Wetterregeln der Gegenwart:
Eine Wolkenart wird (derzeit noch?) von keiner
Bauernregel erfaßt, obwohl sie ein eindeutiges Zeichen am Himmel
ist. Die Rede ist von Kondensstreifen
der Düsenflugzeuge. Sie entstehen,
weil durch die Verbrennung von Kohlenwasserstoff neben einer Menge von
Schadstoffen auch ein völlig harmloser Stoff in die Atmosphäre
gebracht wird: Wasser.
Es ist in den Höhen, in denen die Flugzeuge üblicherweise unterwegs
sind, also in 8 bis 11 Kilometern Höhe Mangelware. Noch schlechter
sieht es in diesen Höhen mit Kondensationskernen aus. Das heißt:
Auch wenn ein paar Wasserdampfmoleküle vorhanden sind, sie können
sich nicht zusammenballen, weil sie nichts finden, um das herum sie sich
legen könnten. Düsenflugzeuge bieten alles im Übermaß:
Wasserdampf entsteht bei der Verbrennung, also der Verbindung von Wasserstoff
mit Sauerstoff. Als unbeabsichtigtes Nebenprodukt entstehen noch rauhe
Mengen von Kondensationskernen. Es sind die Rußteilchen, die Kohlenwasserstoffe,
die in den Düsenmotoren während der Verbrennung des Kerosins
in den Düsenmotoren entstehen. Die Kondensstreifen würden, wäre
die Luft in der Flughöhe unserer Jets frei von Wasserdampf, sofort
verdunsten, das heißt: die sichtbaren Wassertröpfchen (bzw.
Eispartikelchen) würden sich sofort wieder in unsichtbaren Wasserdampf
verwandeln.
Je feuchter die Atmosphäre in dieser Höhe ist, desto länger
werden sich die künstlich geschaffenen Wolken halten - und wenn noch
dazu selbst in der Höhe Aufwinde herrschen, werden die Wolken, die
Kondensstreifen, sogar weiter wachsen.
Alles Anzeichen dafür, daß die Luft feucht ist - und das ist
in dieser Höhe ein untrügliches Zeichen für herannahende
Fronten:
"Wohin das Flugzeug fliegt:
Wird sein Kondensstreif dick,
nimm Dir den nächsten Jet
und flieg weg!"
Weitere Wetterregeln der Gegenwart:
Kurios klingt wohl, daß ein Gewitter drohe,
wenn die Haare beim Kämmen knistern. Denn dann scheint die Lage wohl
schon ernster zu sein: Wenn die Haare zu knistern beginnen, ist es allerhöchste
Zeit, sich vor dem unmittelbar bevorstehenden ersten Blitz (der kann schon
kommen, bevor es regnet) in Sicherheit zu bringen. Moderne Menschen können
das am besten, indem sie sich in ein Auto setzen und das Gewitter abwarten.
Ansonsten nützt nur noch: weg von ganz exponierten Stellen wie Graten,
freien Flächen und Stromleitungen, in Kauerstellung Beine geschlossen
halten und hoffen! (Vom Blitz getroffen zu werden ist zwar noch 15mal
unwahrscheinlicher als im Lotto 6 aus 45 zu gewinnen, aber deutlich gefährlicher!)
"Wenn die Brunnenröhren schwitzen,
regnet es bald":
Natürlich können
Sie auch im Keller feststellen, daß die Luft feuchter geworden ist.
Das Wasser hat jahraus, jahrein fast dieselbe Temperatur - und die Luftfeuchtigkeit
ist ausschließlich von der Temperatur abhängig. Das heißt,
je weniger Kondenswasser sich am Brunnenrohr bzw. der Wasserleitung bildet,
desto trockener muß die umgebende Luft sein. Wenn vor allem im Sommer
die sowieso schon schwüle Luft noch feuchter wird, braucht man kein
großer Prophet zu sein, um zu ahnen, daß es regnen könnte.
Als moderner Mensch sind Sie natürlich im Besitz eines Hygrometers.
Ganz moderne Menschen verwenden dazu elektronische Geräte, Nostalgiker
noch das alte (aber nicht zu überbietende) Haarhygrometer. Für
beide gilt: zweimal im Jahr eine Stunde in ein feuchtes Tuch einschlagen
- die Anzeige sollte dann auf 100 Prozent Luftfeuchtigkeit lauten. Tut
sie es nicht, ist entweder das Tuch ausgetrocknet oder Sie müssen
Ihr Gerät neu einstellen. Beim Haarhygromter gibt es dafür eine
Schraube, bei der Elektronik ein neues Gerät!
Egal womit sie die Luftfeuchtigkeit messen: Steigt sie auf höhere
Werte an als in den Tagen zuvor, wird das Wetter eher regnerisch bzw.
gewittrig. Die Wasserleitung erfüllt immerhin qualitativ denselben
Zweck - und gehen Sie ruhig einmal in Ihren Keller zum Nachschauen - es
soll schon Hausbesitzer gegeben haben, die eine undichte Wasserleitung
erst nach der jährlichen Abrechnung der Wasserkosten entdeckt haben!
Quelle: Erhard Berger, Wettergeschichten aus meteorologischer Sicht, in: Tiroler Wettergeschichten, Gunter Bakay, Petra Streng unter Mitarbeit von Erhard Berger, Innsbruck 2000. S. 81 - 115. Hier zitiert: S. 109 - 112.