Auf dem Hühnerhof.

Setzt man eine Henne, eine Gans oder eine Ente zum Brüten, so hat man, soll die Brut gedeihen, die Eier in einer Männermütze, am besten in einer heimlich weggenommenen, in das Nest zu tragen. (Angerburg. Königsberg.)

Im Samlande nimmt man dazu eine Pelzmütze, weil sich aus den Eiern "behaarte" Thiere entwickeln sollen. Man legt nun ein Ei nach dem andern in's Nest und spricht jedesmal:

Glatt rön, ruuch rut!

Glatt hinein, rauch heraus! -

In Masuren wird bei dieser Gelegenheit das Nest dreimal bekreuzt und dabei der Segen ohne Amen gesprochen. Unter das Nest legt man einen Stahl, damit bei etwaigem Gewitter die Brut nicht betäubt werde. In andern Gegenden legt man Stecknadeln in's Nest, damit recht viele Küchlein auskommen und läßt, um nicht die Brut der Gans zu verderben, keine Blumen an sie bringen. (Pr. Pr.-Bl. XXVII, S. 241.)

Zu einem segensreichen Gedeihen der Brut trägt wesentlich auch der Stand des Mondes bei: man setze die Brut nie in abnehmendem, sondern stets in zunehmendem oder vollem Lichte.

Sind die kleinen Geschöpfe aus dem Ei gekrochen, so bestreiche man nach einigen Tagen ihre Köpfchen mit Schwefel oder Theer - dann nimmt die Krähe keines. - In der Wehlauer Gegend schneidet man den jungen Gänsen, ehe man sie zum erstenmale auf die Weide läßt, die Spitzen der Schwanzfedern ab, zündet dieselben an und hält dann die jungen Gänschen in einem Siebe über den aufsteigenden Rauch. Man hat auf diese Weise sie gegen jedes Unglück gesichert. Im Samlande (Rauschen) besengt man die Thierchen überhaupt, legt sie in ein Sieb und zu ihnen drei Steine. Mit diesen trägt man sie hinaus, schüttet es aus dem Siebe und wirft den ersten Stein nach rechts mit den Worten:

Dat öss fer 'm Storch!

Der zweite Stein wird nach der linken Seite geworfen mit den Worten:

Dat öss fer de Kreeg!

Der dritte Stein wird geradeaus geworfen und dabei gesprochen :

Dat öss fer 'm Hafke!

Gewöhnlich schüttet man die junge Brut, wenn man sie zum erstenmal in's Freie läßt, durch eine Männerhose, einen Frauenrock oder ein Hemde - es verläuft sich dann keines der Thierchen, alle bleiben vielmehr hübsch beisammen.
(Samland. Dönhoffstädt.)

Dann nimmt man drei Steine (s. oben), wirft diese in die Höhe und ruft:

Hutsch ha! Hutsch ha, du Kreegefoot!
Frett Klut' on kleene Steen'
On lat mi mine Entkes (Gänskes etc.) alleen!

Oder man nimmt soviel Stückchen Sprock (dürres Reisig) oder Holz, als man Brut hat, wirft diese Stückchen in die Höhe und ruft:

Hutsch ha! Hutsch ha, du Kreegefoot!
De Gessele (Entkes etc.) fer mi
On de Spröck'le fer di!

Thut man solches, so nimmt die Krähe kein Junges. Doch kann der ganze Zauber gestört werden, wenn in dem Hause, zu welchem die Brut gehört, während der Handlung ein Messer auf Töpferzeug geschärft wird. (Samland.)

In der Gegend von Angerbnrg wird die junge Brut, bevor sie in's Freie gelassen wird, geräuchert. Zu diesem Zwecke wird ein Theil des Nestes in einen Topf gelegt, in dem sich ein Rauchfeuer befindet, auf welches man auch etwas Schießpulver schüttet. (Im Dönhoffstädt'schen legt man noch Schrot hinein.) Sodann errichtet man aus mehreren Steinen eine Art Brücke, unter welcher man die Brut in's Freie laufen laßt. Die Steine wirft man rückwärts über sich, dabei sprechend:

Das ist für die Krähe! Das ist für den Habicht!
Das ist für den Wolf! Das ist für den Iltis!

Durch diese Handlung werden die Thiere gegen die genannten Räuber geschützt.

In der Gegend von Marggrabowa wird die junge Brut bei ihrem ersten Ausgange durch einen Tonnenreifen gesetzt, damit sie von der Weihe verschont bleibe.

Zum Schlusse dieses Abschnittes sei noch angeführt, daß Hühner gut legen, wenn man sie am Sylvesterabend mit weißen Erbsen füttert. (Samland.) Im Kreise Goldap nimmt man am ersten Weihnachtsfeiertage und am Neujahrstage einige Hände voll Erbsen in der Tasche zur Kirche mit und rührt dieselben während des Segens dreimal um. Heimgekehrt, füttert man Enten, Gänse, Hühner etc. damit, was deren Fruchtbarkeit fördern soll. (An den genannten Tagen - oft schon beim ersten Hahnenschrei - füttert man dort zu gleichem Zwecke sämmtliches Vieh mit ungedroschenem Getreide oder mit Körnern aller Art.) - In Masuren schüttelt man am Sylvesterabend den Grenzzaun und spricht dabei: Die Eier sind für uns, und das Krakeln für euch! Die Folge davon ist, daß die Hühner des Nachbarn auf dem Hofe des Sprechenden die Eier legen und auf dem ihres Herrn krakeln gehen. (Töppen, S. 66.)

In Littauen bewirkt man eine gute Brut dadurch, daß man, wenn man im Frühlinge zum erstenmal wilde Gänse fliegen sieht, sofort auf der Stelle, wo man steht, emsig die Erde zusammenscharrt und diese in den Gänsestall trägt.

Quelle: H. Frischbier, Hexenspruch und Zauberbann. Ein Beitrag zur Geschichte des Aberglaubens in der Provinz Preußen, Berlin 1870. S. 127ff
Für SAGEN.at korrekturgelesen von Gabriele U., Juli 2005.
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