Etwas über das Heuziehen ("Heibringa") im vorderen Villgratental

von Hans Trojer, Bauer und Gemeindesekretär in Villgraten, 1937

Etwa um die Zeit, sobald die Herbstarbeiten wie Getreidedrusch, Erdaufführen, Ausbringung des Herbstdüngers auf die Felder sowie die alljährlichen Herbstarbeiten im Walde vollendet sind, vorausgesetzt, dass der Winter nicht schon vorher seinen Einzug hält, denkt der Villgratner Bauer an das „Heibring" und beginnt mit dessen Vorbereitungen. In erster Linie werden „Ferglen" und „Schlieten" auf etwa notwendige Ausbesserungen untersucht und für zerbrochene „Fergelstäbe" aus dem Wald geeignete, sogenannte „welche" (= welke), d. h. im Absterben begriffene, junge Fichtenstämmchen von ca. 2 Meter Länge geholt und anstelle der zerbrochenen „Staabe" eingesetzt. Frische Stämmchen gefrieren im Winter und würden daher leicht brechen. Ebenso sind dürre Stämmchen ungeeignet, weil sie leicht abbrechen.  Desgleichen werden die etwa gerissenen „Wiede" an den Fergeln, wie etwa „Vorder- und Hinterwiede", ersetzt; sie bestehen aus zusammengedrehten Wurzeln oder Weidenzweigen; heute werden sie schon vielfach durch Drahtseile ersetzt, die aber fürs Heuziehen von den Bergwiesen, d. h. auf Heuriesen, ganz und gar ungeeignet sind, weil sie in der Kälte schwer mit den Händen anzufassen sind. Ebenso werden die „Klöbelan" (Kloben), durch welche das Bindseil (Hanfseil) oder die Lederstricke hindurchgezogen werden, untersucht; „Wiesenbäume" und Unterhölzer werden ebenfalls auf die notwendige Anzahl und Gebrauchsfähigkeit untersucht und etwaige Schäden behoben. Die „Schlieten" werden auf Fehler und Mängel geprüft, bei denen es meistens an den seitlich angebrachten Stangen und den geflochtenen Ringen, mit denen die Stangen befestigt sind, fehlt. Das Schlittenholz, die sogenannten „Kuichn" oder „Kuechin" (auch „Füchse" oder „Lasn" genannt), aus Buchenholz gefertigt, werden meistens aus dem Gailtal (Luggau) bezogen, und zwar schon ein paar Jahre vorher, damit das Holz richtig austrocknen kann; dann gehen die Villgratner Tausendkünstler erst daran, den „Schlieten" anzufertigen, damit dieser die geschaffene Form auch später, allen Witterungsverhältnissen trotzend, beibehält, d. h. die „Kuichn" sich nicht nach allen Richtungen verziehen und drehen und so fürs „Heibring" unbrauchbar werden. Zum „Heibring" gehören also „Schlieten mit Spörrkötn" (Hemmkette, Kette zum Bremsen), „Fergel", „Wissebam", Unterholz, „Bintsaal" und „Gurte" (ein dünnes längeres Hanfseil von 10-12 m Länge). Ohne dieses Rüstzeug darf der Heubringer nicht vom Hause fortgehen. Die Mutter schaut im Schmalzhafen, ob der Inhalt wohl etwa die „Heibring"-Tage zu überdauern imstande ist und trägt rechtzeitig für dessen Nachfüllung Sorge. Spätestens am Andrä-Markt (30. Nov.), wenn nicht schon früher, sagt die Mutter zum Vater: „Du, Voter, vergiß öppa öt s'Nigilamehl zi kafn, sist dorwort i'n Heibringarn hoir öt au!" (Du, Vater, vergiss nicht das Nigilamehl zu kaufen, sonst kann ich den Heubringern heuer nicht aufwarten). Die „Nigelen" sind eine in Schmalz herausgebackene Mehlspeise.

Selbstverständlich trägt der Vater diesem Verlangen Rechnung, weil man's von alters her so gemacht hat. Der Fundamentalsatz „ohne Nigilan ka Heibring" hat auch in heutiger Zeit beim Bauern seine Gültigkeit und wohl auch seine Berechtigung, weil der Villgrater „Heibringa" zu dieser sehr anstrengenden Arbeit eine ordentliche Schmalzkost unbedingt braucht. Auch bezüglich der Kleidung schaut die Mutter rechtzeitig nach, ob die „Stieffeletten" (Gamaschen) aus Loden für „Mander und Buibm" wohl in Ordnung sind, ebenso die gestrickten Handschuhe in schwarz oder grau und die Schneehaube. Letztere wird über Kopf und Ohren gezogen, denn das Wetter auf der Alm macht manchmal alle „Tanz" und es ist gut, wenn jeder Heuzieher mit diesen Kälte- und Wetterschutzmitteln ausgerüstet ist. Ebenso notwendig sind gut genagelte Bergschuhe und Fußeisen, insbesondere bei eisigen Riesen und Wegen. Wenn uns nun um die Zeit bei St. Nikolaus (6. Dez.) herum eine Schneeauflage von 60 cm aufwärts beschert wird, dann ist die Zeit des „Heibringens" gekommen und es wird erstmals das Heu von den entferntesten Bergwiesen und Alpen, so vor allem aus dem Volkzein im Winkeltal und aus Brandwiesen und -alpen geholt und man wartet noch ab, bis der Himmel hell und klar wird und beginnt dann die Wege aufzumachen. Am ersten Sonn- oder Feiertag nach einem günstigen Schneefall, mitunter auch unter der Woche, wird für alle Interessenten, welche den Weg oder die Riese benützen, das „Wegmachen" angesagt und gleichzeitig die „Heibringa", die gewöhnlich schon vorher „gewungen" (= gebeten) werden, mit Angabe des Zeitpunktes des Aufbruchs in der Nacht verständigt. Gleichzeitig mit dem Weg-, Riß- und „Fossestaot"-machen, welches 1-2 Tage Arbeit erfordert, trachtet jeder Besitzer, ein „Birl" (= Bürde Heu) heimzubringen und man nennt dies „Riße- und Wegunzoichn" (= herrichten), damit am folgenden Tag alles leichter vonstatten geht und man schneller nach Hause kommt. Unterdessen sind daheim die Weiberleut mit „Nigilan- und Blattlanbochn" (Die einfachen „Blattlan" sind dünne Teigflächen, die gebacken werden. Hier handelt es sich aber um die festtägliche Form der „Schmalzblattlan") sowie mit den übrigen Vorbereitungen zur Bereitung einer kräftigen „Heibringa"-Kost beschäftigt und in allen Häusern ist das Bestreben, nach Können und Haben das Beste zu leisten, um die „Heibringa" in allen Stücken zufriedenzustellen. Am Abend finden sich die zum „Heibring" gedungenen Personen, die gewöhnlich aus dem Kreis der früheren „Heibringa" stammen, mit dem „Gebinte" (Bind- und Gurtseil) sowie den „Stieffeletten" und Fußeisen über der Achsel, der Reihe nach ein, im Durchschnitt sind es 5—8 Personen, um sich noch vor dem Aufbruch durch Ruhe und ein paar Stunden Schlaf zu stärken. In Kammern und Stube werden hiefür notdürftige Lagerstätten hergerichtet. Zwei Holzschrägen mit ein paar Brettern darüber, Strohsack mit zwei Leintüchern und einer Decke, mit Kopfpolster, und das Lager für 2 Personen ist fertig. Der Weckruf zum Aufbruch — durch die Mutter oder Wirtschafterin erhoben — ergeht zwischen 11 Uhr abends und 2 Uhr früh, je nach Entfernung und Übung. Vor dem Fortgehen der „Heibringa" haben die weiblichen Personen keine Zeit zur Ruhe und können sich erst nachher mit ein paar Stunden Schlaf ausruhen. Zum Frühstück kommt der Reihe nach auf den Tisch: Eingekochte Fleischsuppe mit Fleisch- und Speckbrocken, angemachte „Boan mit Mogn" (Bohnen mit Mohn), Reismus mit Weinbeeren darauf und reichlich Schmalz oder geröstete Polenta, der mit „Mogn" angemachte „Blattlstock" (= übereinander zu einem hohen „Stock" aufgetürmte „Blattlan", die mit Schmalz übergossen werden.) und zuletzt „Nigilan" mit Kaffee oder gekochter Milch, je nach Wunsch des einzelnen. Jeder Heibringer bekommt noch ein gebackenes Blattl zum Einstecken mit und nun geht's nach einem Griff ins Weihbrunnkrügel und „in Gottes Namen" in die Sternen- oder mondhelle Nacht hinaus. Vollmondnächte sind besonders begehrt, weil man sich die Mitnahme von Fackeln oder Laternen für den Weg erspart. Doch zum „Birlan-aulögn" (= aufladen) ist Licht unerlässlich. Die erste Arbeit, sobald man außer Haus ist, ist das „Schlieteisen" (= eisig machen der Schlittenkufen). Der Schlitten wird auf die Kränze gestellt, d. h. die Sohlen obenauf, und mit der flachen Hand von etwa anhaftendem Schnee oder Eis befreit und gleichzeitig die „Kuichn" etwas angewärmt. Dann wird mit einem Leinenfetzen, der in kaltes Wasser getaucht wird, ein paar Mal über beide Sohlen (Kufen) mit der Richtung von vorne nach hinten gefahren, bis sich eine feine Eiskruste darauf gebildet hat; zuletzt mit der warmen, flachen Hand darübergestrichen und der Schlitten geht so leicht als wie geschmiert. Nun wird der Schlitten wieder in seine richtige Stellung gebracht, Fergel mit Zubehör aufgeladen und der drei- bis fünfstündige Fußmarsch mit 30—40 Kilo Ziehlast, welche ab und zu auch getragen werden muss, beginnt. Auf der ganzen Wegstrecke - geredet und geplauscht wird sehr wenig, weil jeder mit dem Schnaufen genug hat - werden zwei bis drei Rastpausen an von alters her bestimmten Stellen eingeschaltet, um sich zu vergewissern, dass wohl alle nachkommen. Die Jungen zünden eine Zigarette und die Älteren ihr altgewohntes Pfeiflein an. Vor dem Weltkrieg (von 1914 bis 1918) und auch noch die ersten Jahre nachher war es Sitte, auch ein bis zwei Halbelen Schnaps mitzunehmen, die man auf einen Schluck wegen des Verkühlens in der Runde herumgehen ließ, was später infolge der Notlage und Geldknappheit der dreißiger Jahre völlig außer Brauch gekommen ist. An der Stelle, wo es steil bergan zu den einzelnen Heuschupfen auf die Berghochwiesen geht, werden die Schlitten zurückgelassen und einzeln in den weichen Schnee gesteckt, damit die aufgehende Morgensonne das Eis an den Sohlen zur Schmelze bringen kann. Jetzt beginnt mit Fergel und dem ganzen Zubehör beladen der manchmal äußerst mühsame Aufstieg, wobei das Unterholz als Gehstock recht gute Dienste leistet. Ein Juchetzer kündet den Nachkommenden an, dass der erste „Heibring" bei der Schupfe, das ist am Ziele, angekommen ist. Bei eisigen Riesen ist es öfters vorgekommen, dass der erste oder zweite Mann gestürzt ist und durch die Rutschpartie auch die nächstfolgenden Männer zu Fall gebracht hat und alle in der nächsten Grube oder dem nächsten Kessel gelandet sind. Ein paar derbe Ausdrücke, wenn es mit Hautabschürfungen abging, und mit der Mahnung: „besser aufgepasst!", wird wieder weitergeschritten. Bei der Schupfe angelangt wird nochmals eine kurze Rast gehalten, und nun beginnt mit Eifer die Arbeit des „Birlfossens" (= Aufladen). Der Mann, der als erster auf dem Heimweg vorausfährt, ein junger starker Bursche, der auch die Gefahrenstellen überblickt und durch Vorsicht zu meistern versteht und den nächsten Mann darauf aufmerksam zu machen hat, legt seine Fergel auf die Faßstatt. Hinten wird ein Heuständer, welcher dem Birl die richtige Form geben soll, aufgestellt, das Bindeseil wird durchs „Fergeljöchl" gezogen und dessen Enden schlingenartig über den Ständer gelegt. Als Unterlage auf die Fergel kommen zuerst kreuzweise übereinander gelegte Lutterstauden, welche schon im Herbst dazu vorbereitet worden sind, manchmal auch Stroh, wobei besonders darauf geachtet wird, dass kein Mann etwa über die Fergel steigt, da allgemein die Ansicht verbreitet ist, daß ein solches Birl „gewölgn" (= hinabkollern) wird; der Mann muss, wenn er etwa darüber gestiegen ist, an derselben Stelle wieder zurücksteigen; dadurch ist der Fehler wieder gutgemacht. Auf die Stauden- oder Strohunterlage, welche den Verlust des würzigen Bergheues auf der Riese herabmindert, werden ein paar Heupflaster gegeben, ebenso an die Ecken, um so die Breite des Birls festzulegen; dann folgt Lage auf Lage, bis die Vorderseite auf Schulterhöhe des Mannes, welcher das Birl zieht, angewachsen ist. Dann dreht sich der Fasser um und gleichzeitig steigt hinten ein Mann auf die Sprossen des „Heistondas" (= Heuständers) oder sonst einer angebrachten Erhöhung, um dem Birl nun gemeinsam mit zugekehrten Gesichtern eine schöne Form zu geben, auf die der Villgrater Bauer sehr viel gibt und auch jeder „Heibringa" eine gewissen Stolz dreinsetzt, das schönst geformteste Birl nach Hause zu bringen. Mit dem Rufjüngeren des Birlfassers „Holz!" (darunter ist Wissebam und Unterholz zu verstehen) ist das Aufladen vollendet und das Birl wird gebunden, welches wiederum eine Eigenart in sich schließt. Zuerst wird die vordere „Fergelwitt" an die „Noose" (= Nase) des Wissebams eingehängt, das Unterholz auf die höchste Stelle des Birls gelegt, das Bindeseil wird mit sogenannten Latzmaschen an einem Holznagel des Wissebams befestigt und das andere Ende des Bindeseiles von der entgegen gesetzten Seite über eine natürliche Astkrümmung des Wissebams geschlungen. Ein Mann zieht unten am Boden an und der andere auf dem Birlan schlingt das Seil um seine Mitte und unter dem taktmäßigen Rufe „Ho-rugg, ho-rugg!" beider Personen wird so lange angezogen, bis der Mann auf dem Birl nach schrittweisem Heruntersteigen und gleichzeitigem kräftigem Zuge mit seinem Hinterteil nahezu den Boden erreicht. Seitlich passen je ein Mann auf, dass das Birl immer gerade steht und etwa dabei ja nicht „schelch" (seitwärts geneigt) wird. Darauf wird das Bindseil am Wissebame festgemacht, die Seilgurte vorn am mittleren Fergelstabe eingezogen, das Birl noch von oben nach unten und von vorne nach hinten schön geputzt und vom losen Heu befreit und das erste Birl steht abfahrbereit da. Bei der Arbeit des Putzens passiert jüngeren Heibringern am Anfange das Mißgeschick, dass sie mit dem Rufe von seiten der Älteren: „Wosche den öt, dass die schean Gitschelen si hinterwärts kampeln?" (weißt du denn nicht, dass die schönen Mädchen sich nach hinten kämmen?) gerügt werden. Im Durchschnitt erfordert die Arbeit des Aufladens und der Fertigstellung eines Birls eine Zeit von etwa 20-25 Minuten. Ganz tüchtige und geübte Personen werden auch in 15 Minuten damit fertig. So geht es weiter bis zum letzten Birlan, welches mit dem Restheu beladen den Namen „Braut" führt und dieselbe wird mit Federn, das ist mit Stauden, an den beiden oberen Ecken geziert und als solche gekennzeichnet, damit andere Heibringa sehen und wissen, dass die Schupfe vom Heu entleert ist. Die Braut zieht entweder der Bauer selbst oder der älteste Heibringa hintennach. Sobald nun alle Birlan fertig zur Abfahrt gestellt sind, wird noch die Faßstatt gereinigt, das in der Lodenrocktasche steckende Blattl verzehrt, wiederum das Kreuzzeichen gemacht und mit Ausrufen „In Gottes Namen" beginnt die Abfahrt. Der erste Mann mit seinem Birl wird immer ein Stück voraus gelassen, damit dieser an gefährlichen Stellen die Nachfolgenden rechtzeitig aufmerksam machen kann; oftmals muss er hier warten, damit ihm diese darüber weghelfen. Bei der „Auschlietinge" (= Ladstatt) angekommen, werden nochmals, wie bereits beschrieben, die Schlitten geeist, nochmals die Birlan auf ihre Festigkeit untersucht, allenfalls, wenn sie auf der Riese „rogl" (= locker) geworden sind, gebunden und auf den Schlitten befestigt, und nun beginnt die Schlittenfahrt.

In früheren Jahren war es auch Sitte, dass die verschiedenen Heibringa im Volkzein zur Talfahrt zusammen gewartet haben, so dass 30-40 und auch mehr geschlossen die Heimfahrt durch's Winkeltal mit Freude und lautem Jubel, wenn alles gut beisammen war, angetreten haben. Hatte nun der eine oder andere das Unglück des „Wölgens" (= Stürzens), so sind ihm die Nächstfolgenden, ohne dass er bitten muss, behilflich, das Birl wieder in Ordnung zu bringen. Weit schlimmer ist, wenn an gefährlichen Absturzstellen Birlan sich überstürzen. In solchen Lagen ist es schon öfters der Fall gewesen, dass nur mehr das Gebinte (Binde- und Gurtseil) geborgen werden konnte. Der betreffende Mann konnte von Glück reden, wenn er selbst unverletzt davongekommen war. Deswegen wird von den erfahrenen Heibringarn immer wieder davor gewarnt, ja nicht das Seil an gefährlichen Stellen über die Achsel, sondern nur in die Hand zu nehmen, damit bei einem Sturz das Mitreißen des Mannes eher verhindert und Verluste an Menschenleben wie bisher doch eine Seltenheit bleiben. Nach etwa 10-12 Stunden Abwesenheit kommen die Heibringa in guter Laune und siegesbewusst, wenn auch müde und matt, nach Hause und stärken sich noch vor dem Abladen mit einer warmen Jause, bestehend aus Kaffee, Tee und Nigilan. Nachdem die Arbeit des Abladens getan und die Geräte wieder für den nächsten Gang geordnet und beisammen sind, wird zur Einnahme des Heibringa-Mittagsmahles geschritten, welches inzwischen von der Mutter nach allen Regeln der Kochkunst zubereitet worden ist und vor dem Weltkriege 1914/ 18 geradezu einem Hochzeitsmahl glich. Der Reihe nach wird aufgetragen: Wohlschmeckende Rollgerstensuppe mit Schöpsenfleisch, Zöttlkraut mit Speck und Fleischschnitten oder Kartoffel anstatt des Krautes, Fleisch oder Milchreis, Knödel mit Kraut, dann der bekannte Blattlstock und zuletzt Nigilan mit Milch oder Kaffee, letzterer seit dem Kriege vielfach durch den Tee verdrängt. Die Unterhaltung während des Mahles erstreckt sich fast ausschließlich auf den Gang der Fahrt mit gleichzeitiger Auffrischung von Geschehnissen und Ulken aus früheren Jahren und von Personen, die schon längst im Grabe schlummern. Bei solchen Anlässen hätte ein Heimatforscher Gelegenheit, eine reiche Blütenlese zu sammeln. Nach der Mahlzeit wird noch ein Pfeifchen Tabak oder eine Zigarette geraucht und alle strecken ihre müden Glieder auf ein bis zwei Stunden zur wohlverdienten Ruhe auf den primitiven Lagerstätten aus. Hernach findet man sich wieder zusammen und macht einen Tarogger, Bieter oder Watter und unterhält sich so bis zur Einnahme des Nachtmahles, welches für gewöhnlich aus aufgewärmten Überresten des Mittagsmahles besteht, ein Zeichen, dass die Mutter wohl darauf bedacht war, reichlich zu kochen. Mit Ausschau nach der Witterung und den sonst gewöhnlichen Rosenkranz den Patern (= Klostergeistlichen) überlassend, suchen die Heibringa mit einem andächtigen „Gelobt sei Jesus Christi!" ihr Lager auf, um frische Kraft zu sammeln für den zweiten Gang in der Nacht, wenn die Witterungsverhältnisse dies irgendwie erlauben.

Quelle: Hans Trojer, Etwas über das Heuziehen ("Heibringa") im vorderen Villgratental, in: Hermann Wopfner, Bergbauernbuch. Von Arbeit und Leben des Tiroler Bergbauern, 3. Band, Wirtschaftliches Leben, VII. - XII. Hauptstück. Aus dem Nachlass herausgegeben von Nikolaus Grass unter Mitarbeit von Dietrich Thaler, Innsbruck 1997, S. 342 - 346.
Rechtschreibung behutsam neu bearbeitet und auf den aktuellen Stand gebracht.
© digitaler Reprint: www.SAGEN.at