um so billiger von demjenigen fodern, der in ihr geheimstes Gemach eintritt: Ehrfurcht, und Aufmerksamkeit begleiten ihn: sie nehmen zu, je tiefer er hineinfährt. Dort und da sind die Stollen sehr niedrig, und nöthigen auch den stolzesten, sich zu demüthigen: auch große Herren nehmen hier von dem geringsten Bergmanne gar gerne die Anweisung zu ihrem Verhalte an, und es ist gefährlich von derselben im geringsten abzuweichen. Der Stollen führet gerade zum Schachte, wo die Wasserkunst steht, welche vor andern verdienet gesehen zu werden; denn, da in den übrigen meisten Bergwerken dergleichen Maschinen am Tage gebauet sind; findet man dieselbe hingegen hier mitten im Berge, und muß daher die Kunst, je schwerer es gewesen ist, selbige anzubringen, desto mehr bewundern.

Der Stollen lauft bis dahin ebensohlig (waagerecht) bey zwey tausend Klafter, durch das Vorgebirge: er ist gutentheils mit Steinen ausgemaueret, und der First, oder Bogen mit Brettern gefüttert, damit die Tropfen des dort, und da durchschlagenden Tagewassers zur Seite ablaufen. Das Verzimmern der Stollen geschieht mit Joch, und Stämpel: also werden die zu beyden Seiten aufgesetzten Holzpfeiler genannt, deren je zween und zween, wo die Last des aufliegenden Gebirges gleich drücket, obenher mit einem Sperlinge, oder Kappe verbunden sind, worauf das Joch ruhet: wo aber der Stollen in das Felsengebirge lauft, hat es weder das eine, noch das andere nöthig: die Wände sowohl als das Holzwerk sind an einigen Orten mit Wetterzotten gleich einer Haut überzogen. Diese setzen sich gerne, und sehr häufig daselbst an: sehen einer schneeweisen pelzigten Materie, wie Baumwolle, gleich, und entstehen aus der feuchten Luft. Durch den Stollen hat das Wasser, so theils aus dem Schachte gehoben, theils zur Treibung der Kunstmaschinen vom Tage hineingeleitet wird, seinen Auslauf: es geht eine gedoppelte Stängfahrt darüber, die aus vier gleich schmahlen, und einen Daum weit voneinander gelegten Latten, oder langen Hölzern besteht, auf denen nicht gar zum besten zu fahren ist.

Werden Sie, mein Herr, nicht böse, daß ich in diese meine Beschreibung so viel Bergwörter einmenge, welche nicht jedermann verständlich sind. Es ist ihr Gebrauch, gleichwie überhaupt zur Bergwissenschaft, also auch in dergleichen Bergwerksbeschreibungen, nothwendig: ich werde mich demnach derselben, in so weit sie mir geläufig sind, fortan bedienen, und zugleich sie dergestalt anbringen, daß der Zusammenhang, und die übrigen Umstände ihre Bedeutung anzeigen, und mit dieser auch einen hinlänglichen Begriff von der Bergbauart geben mögen. Ich erspare damit die verdrüßlichen Umschreibungen, und eine gewisse Weitläufigkeit, von welcher die Bergsprache ohnedas entfernet ist. Bey mancher Redensart, die Ihnen vielleicht fremd vorkommen wird, dürfen Sie, mein Herr, sich die Mühe nicht nehmen, deswegen in einem Berglexicon nachzuschlagen: sie werden nicht alle in Tyrol üblichen Bergwörter darin finden, und man muß dieselben alleine durch den Umgang mit den Bergleuten im Lande erlernen: der Hutmann, der uns führte, ließ sich durch unser vielfältiges Fragen nicht ermüden: er antwortete auf alles mit Bescheidenheit, und unterhielt uns währender Fahrt mit einem angenehmen Berggespräche.

Wir fuhren also ganz gemächlich über sechshundert Klaftern bis zu dem Richtschachte hin; wo sich ein so geräumiger Füllort öffnet, daß man sich freyer umsehen, und gleichsam leichter athmen kann.

Es sind zween Schachte: der erste ist der Richt- oder Fördernißschacht, und dienet, wie sie wissen, dazu, daß man den Gängen, welche in die Teufe setzen, nachbauen, und die darunten gewonnenen Erzte herauf fördern könne. Das Grubenwasser, welches dem Schachte durch verborgene Adern, und Risse zufällt, würde diesen Bergbau in der Teufe verhindern, wenn nicht auf der Seite noch ein anderer wäre, der Wasserschacht genannt, durch welchen das aufgehende Grubenwasser gehoben wird. Es giebt verschiedene Kunstmaschinen dasselbe mit Vortheile zu gewältigen: zu Schwatz , gleichwie in den übrigen tyrolischen Bergwerken, geschieht es mittelst eines Pumpwerkes. Wie es damit zugehe, ist ihnen mein Herr, ohnedas bekannt, und aus den Gründen der Hydraulik jedermann gar wohl begreiflich. Es ist für sich ganz natürlich, daß, wenn das Wasser obenher aus einer Röhre heraus gezogen wird, die Luft durch die untere Oefnung gewaltig nachdringt, und mit sich auch das Wasser in die Höhe steigen machet: Ich weiß wohl, daß dergleichen Wasserdruck- oder Pumpwerke an sich ganz gemein, und im kleinen überall zu finden sind. Ich mache gleichwohl von dem schwatzerischen eine umständliche Beschreibung, weil Sie, mein Freund, es verlangen, und weil man außer Tyrol schwerlich ein größeres, und stärkeres finden wird. Es besteht aus vielen Sätzen, deren einer auf dem andern, der unterste aber über dem Wassersumpfe selbst steht: sie sind im übrigen alle gleich: jeder hat seine besondere Saugröhre, und an dem Stiefel eine eigene Luftlappe (Ventil) von Pfundleder, welche ihn öffnet, und schließt: darüber steht die Aufsatzröhre mit ihrer Pumpenstange: diese hat zu unterst einen eisernen, vielmal durchbohrten Kolben, der anstatt des sonst gewöhnlichen Ventilthürleins mit einer Scheibe von starkem Leder versehen ist, und, wie man glaubet, besser, als jenes schließt: ihre Erfindung ist nicht alt; vielleicht aber hat man dabey nicht erwogen, oder man findt es vielmehr, wo starke Pumpenwerke, wie hier sind, keiner Aufmerksamkeit würdig, daß, wo das Wasser nicht durch eine grosse Oeffnung allein, wie bey dem Thürlein , sondern durch mehr kleine Löcher einlaufen muß, es mehr Hindernis,und gleichsam einigen Widerstand findet. Sie wissen, mein Freund, vorher, daß die Beschäftigung des Ventils in dem Stiefel ist, das Grubenwasser, wenn es der durch den Pumpenzug oben ausgetriebenen Luft nachsteigt, einzulassen, und sobald die Pumpenstange durch ihr Hinabsteigen das mittlerweile eingelaufene Wasser durch ihre Luftlappe durchdrücket, sich wieder zu schliessen, und demselben das Rückfliessen zu verwehren. Der viellöchrigte Kolben machet, daß die Pumpenstange durch das. Wasser leicht hinabsteiget: so bald sie aber wieder zurück hinauf will, wird die Scheibe des Kolbens von der Schwere des aufliegenden Wassers niedergedrücket, so, daß dieses nicht mehr unten zurück laufen kann, sondern mitaufgezogen wird: das Ventil hingegen krieget wieder Luft, sich zu öffnen, und durch die Saugröhre Wasser von neuem in den Stiefel einzulassen. Dieses ist gemein, und ich würde mich dabey nicht aufgehalten haben, wenn es nicht geschehen wäre, um ihrem Verlangen, mein Herr, genug zu thun. Es ist nun aber mehr als genug: allein der Hauptumstand ist dieser, daß der Schacht am Rörerbühel dreyhundert Klaftern, und der zu Schwatz hundertzwanzig in der Teufe haben : da gehören gewiß mehr, als eine Pumpenstange dazu. Ich bleibe bey dem letztern. Das Druckwerk besteht daselbst dermalen aus eilf besonderen Sätzen, einer gerade über dem andern, um das Grubenwasser in einem Zuge aus dem Sumpfe zu heben. Jeder Satz hat vier Röhren mit ihren an dem Hauptgestänge eingehenkten Pumpenstangen nebeneinander, welche wechselweise spielen, das ist, wenn ihrer zwo Wasser schöpfen, geben die andern zwo das ihrige von sich. Der Ausguß geschieht in einen Kahr (Trog) worein die Saugröhre von dem obern Satze sich senket, daß solcher Gestalt ein Satz dem andern das Wasser reichet, bis es zu seinem Ausfluße gebracht wird. Alle Pumpenstangen spielen zugleich, weil sie sämmtlich von dem Hauptgestänge regieret werden.

Das Hauptgestänge hängt an dem grossen Waagkreuze, und besteht auf jeder Seite aus einer Schachtstange; diese aber aus mehr andern, die so gerade fort, als wäre es nur eine, aneinander gestücket sind: daran werden die Pumpenstangen von jedem Absatze, zwo und zwo neben einander eingehenket. Wann nun die eine Schachtstange aufgehoben wird, müssen alle, die daran hangen, mitaufsteigen; da indessen die andere zu gleicher Zeit vermög des Waagkreuzes alle die ihrigen mit sich hinabdrücket. Die Beschreibung, ich bekenne es, ist sehr weitläuftig, vielleicht auch dennoch nicht zu genau, weder recht kunstmäßig. Ich werde mich aber hüten, Sie, mein Herr, um Vergebung zu bitten, daß ich Sie solange damit aufhalte. Ihr freundschaftlicher Auftrag entschuldiget mich, wenn Sie auch schon ohne diese langweilige Beschreibung die ganze Einrichtung des Wasserhebungswerkes, und wie sich selbiges in einer unaufhörlichen Bewegung erhält, vorher gewußt haben. Eben so leicht werden Sie sich selbst leicht vorstellen, daß eine so ungeheure Maschine von nichts anderm, als von dem Wasser gewältiget werden kann. Vor wenig Jahren geschah noch alles durch ein einziges Wasserrad, außer, daß man eine von den Hauptstangen an dem Gapelrade, wann dieses bey dem Förderungsschachte nichts zu arbeiten hatte, einhenkete, und dasselbe mittelst eines Winkelarmes, und der Waage mit ihren Feldstangen, auch bey dem Wasserschachte mitspielen ließ: welches zu Schwatz insgemeine die kleine Wasserkunst genannt wurde, und sonst ein Geschleppe heißt. Weil aber dadurch der Gapel zu sehr geschwächet, und hingegen, je tiefer man den Schacht absenkte, desto stärkerer Druck, und Zug zur Hebung des Grubenwassers erfordert wurde, hat man ein neues Wasserrad nicht weit von dem andern angelegt. Dasselbe hat zwey und dreyßig Schuh im Durchschnitte, und also zween mehr, als das alte: es steht auch höher, damit das Aufschlagwasser, so vier Stunden weit vom Tage in den Berg hineingeführet werden muß, ganz leicht von einem Rade zum andern wieder ablaufen, und sodann erst auf das Kehr- oder Gapelrad geleitet werden könne. Wann nun an dem Wasserrade der Werbel (Krumzapfen) welcher wie ein Haselhorn , von Eisen gegossen, und vier Zentner schwer ist, mit der Radwelle umlauft, zieht er beyde Korbstangen, und mittelst dieser das gedoppelte Feldgestänge wechselweise an sich, und stößt es eben so wieder hindann. Die Feldstangen sind in einer waagrechten Lage, und an das grosse Waagkreuz, welches auf der Hängbanke gerade über dem Wasserschachte stehet, eingehenket. Kömmt selbiges mittelst des Feldgestänges in seine abwechslende Bewegung, so wird nach solcher das seigerrecht daran hangende Hauptgestänge jetzt auf der einen Seite gehoben, jetzt auf der andern nieder gedrücket. Der Wasserschacht ist von dem ältern Kunstrade etwas entfernet: es hat deswegen das Feldgestänge gebrochen, und mit Winkelarmen versehen werden müssen. Hauptsächlich ist von den Kunstwartern dahin zu sehen, daß alles in einer waagrechten Gleichheit erhalten werde.

Sie werden nun fragen, warum die Kunsträder nicht näher am Schachte, oder nur demselben in einer geradern Linie stehen? Es könnte dadurch die Weitläuftigkeit eines so langen, und gebrochenen Feldgestänges mit so vielen Kreuzen, Schwing- und Winkelarmen, wodurch das Werk nicht nur an der Kraft, sondern auch an dem Wasserhube selbst verlieret, vermieden, und die Friktion oder das Reiben, welches dabey nothwendig groß seyn muß, vermindert werden. Sie haben recht, wenn Sie sich darüber verwundern. Es ist zwar der Wasserkunstzeug nach dem Maße seiner ungeheuer grossen Räder so stark, daß es nicht nur von langer Dauer, sondern auch, weil genug Wassergefälle, sie zu treiben, vorhanden, vermögend ist, so viel Holz, und Eisenwerk mit seiner Last hin und her zu gewältigen und ziemlich leicht zu spielen. Allein nach den Grundsätzen der Mechanik davon zu urtheilen, würde es allemal ein Fehler seyn, wenn man an dem Kunst- und Feldgestänge was überflüßiges fände: durch die Größe, und Gewalt wird die Reibung nur heftiger, und diese ist bey Maschinen allezeit verderblich. Ich habe um die Ursache dieser Entfernung der Kunsträder vom Schachte, zu fragen vergessen: es wird aber wohl diese die natürlichste, und welche allen Einwurf ablehnet, seyn, daß man in der Nähe beym Schachte kein steinfestes Gebirge gefunden, wo sich eine Radstube, ohne sie mit grossen Kosten auszuzimmern, hätte anlegen lassen.

Ueberhaupt läßt sich gegen diese und alle dergleichen Radkünste einwenden, daß, seitdem andre Wasserhebungsmaschinen, wie zum Beyspiele die englische Feuermaschine, die alte, und neue höllische in Ungarn, und dergleichen erfunden worden, diese jenen weit vorzuziehen seyn. Die Ursache ist offenbar; bey dem beständigen Umlaufe, und Reiben eines grossen Rades, ist die Friction unvermeidlich, ja so stark, daß man der allzuheftigen Erhitzung mit steter Benetzung vorkommen muß. Ist noch dabey das Feldgestäng schwer, so gehet viel Holz, Eisenwerk, und Schmier darauf: ein großes Holzgerüste verbauet die Grube zu sehr, und erfordert eine beständige Ausbesserung, welche den Unterhalt der Maschine zu kostbar machet: auf der andern Seite kann dabey nicht das ganze Aufschlagwasser genutzet werden; indem dessen Fall nur auf wenige Schaufeln, und nicht so genau sich anbringen läßt, daß nicht ein Theil davon unwirksam, und seitwärts ablaufe: dadurch entgeht der Kraft sehr viel. Allein die Wirtschaft mit dem Aufschlagwasser wird in Bergwerken, wo hieran, wie in den tyrolischen, gar kein Mangel ist, nicht sonderlich geachtet. Und soviel es die übrigen Einwendungen gegen die bisher gebräuchlichen Druckwerke mit Rädern, und Feldgestängen betrifft, ist zu erwegen, daß der Schacht zu Schwatz schon über hundert zwanzig Klaftern, von jenem am Rörerbühel gar nichts zu melden, abgebauet und folglich so tief ist, daß sein Grundwasser nicht mit jeder der neuerfundenen Maschinen, wenn ihrer nicht mehr, eine über der andren, angebracht würden, gefördert werden könnten.

Nachdem ich die ungarischen Maschinen vorher zum Beyspiel angeführet habe, werden Sie, mein Herr, vermuthlich ein Verlangen tragen, eine kurze Nachricht davon zu erhalten. Da ich dieselben nicht selbst gesehen, soll Ihnen die jenige davon zu Theile werden, die ich aus der Erzehlung eines Freundes überkommen habe. Es ist kein Bergwerk, welches zur Förderung des Wassers so viel, und so verschiedene Künste von alter, und neuer Erfindung hat, wie das zu Schemnitz in Ungarn. Man findet daselbst alle Arten von Rad- und Feldgestängkünsten: desgleichen die schon genugsam bekannte Feuermaschine, von deren Erfindung die Ehre zwar den Engländern gebühret, deren Gebrauch aber in den ungarischen Bergwerken, man dem weiland kaiserlichen Hofbaumeister Emanuel Fischer von Erlach zu danken hat. Von dieser letztern werde ich ihnen bey Gelegenheit ein Modell zeigen, das ich selbst habe: es ist klein, aber doch gangbar. Erst vor kurzer Zeit sind zu Schemnitz zwo andere Wasserförderungsmaschinen erfunden, und eingeführt worden. Man nennt sie nach dem Namen ihrer Erfinder, insgemein die höllischen Maschinen. Sie sind von zweyerley Art: die erste, welche Cornelius Hell, oder Höll zuerst, jedoch unvollkommen angegeben; dessen Sohn aber, Herr Joseph Carl ein Bruder des berühmten kaiserl. königl.Astronomus zu Wien P. Marimilian Hell, zu mehrerer Vollkommenheit, und im J. 1751 völlig zu Stande gebracht, hat zwar, so viel es die wesentlichen Haupttheile betrifft, mit der Fischerischen Feuermaschine viel, ja das meiste gemein: unterscheidet sich aber vornehmlich in dem, daß sie allein von der drückenden Säule des in eisernen Röhren einfallenden Tagewassers, ihre ganze Bewegung, Umlauf, und Wirkung erhält; indem das Tagewasser in den daneben aufstehenden metallenen hohlen Zylinder untenher einlauft, und seinen Druck auf den darinn beweglichen Kolben unmittelbar ausübet; denselben, und mit ihm die Pumpenstangen in die Höhe hebt, und sobald es nach Oeffnung seiner Pippe ausgeflossen ist, mit Hülfe des Seitengewichtes wieder hinabsinken läßt. Die zweyte Maschine ist noch besser gerathen, und eigentlich eine hydraulico-pnevmatica, weil die darinn zusammengedrückte Luft zur Hebung des Wassers das ihrige beytragen muß: dieses geschieht auf die nachfolgende Weise. Zween grosse geschlossene Kessel oder Wasserhälter von Metall stehen einer über dem andern: in dem obern wird die Luft durch das in Röhren einfallende Tagewasser zusammen gedrungen, und drücket hinwieder durch zwo besondere Luftröhren auf das in dem untern eingelassene Grubenwasser, mit solcher Gewalt, daß das letztere durch die Ausflußröhre sechzehen Klaftern hoch bis in den Erbstollen hinaufgetrieben, und in einem Hube fünf und zwanzig Eimer Wasser gehoben werden. Diese schöne Maschine befindet sich in dem Amalienschachte,sie ist von der Erfindung des vorgerühmten kaiserl. königl. Kunstmeisters Herrn Jos. Karl Höll, und kam erst im J. 1755 in gangbarn Stand.

Aus diesem kurzen Entwurfe erkennen Sie, mein Freund, selbst wohl, daß eine solche Wassermaschine die einfachste, und ohne alle Friction ist; wenn man die jenige allein ausnimmt, welche die Seitenwände der Röhre von dem einfallenden Wasser leiden, die aber in der That für keine zu achten ist. Sie wäre auch die vollkommenste, wenn sie nicht den einzigen Mangel hätte, daß die Luft- und Wasserpippen derzeit noch durch Menschenhände geöffnet, und geschlossen werden müssen. Es könnte zwar dieses mit der Hülfe des Wassers geschehen, und würde es an der Erfindung einer Nebenmaschine nicht fehlen, der mit auch in Ermanglung genugsamen Tagewassers, als womit man sehr gesparsam umgehen, ja aus dieser Ursache wohl gar die Hauptmaschine selbst öfters stehen bleiben muß; das oben ausfliessende Hub- oder Grubenwasser zu Hülfe genommen, und die Pippen, ungeachtet sie sehr verschiedentlich dabey angebracht sind , damit gleichwohl gewältiget werden könnten. Man sagt mir aber, daß die Lage, und Beschaffenheit des Orts solchen Vorschlag, wo nicht unmöglich, doch sehr schwer mache.

Wir kehren wieder nach Tyrol, und in das Bergwerk zu Schwatz zurück. In demselben ist eine so genau- ausgemessene Wirtschaft mit dem Tagewasser, wie ich bereits erinnert habe, nicht nothwendig : man hat sich deshalben auch bisher die Mühe nicht gegeben, neue Wasserhebungsmaschinen zu erfinden, oder anzunehmen: es wird also wohl jederzeit bey dem schon beschriebenen Pumpenwerke sein gutes Verbleiben haben; zumalen, da selbiges auch eine so starke Kraft hat, daß durch einen Hub, deren 7 bis 8 in einer Minute geschehen, 32 Maaß Wasser, welches nicht viel weniger, als ein Eimer ist, gehoben, und zum Ausfluße auf den Erbstollen gebracht werden. Dieses Grubenwasser bekömmt hernach in den Tagegebäuden seine Arbeit: es muß zum Erztwaschen dienen, und das große Puchwerk [Pochwerk] treiben. Eine nicht minder gute Wirtschaft wird überhaupt mit dem Tagewasser gehalten: man leitet dieselben über das Gebirge herab von einer Schmiede oder Pucher zum andern, daß es endlich ganz trüb, und gleichsam matt aussieht, und eine weisse Farbe gewinnet.

Der Wasserader Kunstschacht hat auf der Seite hinab seine eigene Handfahrt auf Leitern von einem Absatze zum andern, damit man der Wasserkunst zu Hülfe kommen möge. Wir sind auf diesen Leitern bis zu dem Sumpfe, das macht hundert zwanzig Klaftern, hinabgefahren. Meinem Reisegesellen fiel diese Handfahrt, weil er ihrer nicht gewohnet war, beschwerlich: zum Glücke hat der Bergofficier, der uns begleitete, uns erinneret, daß wir zurück hinauf durch den trockenen, oder Förderungsschacht in der Tonne fahren konnten. Wir folgten seinem Rathe: er war in der That gut, und ersparte uns nicht wenig Mühe. Sie werden es mir leicht glauben , wenn sie auch gleich der Meynung sind, daß eine Leiter, worüber man sich mit beyden Händen forthelfen, und dem Leibe einen Schwung von einer Stuffe zur andern geben kann, sicherer, und auch im Steigen weniger beschwerlich, als eine gähe Treppe sey. Ich muß Ihnen nun auch den vorgenannten Fördernißschacht ordentlich von oben herab beschreiben.

Er ist mit Zimmerwerke für das Eingehn wohl versicheret, und hat seinen Namen daher, weil sowohl Gänge, als Berg (unter dem ersten versteht man alles, was einen metallischen Gehalt hat; das andre ist taubes Gesteine, oder Erde) aus den tief gelegenen Zechen mittelst eines Gapels in Tonnen herauf, und folglich in Trühen zu Tage ausgefördert wird. Der Gapel wird hier nicht mehr, wie vor ein paar hundert Jahren, durch zween Gapelknechte, oder wie anderer Orten noch gebräuchlich ist, von Pferden, sondern durch ein Wasserrad getrieben: es ist dasselbe, weil die zwo Tonnen wechselweise auf- und abgehen, ein Kehrrad, mit doppelten Schaufeln und zwo Schußrinnen zum Hin- und Rückkehren des Aufschlagwassers aus dem Wasserkasten, versehen, damit man das Rad bald rechts, bald links umlaufen lassen könne. Desselben Durchmesser hat neun und zwanzig Schuh: sein krummer Zapfen, oder Schwerm ist gleichmäßig doppelt, und zwölf Zentner schwer: mit diesem bewegen sich die zwo Korbstangen, von welchen die zween stehenden Winkelarme mit ihren dazwischen eingelegten Feldstangen, und Schwingarmen in Bewegung gebracht, und folglich die Korbwelle selbst mittelst ihres eigenen krummen Zapfens umgetrieben wird: die eine erhält ihre Bewegung durch den dritten Winkelarm unmittelbar; die hintere aber mittelst einer aufrechtstehenden Waage. Vor diesem mußte das Gapelrad, wie ich schon vorher angemerket habe, zur Schichtzeit, auch die Wasserkunst treiben helfen: seitdem aber diese mit einem zweyten eigenen Wasserrade verstärket worden, mag sie jenes nun wohl entbehren.

Um die Korbwelle windet sich ein langes Seil, und an dessen beyden Enden hangen zwo kupferne Tonnen; von welchen die leere hinab, die volle aber zu gleicher Zeit bis zur Stürze heraufsteigt. Das Gapelrad hat neben sich an dem nemlichen Wellbaume ein anders, welches das Premsrad genannt wird, und nur achtzehen Schuh hoch ist: es dienet zum Einhalten des grossen Rades, und solches kann ohne Mühe durch die Beklemmung des kleinern mittelst der Premse, von einem einzigen Manne, in einem Augenblicke geschehen. Er darf nur den bis zu seinem Standorte reichenden Premsbaum mit dem hintern Leibe niederdrücken, und zugleich mit der einen Wasserstange das Aufschlagwasser von dem Gapelrade abkehren: und eben so leicht kann derselbe dem Gapel wieder seinen Gegenlauf geben. Ich weiß nicht, ob ich recht daran bin, wenn ich denke, daß all dieses noch leichter, und ohne ein besondres Premsrad, durch die unmittelbare Premsung des Gapelrades selbst geschehen könnte; weil zur Einstellung eines laufenden Rades die Gegengewalt, je näher sie an dem Wellbaume, desto unvermögender, und hingegen um so kräftiger ist, wenn sie auf den äussersten Umkreis des Rades angebracht wird. Es ist eben nicht nöthig, ein Bergmann zu seyn, um dergleichen Anmerkungen, die aus der Trigonometrie, und Mechanik entlehnet werden, zu machen. Ich gab meinen Zweifel unserm Führer auf: er wendete dagegen ein, daß das Gapelrad durch seine unmittelbare Premsung geschwächet werden würde. Gut: wie kömmt es aber, daß man in Ungarn die Premsräder, als überflüßig, abgeschaffet hat?

Der Premsknecht ist in einer besonderen Hütte verschlossen, damit er nicht irre gemacht werde; und beobachtet unaufhörlich seine Uhr, welche in zwölf Stunden, deren eine ungefähr nur auf zwo gemeine Minuten geht, eingetheilet, und in das Gapelwerk selbst eingehenket ist; so daß allein von dessen Bewegung ihr Zeiger regieret wird. Da nun jeder Füllort, oder Ausbruch des Schachtes seine gewiße Stunde hat, die auf ihn deutet, kann der Premsknecht an dem Umlaufe des Uhrzeigers unfehlbar sehen, wieweit die hinab- oder heraufsteigende Tonne von ihrem bestimmten Füllorte noch entfernet ist. Steht der Zeiger auf der Stunde, welche dahin zutrifft, so stellet er alsogleich das ganze Gapelwerk ein: nur wann die Tonne gefüllet, oder aber umgestürzet ist, und folglich wieder zurück soll, wird ihm von dem Gapelhutmann mit einer kleinen Glocke, wovon die Schnur in den Schacht hinabhängt, ein Zeichen gegeben, damit er das Rad wieder laufen lasse.

Als ich das erstemal dieses Bergwerk besah, und auch den Schacht befahren wollte, fanden die Bergleute für gut, mir durch die vorgängige Zeigung seiner entsetzlichen Teufe die Gefahr vorzustelstellen, und ließen in dieser Absicht einen brennenden Rollen Flachs hinunter fallen: aber vergebens: ich ward darüberhin nur begieriger, dieses innerste Kabinet der Natur näher zu sehen. Einer meiner Freunde, der dasselbemal mit mir gewesen, hatte ein gleiches Verlangen. Man erinnerte uns, vorher ein kurzes Gebet nach Berggebrauche um eine glückliche Fahrt zu sprechen: wir thaten es, und setzten uns darauf in die Tonne: unser Hutmann begleitete uns, und nahm seinen Stand über uns auf dem Rande der Tonne: er hatte das Berglicht in der rechten Hand, und hielt sich mit der linken an das Schachtseil. Wir fuhren ganz gemächlich in den Schacht hinunter. Derselbe ist nicht seigerrecht, das ist perpendicular, sondern er streicht in einer schiefen Linie etwas donlege, damit die Tonne mit ihrem Rücken an der Lehmseite des Schachtes unabweichlich aufliege, und daher weder schleudern, noch sich umdrehen könne. Es ist nächst dabey auch eine Hand- oder Mannsfahrt, worüber man auf Leitern, gleichwie in den Kunstschacht, hinab, fährt. Die Absätze, wo die Läufe an dem Schachte auslaufen, und die Bergknappen bey Anfahrung ihrer Schicht, aus der Tonne austreten, werden, wie vorgedacht, Ausbrüche, und Füllörter genannt: jeder hat einen Füllkasten mit seinem Stande für die zween Anschläger, welche die Tonne füllen. Dieser Füllörter sind vormals mehr gewesen, ehvor der Schacht von den Alten aus Furcht des immer mehr aufsteigenden Grubewassers verlassen, und mit dahin verstürztem Berge eingefüllet worden: jezt hat man seit dessen Wiedereröffnung und Ausräumung, nachdem man im Nachbauen schon über hundert Klaftern abgesunken ist, ihrer bereits sieben erreichet: welche ihrer Ordnung nach sind das Lippel-Rainl, zum Sagstecher, der Kalte Brunn, der Raberstollen, die alte Klause, der Neubau, und beym Grandl, nach welchem das Wasser folget. Wir hielten uns bey dem Schachte alleine nicht auf, sondern verlangten auch die Zechen zu sehen, wo die Bergknappen ihre Schicht, doch nur von der Morgenstunde bis Mittag machen. Die Zufahrt ist sehr enge und niedrig: bey einigen mußten wir beynahe auf dem Bauche kriechend, kümmerlich aus- und einschlupfen, oder welches mehr bergmännisch ist, auf dem Arschleder sitzend harfen. Wir fanden die Gesellen bey ihrer Arbeit, und rufeten ihnen den hier gewöhnlichen Berggruß zu: Gott gebe euch gut Glück, und Seegen. Sie danketen uns mit freundlicher Darbietung der Hand, und schienen über unsern Besuch eine Freude zu bezeugen. Sie werden in Lehenhäuer und Herrenhäuer abgetheilet: die erstern machen unter sich Boisen, das ist, Gesellschaften, und jede derselben empfängt eine Zeche, oder bauwürdige Grube zu Lehen: sie haben ausser ihres Verdinggeldes, und eines Beytrags, wo arme Gruben sind, keine Löhnung, sondern allein, was die Erztlösung austrägt; da dann bey der monatlichen Theilung das durch ihren Fleiß, oder durch Glück gewonnene Erzt, nachdem es in Gegenwart des Fröners umgeschlagen, und ausgezogen worden, nach seinem innerlichen Gehalte denselben mit Gelde abgelöset wird. Wo höfliches, und mildes Gebirge mit wohl fündigen, ganghaften, und fährtigen Klüften ist, oder wo das Erzt für sich selbst einen guten Grat, leichte Gefährte, und reiche Striffeln hat, können die Lehenhäuer wohl damit bestehen, weil dort die Arbeit nicht so schwer ist, oder doch wohl vergolten wird.

Hingegen sind in andern, und zwar den meisten Gebirgen die Striffeln, oder Gänge schmal, und kurzklüftig: lassen sich leicht abstossen, oder vertrümmern sich selbst; jezuweilen liegen sie noch dazu in einem sehr festen Gesteine, daß sie nicht ohne grosse Mühe aus den Gängen heraus geschrämmet werden können: da ist dann die Arbeit ungemein sauer, und vermögen die guten Leute sich kaum das Brod zu verdienen. Damit sie aber gleichwohl die Nahrungsmittel sich besser verschaffen können, wird ihnen von dem sogenannten Pfennwerthsamte, Getraid, und Schmalz nach Nothdurft abgereichet, und an ihrer Löhnung für bares Geld, jedoch in einem geringem Preise angeschlagen: jeder Bergknappe krieget seinen Theil, ohne daß er sich weigern, weder denselben andern verkaufen darf; wie denn der Kauf davon auch verboten ist. Diese Vorsehung ist sehr löblich, und beynebst nochwendig: Weib und Kinder geniessen es zu Hause mit, welchen sonst von des Bergmannes Verdienste nicht viel Trost zukommen würde. Ist ein Durchschlag von einer Grube zur andern zu machen, so hülft man sich in den schwatzerischen Bergwerken mit Bohren, und Sprengen; doch an einigen Oertern, wo die Gänzen etwas geschmeidiger sind, bedarf es nur eine Ritze, oder eingehauenen Kunst, wodurch das feste Gesteine mit eisenen Keilen auseinander getrieben wird.

Nachdem wir uns schon einmal vorgenommen hatten, alles zu beschauen, war keine Beschwerlichkeit mehr so groß, die uns davon abhalten könnte. Dieser Trieb zog uns so gar in die Gesenke, wo man unter sich bauet, um den stehenden Gängen nachzusetzen. Wir mußten uns auf das Leder setzen, um dahin zu kommen: wollten wir hingegen auch die Gugeln sehen, wo firstenweise, oder aufgelehnet, das ist, über sich gebauet wird, war kein anders Mittel, als zwischen den Gebirgwänden auf kreuzweise geschlagenen Sperrschinken (ist eine Gattung hölzerner Riegeln) hinan zu steigen, und gleichsam zu klettern.

Sie wissen, mein Herr, daß ich nicht von der Zahl derjenigen Philosophen bin, die damit einer gezwungenen Großmuth scheinen wollen, als ob sie Gold und Silber verachteten: es brauchet aber auch keinen philosophischen Stolz, um bey dieser Gelegenheit eine zufällige moralische Betrachtung zu machen; es seye hernach über die unermüdete Begierde, womit die Menschen nach Gold, und Silber trachten, oder über die Leichtsinnigkeit derjenigen, welche so verschwenderisch damit umgehn, da es doch aus dem innersten Erdschoose, und nicht anderst als mit äusserster Mühe und Gefahr gewonnen werden muß: (*) wie es denn oft geschieht, daß die Bergknappen, wann ein Bau oder Gebirge auf einmal eingeht, oder bey der Sprengung der Felsen mit Schiespulver, gequetschet, oder getödtet werden; andere aber durch das böse Bergwetter, oder, wann sie um ihr Licht, und Feuerzeuge gekommen, und folglich im Finstern irrgehen, oder durch andre Zufälle verunglücken.

(*) …Quam bene lividum
Natura tristi difficilis situ
Damnavit argentum, & remoti
Oculuit prope limen orci!
Frustra: Cupido percita soevius
Contaminatis eximit unguibus: &c. Balde

Man hat mir verschiedene Beyspiele solcher leidigen Begebenheiten erzehlt. Ich begnügete mich nicht mit dem blosen Zusehen, wie die Häuer die Erztgänge abstuften: ich begehrete, selbst die Hand anzulegen, und mit Schlägel und Eisen zu arbeiten. Ein Bergmann reichete mir seinen Werkzeug dazu, welcher in einem spitzigen Eisen, und einem eisernen Schlägel, das Pücherlein genannt, bestund: das Erstere setzet man an das Gebirge an, und treibt es mit dem andern hinein, bis daß der Gang stückweise herausgeschrämmet wird. Ich machte es den Häuern nach, und gewann etliche Erztstufen heraus, welche ich sammt den übrigen, die ich ehemals in den schwatzerischen Erztgruben abgestufet habe, in meiner tyrolischen Mineralsammlung zum Gedächtniße aufbehalte. Die Häuer bedienen sich im übrigen auch eines stärkeren Hauzeuges, wie da sind Keilhaue, Judenhammer, Pucher, Fäustel u. d. g. zur Arbeitung des rauchen, kalkichten Schiefergebirges, worinn die schwatzerischen Erzte mehrentheils liegen, wiewohl man dieselbe auch im bloßen Kalchsteine, selten aber im Quarze oder Spathe findet. Die Gänge sind nach der verschiedenen Beschaffenheit des Gebirgs, theils brüchig, gremsig, und schmülmig; theils ganz und derbe. Ihr Gehalt ist Silber und Kupfer: es giebt auch eisenschüßiges Erzt darunter, wie denn etwelche Eisenertztgruben in der Nähe sind. Die vielfärbigen schönen Stufen, womit einige schwatzerische Gruben, insonderheit jetzt die bey St. Nottburg, und bey den vierzehn Nothelfern, prangen, sind die Zierde der Bergkabineter: man findt sie, zumalen in alten Zechen, zur Genüge, wo kräckiges, das ist hohles oder klüftiges Gebirg ist, da das Kupferwasser sich recht ansetzen, und mit Hülfe der kalkichten Steinart, nach vorher gegangener Auflösung, allerley Bergarten mit abwechselnden schönsten Farben erzeugen, auch das vitriolische Bergsalz leicht anschießen, und eine Khrystallisirung verursachen kann. Vor allem aber verdienet der Molachit, oder Malahitstein den Vorzug, welchen man in keinem andern Bergwerke so häufig, und von so verschiedentlicher Gattung, wie hier, antrifft: es giebt grasgrüne, dunkelblaue, schwarze, zweyfärbige etc. die lichtblauen können für Türkiße gehalten werden. Der Malahit steht insgemeine in einem weisen Spate, und wird aus einem mineralischen Bergsafte erzeuget, welcher leicht stocket, und von dem Kupferwasser seine schöne Farbe überkömmt. Der gemeine Mann eignet ihm eine sonderbare Kraft und Tugend zu: er heist ihn auch Schreckstein; vermuthlich, weil er bey denjenigen, die ihn bey sich tragen, wider den gähen Schrecken gut seyn soll.

Wir kehren wieder zu unsern Bergleuten in die Grube zurück .Die nicht Hauer sind, müssen das abgearbeitete Gebirge auf die Seite schaffen, das hältige von dem tauben absöndern, die grossen Kogeln (Steine) zerschlagen, eines nach dem andern zum Füllorte an dem Gapelschachte bringen; wo es sofort in der Tonne bis an die Stürze hinauf geförderet wird; dort müssen es die Trühenläufer, welche Junge von funfzehen bis vier und zwanzig und mehr Jahren sind, in ihre Truhen fassen, und damit zu Tage auslaufen: wo sodann, was von Gängen scheidmäßig ist, auf die Scheidebänke, das übrige auf den Pucher gebracht; der leere, oder wie sie ihn auch nennen, der letzte Berg aber auf die Halde gestürzet wird; wo ihn hernach arme Leute überkutten, oder durchsuchen mögen. Die vorgedachten Bergtrühen, anderswo auch Hund genannt, sind von Holz mit Eisen wohl beschlagen, bey drey Schuh lang, und fünfzig Pfund schwer: sie laufen auf vier Walzen, und haben am Boden einen eisernen Nagel, der Leitnagel genannt, welcher sich zwischen dem Gestänge der Sohle hinabsenket, und darinn mitten durchlauft, damit die Truhe nicht davon abweichen, oder umfallen könne: man hält sie von hinten bey ihrer Handhabe, und stößt sie also vor sich her. Auf diese Weise kann ein Junge auch ohne Licht eine Last von siebenzig bis hundert Pfund, leicht und sicher zu Tage auslaufen.

Das starke Getöne, welches das Rollen dieser Truhen beym Aus- und Einlaufen, in dem Berge machet, und auf viel hundert Schritt weit gehöret wird; nicht weniger das Brudeln eines unter den Füßen stets fortströmenden Wassers, welches man höret, und nicht sieht, indem es unter dem Hauptgestänge durch den Erbstollen seinen Ausfluß nimmt, schien bey meinem Gefährten anfänglich eine kleine Furcht zu erwecken. Ich erinnerte mich dabey von ungefähr, was ich bey einigen alten Naturkündigen, und Bergwerksbeschreibern von den sogenannten Bergmännlein, oder Berggeistern, und insonderheit von denjenigen, die in den tyrolischen Bergwerken wohnen sollen, bey dem Kircher Mund. subter. T. 2. L. 8. C. 4. wo er von den Thieren unter der Erde handelt, gelesen habe. Er hatte sich, ich weiß nicht, von wem, erzehlen lassen, wie die abergläubischen Bergknappen so gar was von Speisen (Muse, Küchen, oder Käse) für diese Bergmännlein, wenn sie bey ihrer Arbeit von denselben nicht wollen beunruhiget, oder gestöret werden, mit sich bringen, und in einen gewissen Ort hinsetzen; wo es so fort von jenen abgeholet werde. Man höre den Berggeist zuweilen mit Schlägel, und Eisen arbeiten; welches ein gar gutes Zeichen, und die Spur einer nahe stehenden reichen Kluft sey: hingegen stehe den Bergleuten ein grosses Unglück bevor, so oft der Berggeist sich zimmernd, das ist, in Holz arbeitend, hören lasse: und was dergleichen albere Mährlein der guten Alten mehr sind. Ich fragte darüber unsern Führer: er versicherte mich, daß man heute zu Tage von dergleichen Wunderdingen gar nichts wisse, und noch weniger glaube: der ehrliche Mann setzte lächlend hinzu: die Alten seyn zu gar leichtgläubig gewesen.

Wir nahmen dieses aufrichte Bekenntniß des Hutmanns, zum Troste unseres Unglaubens, als ein Zeugniß auf, daß bey gegenwärtiger, aufgeklärten Zeit, auch sogar einfältige Leute, wie die meisten Bergknappen sind, den Ungrund solcher Phantastereyen von Bergmännchen, Hexen, Teufelskünsten, Gespenstern, und dergleichen Abenteuerlichen Possen, zu erkennen anfangen: mithin diese Waar bald keinen Werth mehr, als etwa allein noch bey finstern Köpfen, oder solchen Leuten, die dabey einen Nutzen suchen, haben werde. Es ist ihnen, mein Herr, zum besten bekannt, was groß Verdienst Tyrol sich dadurch erworben habe, daß einige seiner Gelehrten die Ersten in Ober-Deutschland gewesen, welche zu unsern Zeiten das vermeynte Hexenreich in öffentlichen Schriften bestritten, und zur Vertilgung einer Meynung, die eben so sehr der Vernunft widerspricht, als unserer heiligen Religion zur Unehr gereicht, den Anfang gemacht haben. Es waren gleichwohl schon zu Kirchers Zeiten Leute in Tyrol, die nichts davon wissen wollten, und von dem Getöse, welches sich zuweilen in dem Gebirge hat hören lassen, und vielleicht die Bergknappen erschrecket hat, ganz natürliche Ursachen anzugeben wußten. Hans Gerwick sagt in seiner Nachrichte von den tyrolischen Bergwerken bey dem vorgedachten P. Kircher L. 10. C. 5. es entstehe daher, daß jeweils in krackigen Gebirgen ganze Stücke sich losmachen, und ganze Wände von selbst eingehen, ohne daß man es sehen könne.

Es haben sich hingegen die schwatzerischen Bergleute von dem schlimmen Bergwetter wohl zu hüten. Dieß ist eine von den Erzten aufsteigende schweflichte, und theils arsenikalische Ausdünstung, so die Grubenluft, wenn die äußere keinen Zug dahin hat, trübe machet, und so sehr verdicket, das sie kein Licht brennen läßt, und den Bergknappen den Athem nimmt; sie auch wohl gar ersticket, oder doch sonst verderbliche Bergseuchen verursachet. Dieß böse Wetter ist gemeiniglich in alten Zechen, welche seit langer Zeit nicht mehr gebauet worden, oder in andern tief gelegenen Gruben. In den schwatzerischen Bergwerken hat man, gleichwie in andern, eigene Wettermaschinen, welche mittelst zweener grossen Wetterfäher, die von einem Wasserrade getrieben werden, und mit Ventiln versehen sind, beständig frische Luft schöpfen, und diese durch eine hölzerne Röhre, oder Lutte in den Ort, wo böses dunstiges Wetter ist, mit Gewalt treiben. Wo es sich thun läßt, werden Durchschläge gemacht: so hülft auch das Schießen dafür, wenn man das in der Grube umher gestreute Schießpulver zugleich angehn läßt. In dem unweit von Schwatz gelegenen Kupferbergwerke am Rörerbüchel ist das böse Wetter viel gefährlicher: es werden darinn die Schwefeldünste zuweilen so dicke, daß sie von den Berglichtern sogar, gleich einem Blitze, oder Irrwische, sich entzünden, die Leute zur Erde schlagen, und ihnen die Haare, und Kleider besengen.

Nachdem wir drey Stunden in dem Berge herumgefahren waren, nahmen wir unsern Weeg durch den Erbstollen zurück heraus. Glauben sie aber nicht, daß wir alle Gruben befahren haben. Wir mußten uns nur mit zween begnügen lassen, ob ihrer schon am Falkenstein mehr als dreyßig, jede mit ihrem besonderen Mundloche, gezehlt werden. Bey unserer Ausfahrt fanden wir das Mundloch verschlossen, und dabey eine Wache von zweenen mit hölzernen Hellebarten bewaffneten Knappen, die etliche Knittelreime daher sprachen. Wir fertigten sie mit einem Trinkgelde ab, und giengen die Kramen und Taggebäude zu sehen: unter diesen sind die ersten die Scheidestuben: da trafen wir einige Bergleute und Gesellen an, welche ihre gewonnenen Erzte schieden, und säuberten. Dieses geschieht also: die Grubenkleinen werden auf die Scheidsteine gebracht, daselbst mit dem Scheideeisen so lange, und viel zerstücket, und geschrotet, bis der Gang vom Berge, das Gute vom Tauben, sich scheiden läßt: das letztere wird als unnütz, auf die Halden gestürzet; jenes aber muß auf die Kläubertafeln kommen: da machen sich sofort die Jungen darüber her, um den Bruch und Zagel zu durchkutten; das bessere von dem geringern, und beydes vom Berge und noch übrigen Unrathe zu scheiden. Wir mußten ihren Fleiß bewundern, und daß Buben von zehen, oder zwölf Jahren schon geschickt sind, ein bergmännisches Scheidewerk zu machen: man giebt einem dieser Bursche des Tags nicht viel mehr, als einen Groschen Löhnung, bis daß er mit zunehmenden Jahren in den Stand kömmt, sich mehr zu verdienen. Ueberhaupt wird zu einem rechten Scheidwerke viel Fleiß erfordert: die Gruben- und Scheidkleinen müßen in Rebsieben, sodann in Kernsieben öfters durchgelaßen, und im Wasser vielmalen abgehoben , der Schlamm , und aller Unrath wohl abgetrieben werden, bis daß man den Rausch, welcher das vollkommenste gesäuberte ist, gewinnet.

Die armen Erzte, und was sonst nicht scheidmäßig ist, kommt auf den Pucher, wo es gepucht, sodann gewaschen, und auf den Schlich gezogen werden muß. Die Puchmaschine ist eine der leichtesten in ihrer Art: der Wellbaum wirb durch das Wasserrad getrieben, und hebet im Umlaufen die Puchschießer, welche funfzig Pfund schwere Stämpfel, und mit Hebtatzen versehen sind, einen nach dem andern wechselsweise in die Höhe, und läßt sie wieder fallen: der gepuchete Erzt geräth hiernach gar unter die Hände der Weiber: diese zerreiben es im Wasser auf der Wäschhaupte mit Kisten, und Besen, die aus Tannenreisern gemachet sind: da denn der Schlamm durch das öftere Waschen davon geht; der Schlich aber auf dem Grunde sitzen bleibt. Endlich wird es getröcknet, und gleich dem übrigen Erzte, zu Wasser in die Schmelzhütte zu Brixleck [Brixlegg], oder in jene zu Jenbach gebracht. Von diesen Hüttwerken werde ich vielleicht Gelegenheit haben, Ihnen, mein Herr, ein andersmal Nachricht zu geben.

Nur so viel kann ich hier nicht unbemerkt lassen, daß ich vor Jahren einmal einer Bergraitung (so heißt es zu Schwatz, wann vor der Aufnahm der monatlichen Bergrechnungen eine Grube von höhern und mindern Bergbeamten in abgetheilten Parteyen befahren, das Nothwendige sogleich an der Stelle angeordnet, und das übrige zu weiterer Verfügung vorgemerket wird) beygewohnet habe. Als wir aus dem Berge zurück kamen, wartete auf uns ein zum Mittagmahle zubereiteter Tisch in einer Grubenhütte. Ich wurde dabey zu Gaste gebeten, und nahm die Einladung mit vielem Vergnügen an. Die Gesellschaft, ausser mir, war vollkommen bergmännisch. Man speiste an drey verschiedenen Tischen, an welche sich die anwesenden Ober-und Unterbergmeister, Einfahrer, Grubenschreiber, Hutleute u. s. f. jeder nach seinem Range setzeten. Doch wurde vorher von den erstern Bergbeamten einander Bericht erstattet, was sie bey der Befahrung des Berges in dem Beschaue der Gruben und Zechen wahrgenommen hatten: alles mit guter Ordnung: wobey in den Anreden verschiedene bergmännische Ehrensprüche angebracht wurden. Das Mittagessen hat meine Erwartung weit übertroffen: man vergaß auch dabey nicht, auf künftigen guten Bergseegen zu trinken, und die Bergleute waren gutes Muthes. Sie können sich aber, mein Herr, nicht vorstellen, wie sittsam auch der geringste aus ihnen sich dabey aufführte. Der Bergknappe ist bey der unter diesen Leuten allerorten eingeführten strengen Einrichtung, gleich den Soldaten, an die Mannszucht, Ordnung, Gehorsam, und Ehrfurcht gegen seine Obern gewöhnt; wie es denn auch bey einem meistentheils armen, und daher verwegenen Volke nothwendig ist: man sollte aber nicht glauben, daß unter den Bergleuten so viel Leutseligkeit, und gefällige Art gegen Fremde zu finden wäre. Sie verehrten mir bey meinem Abschiede einige schöne Erztstufen, und Farbsteine, womit ich meine Sammlung tyrolischer Mineralien vermehret, und nebst dem zu Schwatz ein kleines Bergwerk gekauft habe. Sie stutzen darüber: ja Sie sollen es ohne Mühe sehen: es ist ein kleines von mineralischen Handsteinen artig zusammen gesetztes Kästgen, welches das Gebirge, und in kleinen sich rührenden Figuren auch die Bergleute, jeden bey seiner Arbeit vorstellet, und von der Hand eines hierinn geschickten Meisters, mit Namen Franz Oberholzer [Anm.: dieses angesprochene Miniatur-Bergwerk oder ein vergleichbares Stück aus der Werkstatt Oberholzer ist bis heute erhalten], ist.

Ich schließe für diesmal, und verharre, mein Herr, ihr ergebenster Freund.

Anmerkung: Hinweise auf mögliche Fehler sind willkommen!

Quelle: Joseph von Sperges, Tyrolische Bergwerksgeschichte, mit alten Urkunden, und einem Anhange, worinn das Bergwerk zu Schwatz beschrieben wird, Wien 1765. Schreiben an einen Freund, Worinn das Bergwerk zu Schwatz beschrieben wird, S. 287 - 335.
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