Von Stephanstag bis Dreikönig in Kärnten.
Georg Graber

Am Tag des heiligen Stephan (26. Dezember) wird in allen Dorfkirchen Kärntens Salz und Wasser geweiht. Da eilen Knechte und Mägde mit Lecksalz und einer Flasche oder Zinnkanne zur Kirche. Dieses Wasser ist ein beliebtes Mittel gegen allerlei Anfechtungen und Krankheit, gegen Feuersgefahr und die Trud. Manchmal wurde es über Acker und Wiese gesprengt, auch die Scheune wurde damit bespritzt, damit der Blitz nicht einschlage. Das Salz ist gut gegen Viehkrankheiten und das Abwalgen. Bei Gewitter ins Feuer geworfen, verhindert es das Einschlagen des Blitzes. Beim Auf- und Abtrieb von der Alm bekommt jedes Stück Vieh davon etwas zu kosten. Von abergläubischen Leuten wird es gleich nach der Weihe in die Ohren gestreut zum Schutz gegen Ohrenweh.

St. Stephan gilt als Pferdepatron. In Mittel-, Süd- und Unterkärnten, namentlich in Orten mit Stephanskirchen, ritt man früher häufig die Rosse im Galopp umher und brachte sie nach einem dreimaligen Umritt um Friedhof oder Kirche vor den Kircheneingang, wo der Geistliche sie mit Weihwasser besprengte und segnete, um Krankheiten von ihnen fernzuhalten. In Mähne und Schweif waren rote Bündchen eingeflochten. Im Lavanttal und in Unterkärnten wurde nach der Weihe ein Wettritt veranstaltet und durften die Pferde an diesem Tage nicht zu gewöhnlichen Arbeiten verwendet werden. In St. Donat bekam der Sieger im Wettreiten ein Faß Bier als Preis, das dann gemeinsam vertrunken wurde. An diesem Tage erhält jedes Pferd (auch jedes Rind) von dem geweihten Salz ins Futter. In manchen Orten Unterkärntens gibt man jedem Pferd, aber auch den Rindern, Schweinen, Hunden und Katzen ein Stück božič (Weihnachtsbrot). Während das Wettreiten am Nachmittag, das den Rest eines alten Flurumrittes darstellt, beinahe überall abgekommen ist, hat die Pferdesegnung nach dem Krieg in einigen Orten wieder Eingang gefunden.

Pferdeweihe in St. Stephan, Kärnten

Pferdeweihe am Stephanstag (26. Dezember) in St. Stefan bei Haimburg

Von Stephan bis Silvester haben die Dienstboten Urlaub (windisch fakance ). Es sind die „Wandertage", weil da die Dienstboten, die sich zu Martini bei einem anderen Bauern verdingt hatten, ihre Dienstplätze wechselten. Schon am Morgen begann ehemals das Auszahlen der Löhne für das ganze Jahr. Bevor ein Dienstbote von dannen zieht, ob für immer oder über die Ruhetage, erhält er außer dem Lohn in Unterkärnten die sogenannte pravda (slowenisch das „Recht"), ein Geschenk, bestehend aus Weißbrot, reinem Kornbrot, zwei Weiß-, zwei Selch- und zwei Blutwürsten. Es soll eine Entschädigung für die Grobheiten sein, die er von den Bauersleuten hinnehmen mußte. Im Lavanttal erhalt er die sogenannten „Ablaß- oder Rernudeln" ( reren , weinen), im Gurktal den Wanderreinling. Die neu eintretenden Dienstboten erhalten am Neujahrstage die „Anhängnudeln" mit Suppe. Der Marknecht des neuen Dienstplatzes oder der Bauer selbst holt seinen bereits verleihkauften Dienstboten mit Roß und Wagen ab. Sorgfältig wird darauf geachtet, was der Scheidende zurückläßt. Ist es ein Schuh oder ein Kleidungsstück, so kommt er im nächsten Jahre wieder. Mit den anderen geht er ins Dorf, um mit ihnen den Stephaniwein zu trinken. Bei dieser Gelegenheit verleihkauft der Bauer den neuen Knecht mit einer Geldangabe und führt ihn am Nachmittag heim. Wer am Johannitag (27. Dezember) noch nicht an Ort und Stelle ist, von dem heißt es, daß er das ganze Jahr keinen Platz bekommen werde. Knecht und Pferd sind mit Bändern und Blumen geschmückt. Fahren sie unterwegs an einem Wirtshaus vorbei, so muß der Fuhrmann dem Dienstboten ein Glas Wein zahlen. Da kommen sie mit Truhen, Kästen und Bündeln, worin ihre Habe verpackt ist, in ihr neues Heim. Schon während des Aufladens haben zurückbleibende Dienstleute dem Bauer einen unerläßlichen Bestandteil des Wagens oder Schlittens versteckt und er muß sich mit einem Trinkgeld auslösen. Dem scheidenden Knecht aber haben sie etwa Schnapsgläschen oder alte Frauenkleider, der wandernden Magd kleine Stoffpuppen, alte Männerkleider u. dgl. zwischen die Habseligleiten gesteckt, was beim Auspacken Anlaß zu lustigen Neckereien gibt. Wenn bei seinem Fortgehen die Katzen schreien, wird der neue Dienstplatz nicht von Dauer sein. Bei der Ankunft im neuen Haus aber wird der Dienstbote mit einer kräftigen Jause bewirtet.

In St. Lorenzen im Lesachtale kommen die Bauern der Umgebung am Abend beim Dorfwirte zusammen. Hier werden zuerst die Hirten der beiden Nachbarschaften für ihre Dienste während des Jahres bezahlt. Hernach wird ein köstlicher Gamsbraten aufgetragen, den der Aufsichtsjäger auf Kosten des Jagdpächters zu beschaffen hat.

Ein eigenartiger Stephansbrauch daselbst ist das sogenannte Zelten- oder Fochanzenführen. Der Weihnachtszelte oder die Fochanze (althochdeutsch fochanza , mittelhochdeutsch vochenze , lateinisch focatia , auf dem Herd gebackener Kuchen) ist ein Brot, in das feingeschnittene Feigen, Nüsse, Kletzen, Weinbeeren und Zwetschken gemengt werden. Solche werden in jedem Haus am Christfilge (Heiliger Abend) gebacken. Am Abend des Stephanstages sammeln sich die Burschen des Ortes, Peitschenknall und Schellenklingen kündet ihr Kommen. Ein von Burschen gebildeter, mit künstlichem Kopf versehener Schimmel zieht, von einem maskierten Burschen geführt, einen Schlitten. Auf dem Schlitten steht ein großer Korb. So ziehen sie mit Musik und Gesang von einem Hause zum andern und sammeln von den Mädchen die Zelten ein. Einer der Burschen trägt einen Schlegel, ein anderer eine sogenannte Bretterklinge. Wo sie ein Stück Fochanze erhalten, legen sie es auf den Boden. Der eine hält die Bretterklinge auf den Laib, der andere schlägt mit dem Schlegel darauf, daß das Brot in Stücke springt. Diese werden im Korbe verwahrt. Wo sie nichts erhalten, dringen sie in das Haus ein und stehlen die Fochanzen, die ihnen an diesem Tage gerne gegönnt werden. Zuletzt fahren sie zum Wirt und verzehren dort unter Lachen und Singen die Beute. Ein Stück behält jedoch jeder Bursche zum Andenken über die Feiertage auf.

Am Johannistage (27. Dezember)

läßt der Bauer in der Kirche Wein weihen. Den „Johannissegen" setzt er an diesem Tag auch seinen Dienstboten vor, denn er verhütet jeden Zwiespalt. Der Lavanttaler gießt kleine Mengen davon in seine Wein- oder Mostfässer, um den ganzen Inhalt zu segnen. Die Kinder bewahrt er vor dem Taubwerden und fördert ihr Wachstum. Er soll die Eigenschaft haben, nicht „kamig" zu werden. Im oberen Glantal wird er Sterbenden als Labung gereicht. Im allgemeinen wird er zur Verhütung von Krankheit und Seuchen getrunken. Dem Brautpaar wird Johannissegen nach der Trauung vom Priester zum Trinken gereicht.

Am Tage der Unschuldigen Kinder.

Pissnen, Kinder in Gmünd

Kinder beim "Pissnen" in Gmünd. Aufnahme aus dem Bestand des Kärntner Heimatmuseums in Klagenfurt

Zu Weihnachten ist das Licht wieder zum Siege gelangt, die Sonne hat ihren Tiefstand überschritten und erhebt sich allmählich wieder höher. Obgleich der Frühling noch weit ist, werden schon jetzt Handlungen vollzogen, um die geheimnisvoll belebende Kraft der Natur dem Menschen dienstbar zu machen. Sie äußert sich vor allem in gewissen Zweigen, an denen die grüne Farbe oder Knospen das darin schlummernde Leben anzeigen. Zweige der Weide, der Tanne oder Fichte, der Birke, des Wacholders, der Hasel oder deren ein ganzes Büschel sollen dadurch, daß man den Menschen damit schlägt, ihre Kraft auf ihn übertragen. Mit solchen Zweigen und Rutenbündeln ausgestattet, ziehen am Unschuldigenkindertag (28. Dezember) ganze Scharen von Kindern allenthalben von Haus zu Haus. Jedem, ohne Unterschied des Alters und Standes, vor allem der Hausfrau und erwachsenen Mädchen, versetzen die Kinder leichte Schlage mit diesen Ruten, wobei sie verschiedene Sprüche hersagen. Das Recht des „Schappens" gilt aber nur bis Mttag. Später Kommenden droht man, sie ins Ofenloch zu stecken. Als Belohnung erhalten sie Äpfel, Nüsse, Kletzenbrot und Backwerk, was fürsorgliche Hausfrauen in ganzen Körben für diesen Zweck bereitstellen, aber auch Kleinmünzen. Wer viel gibt, dem wird nach dem Volksglauben reichlicher Ertrag der Fluren lohnen, wer die Glückbringer abweist, bringt sich um den Segen. Im oberen Lavanttal heißt es, je mehr „Schmeißer", desto besser für den Getreidebau. Ein Segenswunsch aus Zeltschach drückt dies so aus:

frisch und gsund, frisch und gsund,
freudenreich, lang leben, nit sterben,
glückseliges neugs Jahr ausleben,
Roggen sollt Vierling gebn
und der Woaz a,
der Haber sollt zottat sein
und die Kuah schwar.

Große Freude löst es aus, wenn es den Kindern gelingt, Langschläfer mit ihren Glücksruten aus dem Bette zu treiben. Mägde müssen an diesem Morgen besonders vor Knechten auf der Hut sein. Die große und kleine Bauernjugend beteiligt sich an diesem Brauch. Aber auch unter Verwandten und Bekannten gilt das gleiche Recht. Im windischen Gailtal ziehen um diese Zeit die Burschen zu Mitternacht, mit Fichtenästchen versehen, bei den Häusern herum und verlangen polternd Einlaß. Wird er ihnen gewährt, so „pisnen" (züchtigen) sie die Hausleute. Von den Gitschen (Mädchen), deren bevorzugte Tänzer sie sind, erhalten sie an diesem Tage dafür als Entgelt allerlei Geschenke, wie Seidentüchlein, ein Hemd oder Zigarren. Im Katschtal gingen Knechte und Mägde mit Fichtenästchen in der Nachbarschaft herum und schlugen die Hausleute. Diese selbst suchten einer dem anderen beim gegenseitigen Schlagen zuvorzukommen. Der zuerst Getroffene mußte den andern mit einer Gabe abfinden. Dienstboten erhielten auf jeden Fall ihre Gabe, das sogenannte „Pissnerguat" .

Das Streichen mit diesen Ruten bringt die wohltätigsten Wirkungen hervor, worauf schon die verschiedenen Sprüche anspielen. So sagen z. B. die Kinder im Lesachtal:

Biste, leste, frisch und g'sund!
Läng leben, gern geben.
Soviel Stapfel auf der Stiag'n,
soviel Kinder in der Wiag'n.
Soviel im Stall Rinder,
soviel in der Stub'm Kinder.

Die Lebensrute bringt auch Feldgewächsen oder Bäumen reichen Ertrag. Daraus erklärt sich der Lavanttaler Brauch: wenn am Unschuldigenkindertage die Hausfrau bereits von mehreren Kindern geschlagen wurde, geht sie in den Obstgarten und streicht die Baume mit einer Rute. Das sichert eine reiche Obsternte. Im Rosental wird der erste Schapper, der zum Haus kommt, am reichlichsten belohnt. Dafür hat er den ganzen Obstgarten abzulaufen und jeden Baum mit seiner Rute zu wichsen.

Lebenskraft und Gesundheit verheißt der am häufigsten verwendete Spruch:

Schapp, schapp, oder Plissa lesn,
frisch und g'sund, lang leben, gern geben.

Ein Gurktaler Sprüchlein verheißt sogar Unsterblichkeit:

Frisch und g'sund, frisch und g'sund,
lang leben und nit sterben,
a Biaftasch'n voll Geld hergeb'n.

Dieser Anschauung entspricht es, daß im Rosental alte Leute sagen, wenn sie nicht mehr geschappt würden, sei ihr Todestag nahe.

Und ein slowenischer Schappsegen beschreibt seine Wirkung so: Sei gesund und frisch wie die Vögel im Wald und der Fisch im Wasser, stark wie der Bär im Gehölz und werde mit so viel Kindern gesegnet, als der Baum Äste trägt.

Verleiht der Schlag mit der Lebensrute Fruchtbarkeit und Gedeihen, so feit er gegen Ungeziefer und reißendes Getier. Diese beiden Wirkungen umschreibt ein Spruch, der in Mittel- und Oberkärnten gebräuchlich ist:

Frisch und g'sund, frisch und g'sund,
beiß di ka Floh, ka Hund,
beiß di ka Wolf, ka Bär,
gib na gnua Plissenguat her.

Eine mehrfache Verwendung findet die Schapprute in Uggowitz im Kanaltal. Dort werden große Fichten- und Tannenzweige, kreisrund angeordnet, zusammengebunden, mit Flimmerwerk, Bändern und Silbertalern geziert, die mit rotem Stoff umsäumt werden. Mit dieser „Schapa" oder „Tas'n" gehen die Dorfburschen am Vorabend des 28. Dezember zu allen angesehenen Männern des Ortes, Lehrer, Pfarrer und Bürgermeister, und in die Gasthäuser, singen vor dem Haus ein Lied, tragen dann die Schapa in die Wohnung des Betreffenden und wünschen ihm ein glückliches neues Jahr. Nach Absingen eines Liedes gibt ihnen der Geehrte ein Geldstück in die Sammelbüchse, worauf sie weiterziehen. Jeder Bursch läßt auch sein Mädchen schappen, wofür dieses gleichfalls eine Geldspende erlegen muß. Aus dem ganzen Erlös wird am ersten Sonntag nach Dreikönig in einem Gasthaus die sogenannte Schapamusik mit Tanz bestritten. Während dieser ist die Schapa oder Tas'n in der Ecke oberhalb des Musikantentisches angebracht und wird wohl bewacht. Mit der Schapa stellt sich dort aber auch der Bursch, der um die Hand eines Mädchens anhalten will, begleitet von zwei Freunden (Kompare), in der Abendzeit bei ihm ein. Indem er die Schapa vorhält und seinen Spruch aufsagt, bittet er um das Jawort.

Ursprünglich mögen die Gaben, mit denen die Bisner beschenkt werden, wohl zum Dank für empfangene Wohltaten verteilt worden sein, wie der Bote im Mittelalter für eine günstige Nachricht die Botenmiete, das Botenbrot erhielt. Später hat die christliche Kirche die Veschenkung als milde Gabe an die Armen umgedeutet. Christlichem Einfluß ist es wahrscheinlich auch zuzuschreiben, daß der Brauch gerade auf den Tag der Unschuldigen Kinder verlegt wurde, dessen Gedächtnisfeier in der Kirche die Auffassung nahelegte, die Kinder dürften sich an diesem Tage für die Schmerzen, denen sie der grausame Herodes überlieferte, nach ihrer Art an den Erwachsenen rächen.

Die sprachlichen Bezeichnungen des Schlagens mit der Lebensrute sind folgende: Plissnen , abgeleitet von plissa oder plisse , Mehrzahl plissn , Nadeln des Nadelgehölzes. Die beinahe in ganz Oberkärnten übliche Bezeichnung pisnen , pisn , (Pisnerguat, Pisnertag) entspricht dem mittelhochdeutschen bisen , umherrennen, mutwillig springen. Im selben Gebiet finden wir damit abwechselnd auch den Ausdruck leastnen , der von slowenisch leska , Haselstaude, Haselgerte, abgeleitet ist; denn am Weißensee nennt man das Schlagen mit der Lebensrute lesggn .

In Mittel- und Unterkärnten, aber auch im Rosental, Untergail- und Kanaltal heißt der Vorgang schap'n oder tschap'n , auch „frisch und g'sundgeben", die Rute „Schapruatn" oder „Schapriatle". Das entsprechende slowenische Wort šapati ist dem Deutschen entlehnt. Schap, verkleinernd Schabl, bezeichnet einen Bund, ein Büschel, namentlich von belaubten Zweigen. Im Lavanttal, Görtschitztal und sogar noch auf dem Krappfeld und Zollfeld nennt man den Schlag mit der Lebensrute schmeiß'n . In mehreren Gegenden Oberkärntens, um Millstatt, Treffen, im Maltatal u.a. werden für die Pisner eigene handgroße Laibchen aus Roggenmehl gebacken, wie sie zu Allerseelen üblich sind. Auch um Moosburg erhalten sie zu den gewöhnlichen Gaben noch fingerlange Allerheiligenstriezel. Im Kanaltal tragen diese Brotlaibchen wie ihre Ebenbilder zu Allerseelen den Katschúele oder Gatschíəln , zu italienisch schiacciare , platt quetschen, das in mehreren italienischen Mundarten als kizzola , kissola , kečola , kixoel usw. als Name für Allerseelengebäcke fortlebt. Die Verwendung von Allerseelengebäck als Pißnergabe scheint darauf hinzuweisen, daß der sogenannte Kindleintag in der Weihnachtszeit an die Stelle eines alten Seelentages getreten ist.

Neujahr

Der Silvesterabend ist im alten Bauern- und Bürgerhaus wieder Rauchnacht. Wohnräume und Stallungen werden wie zu Weihnachten geräuchert. Hernach versammeln sich die Hausleute in der großen Stube zu langem Gebet, auf welches das Nachtessen folgt. Die weitere Zeit bis Mitternacht vertreibt man sich im Bauernhaus mit Unterhaltungen verschiedener Art, unter denen das „Leasln", die Erforschung der Zukunft in allerlei Formen, den breitesten Raum einnimmt. Da findet sich wieder überall in Kärnten das sogenannte Neujahrsheben, Hutheben, Heferlabdecken, das wir als Untermhütelspielen bereits kennen, das Eiklar- und Bleigießen, das Schuh- oder Zoggelwerfen. Von den sonstigen Bräuchen, die den Schleier der Zukunft lüften sollen, seien noch erwähnt das Schiffleinsetzen. Burschen und Mädchen stellen mit Kerzchen beleuchtete Nußschalen in ein gefülltes Wasserschaff und bringen hierauf das Wasser in Wallung. Kommen zwei bestimmten Leuten zugedachte Schiffchen zusammen, so bedeutet es die Vereinigung der beiden Liebenden im kommenden Jahr. Das Spiegelschauen: Das heiratslustige Mädchen blickt einen Augenblick in den Spiegel. Aus diesem sieht ihr entweder der künftige Bräutigam, der Tod oder Teufel entgegen. Das Zwetschkenbaumschütteln: Fallen Schnee, welke Blätter oder Zweige auf das schüttelnde Mädchen, so steht die Hochzeit vor der Tür; im Gegenteil bleibt es ledig. Andere lauschen in der Neujahrsnacht, was die Butterkübel erzählen. Ein Mädchen, das um Mitternacht vor die Haustür tritt und die Reste der Silvestermahlzeit in den Hof schüttet, sieht das Bild ihres zukünftigen Mannes. Wie zu Weihnachten waschen sich in dieser Nacht heiratslustige Mädchen unter einer Brücke, über die Freud und Leid (Hochzeit und Leiche) gegangen sind, eilen unabgetrocknet und schweigsam nach Hause und sprechen den bekannten Bettstattelspruch, diesmal an den heiligen Silvester gerichtet. Dann erscheint ihnen ihr Bräutigam im Traum oder im Bild. Meist bleibt das ganze Haus bis Mitternacht wach, damit niemand das neue Jahr verschläft. In den letzten Jahren hat sich in größeren Orten das Neujahrseinblasen wieder eingebürgert. Mit Silvester endigte früher das Wandern der Dienstboten.

Eine Reihe von Neujahrsbräuchen hängt mit dem Glauben zusammen, daß von dem Tun und Treiben am ersten Tage das ganze folgende Jahr beeinflußt werde. So muß das ganze Haus wie zu Weihnachten völlig gereinigt sein, denn sonst käme es das ganze Jahr nicht zur Ordnung. Wenn man am Neujahrstag ein Stück von einem Schweinsrüssel ißt, wird man das ganze Jahr glücklich sein. Ißt ein Mädchen einen roten Apfel, so wird es davon das ganze Jahr rote Wangen haben. Wer heute niest, wird lange leben. Im Katschtal laufen nach dem Hochamt Knechte und Mägde um die Wette nach Hause. Wer früher ankommt, sperrt das Haustor ab und läßt die Nachkommenden längere Zeit warten. Waren die Knechte voran, so glaubten sie, daß sie im Sommer auf der Alm den Mägden recht viele Schöck (Mahden) machen würden. Waren es die Mädchen, so schlossen diese, daß die Mäher langsamer sein und sie ihnen in den Kumpf hineinsteigen würden. Weit verbreitet ist der Glaube, daß fremder Besuch während des Mittagessens Unglück und Tod bringe. Deshalb wird während der Mahlzeit das Haustor abgesperrt. Alle Wäschestricke auf dem Dachboden müssen zu Neujahr abgenommen sein, sonst könnte sich im neuen Jahre alles verstricken und ungünstig ausgehen. Was einem am Vormittag zu Neujahr begegnet, wird man im Laufe des Jahres erleben. In einzelnen Orten des Mölltales versäumt es kein gut geratenes Kind, frühmorgens den Eltern alle Unarten des abgelaufenen Jahres abzubitten und „für das weitere" zu bitten, was nicht ohne Tränen abgeht. Ein eigentliches Neujahr wünschen hat sich auf dem Lande noch nicht ganz eingebürgert.

In früheren Jahren gingen von Advent bis Dreikönig Gruppen von Sängern in den Dörfern umher und sangen Hirten- oder Dreikönigslieder, an welche in gebundener Form die Neujahrswünsche angefügt wurden. Nur in Bergorten des Lavanttales gehen vereinzelt noch Kinder mit einem Fichtenzweig umher, das nach Aufsagung eines Sprüchleins den Leuten übergeben wird. Auch in slowenischen Orten des Unterlandes singen gaben-heischende Kinder noch da und dort ihre Neujahrslieder bei den Häusern. In den Sechziger- und Siebzigerjahren des vorigen [ Anm. der Redaktion: achtzehnten ] Jahrhunderts standen die Kinder- und Hirtenlieder in der Weihnachtszeit noch in voller Blüte.

Von der Adventzeit bis Dreikönig wurden sie damals noch in Häusern, in der Christnacht allgemein, sonst in der Kirche nach Beendigung des Gottesdienstes, gesungen. Während der ganzen Weihnachtszeit aber zogen sechs bis acht Kirchensänger oder junge Burschen unter Absingung solcher Lieder von Haus zu Haus und erhielten zum Lohn ein kleine Gabe. Am Schluß einiger Lieder war der Wunsch für den Hauswirt angefügt.

In der Schneßnitz (Gurktal) endete das Ansingen mit folgenden Worten:

Wenn’s niemer terfen ums Brot so hart schwitzen,
werm'r schon mig'n ban Herrentisch sitzen,
wert uns ka Krankheit, ka Trübsal mehr plagen,
werm'r den ewigen Feiertag haben.

Unter diesen geistlichen Volksliedern der Weihnachtszeit unterscheidet man deutlich zwei Arten, eine ernste höhere, schriftsprachlich gehaltene, und ein bauerntümlich fröhliche, die sprachlich sich beinahe ganz in der Mundart bewegt. Die epische Erzählung springt oft in das dramatische Zwiegespräch über und macht deshalb den Eindruck, als ob es sich um Ausschnitte aus den Hirtenspielen handelte. Ein kindlich vertraulicher, urwüchsiger Ton und eine köstliche Unbefangenheit vermählen sich mit der Andacht. In ungezählten handschriftlichen Liederbüchern sind sie überliefert, leider ohne Singweisen. Ihre Herkunft weist nicht immer nach Kärnten, viele sind heimatloses Wandergut und gehören dem gesamten Alpengebiet an.

Dreikönigsbräuche.

Den eigentlichen Abschluß der weihnachtlichen Umzüge bildet das Dreikönigsingen, Kiningsingen oder Sternsingen, wie es in verschiedenen Gegenden Kärntens genannt wird. Vor einem Menschenalter noch zogen die Sternsinger fast in allen Gemeinden des Landes zwischen Neujahr und Dreikönig von der Abenddämmerung bis zur Morgenfrühe durch die Ortschaften. Damals gingen noch Erwachsene als Könige verkleidet, begleitet von einem Sternträger und dem Sackträger (Gabensammler) mit den Sängern, die der Kirchenchor beistellte. In Oberkärnten waren sie sogar von drei oder vier Musikanten begleitet. Aus dem Erlös erhielt jeder Sänger eine kleine Entlohnung in Geld und Tabak, der größere Teil der Eingänge wurde jedoch zur Anschaffung von Kirchengeräten oder Noten für den Kirchenchor verwendet. Heute sind die Sternsinger beinahe gänzlich verschwunden, nur dürftig ausgestattete Kindergruppen erinnern noch vereinzelt an diesen alten, sinnigen Brauch, der dem beschaulichen Gemüt Stoff zum Nachdenken gab. Wer auf dem Lande aufgewachsen ist, erinnert sich wohl noch gerne des malerischen Aufzuges der drei Könige aus dem Morgenland und der wohltönenden alten Lieder, die sie vor den Hänsern in den kalten, dunklen Winterabenden und -nächten vortrugen. Heute sind sie selbst in verkehrsabgelegenen Gegenden kaum mehr bekannt oder bewahren bettelnde Kinder den Brauch vor seinem gänzlichen Absterben. Wo sie dennoch auftreten, ist dies den Bemühungen von Vereinen, namentlich der Kärntner Landsmannschaft, zu verdanken, die durch Wiederbelebung alter bodenständiger Bräuche den Sinn für Heimat und Volkstum wecken will. In früheren Jahren aber erwartete jedes Haus, ob in der Einschicht oder in geschlossener Siedlung von Dorf und Markt, die nächtlichen Sänger mit ihrem leuchtenden Stern als eine freudenvolle Verkörperung der Heilsgeschichte und lauschte nicht ohne leise Rührung den Sternsingerliedern, den alten Dreikönigsweisen, Weihnachts- und Neujahrsliedern, die bei dieser Gelegenheit wohltönend vorgetragen wurden. Wohin sie auch kamen, wurden die Sternsinger freundlich bewirtet und beschenkt. In einzelnen ausgedehnten Gemeinden waren es oft mehrere Rotten. Jede besuchte einige Ortschaften, so daß kein bewohntes Haus, auch nicht das entlegenste, von den Sternsingern ausgelassen wurde. Bis alle Gehöfte aufgesucht waren, dauerte es oft bis 6 oder 7 Uhr früh. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten war dieser sinnige und herzerfreuende Brauch über ganz Kärnten verbreitet. Manche Volkssage weiß zu berichten, was für schwere Kämpfe es absetzte, wenn zwei Sternsingergruppen aus benachbarten Gemeinden irgendwo auf freiem Felde oder dunklem Waldesgrunde zusammentrafen. Beim Auenbrückl im Metnitztal sollen bei einem solchen Streite sechs Sänger erschlagen worden sein. Jedes Jahr in der Dreikönigsnacht erscheinen sie vor dem Fels, der ihr Gebein deckt, und singen friedlich ihre Lieder.

Heilige Drei Könige

Die Heiligen Drei Könige. Aufnahme Hans Fertala

Damals zogen die Kirchensänger, mit Sonntagskleidern angetan, durch das ganze Kirchspiel. Ihnen voraus schritt der Sterntreiber mit einem aus durchscheinendem Buntpapier, ölgetränkter Leinwand oder farbigem Glas hergestellten Stern auf hoher Stange. Durch eine Schnur, an welcher der Träger zog, wurde der Stern, innen von einer Kerze erhellt, fortwährend in Drehung erhalten. Bei der Stelle des Liedes, an der von dem Verschwinden des Sternes die Rede ist, trat der Sternträger mit seiner Himmelsleuchtstange hinter das Haus und alt und jung gruselte es bei dem Gedanken, daß das vorzeitige Erscheinen des Sternes das Kindlein dem Wüterich Herodes verraten könnte. Mit heiliger Stille und in feierlichem Ernst wurden die Lieder von den Hausbewohnern angehört. Oft war in der Stube der Tisch für die wegmüden Sänger gedeckt und auf die Bewirtung folgte noch häufig eine Gabe in Geld oder, wie in Oberkärnten, ein Maßl Getreide, das der Sackträger in Empfang nahm. Im Lesachtal pflegte der Chorführer die Jause zuweilen mit folgendem Sager einzuleiten:

Nie heiligen drei Kinigen
mit soiern Stern,
sie ösent und trinkent
und zahlens nit gern.
Hetz ischt de heilige Weihnachtszeit,
ischt überåll so a Broat (Brot).
Es seint hålt freila guate Leut,
es tuat uns freila noat.

Groß ist die Zahl der alten Dreikönigslieder. Jede Gegend hatte ihr eigenes Ansingelied. Im Mölltale begann es mit den Worten:

Drei Könige aus Orient
erkennens an dem Steren,
wir sein herkommen zu dem End,
Messiam zu verehren.

Es endigte mit folgendem Wunsch:

Der Tag, der reist wohl durch den Thron.
Wir singen den ehrsamen Hauswirt an
samt seiner geliebten Hausfrauen.
Gott woll ihnen geben ein bständigen Gsund
und auch ein langes Leben.

In der Feldkirchener Gegend wurde z.B. der Hauswirt mit seinen Angehörigen durch folgendes Lied begrüßt:

Der Tag reist aber durch den Thron,
wir singen den ehrsamen Hausvater an.
Wir wünschen ihm aufs allerbest
in Keller voll Wein, die Stubn voll Gäst.

Der Hausfrau wünschen die Sänger Gesundheit, der Haustochter einen schönen Mann, dem Haussohn eine reiche Braut. Kein Mitglied der Familie wird übergangen. Für die Gaben und die Bewirtung wurden die Hausleute zum „Königsessen", das am Dreikönigabend in einem Gasthaus gehalten wurde, eingeladen. Entweder schon nach Absingung des Dreikönigliedes oder erst, bevor die Sänger das Haus verließen, malte einer von den Königen die Anfangsbuchstaben der drei Heiligen K + M + B + nebst drei Kreuzen und die einrahmende Jahreszahl mit geweihter Kreide auf die Stubentür, ein kostbares Zeichen, das den Segen ins Haus bannt und allerlei unholde Geister und Krankheiten von ihm fernhält.

Kreuzzeichen auf Haustür

Alte Kreuzzeichen auf der Haustür beim "Retinger" in Schnaten, Feistritzgraben ob Grades.
Aufnahme. Dr. G. Graber

Eines der in Ober- und Mittelkärnten beliebtesten alten Dreikönigslieder ist in zahlreichen Handschriften erhalten. Wegen seiner weiten Verbreitung ist es vereinzelt schon stark zersungen, sein Wortlaut aber ließ sich aus der reichen Überlieferung in vollen zwanzig Strophen lückenlos herstellen. Seine Weise zeichnet sich durch Wohllaut und die den Dreikönigsliedern eigentümliche Frische an und ist gleichfalls erhalten:

Ich lag in einer Nacht und schlief
mich deucht, wie mich Kinig David rief,
daß ich soll dichten und reimen
von den heiligen drei Kinigen ein neues Lied;
sie liegen zu Köllen am Rheine.

Nachdem die Schar der Sternsinger ihre Gabe empfangen hatte, stimmten sie als Schluß obigen Liedes noch folgendes Abdankungslied an:

Was wollen wir wünschen zum neuen Jahr?
Den Stall voll Ochsen, Küh und Kälber Paar und Paar,
jetzt und zu allen Zeiten.
Gott laß uns das Jahr mit Freuden ausleben,
der Stern muß weiter leuchten.

Ganz ähnlich lautet das Danklied im Lesachtal.

Sternsinger

Sternsinger in St. Oswald bei Kleinkirchheim.
Aufnahme von Oberlehrer Hermann Hafner

Zwischen dem slowenischen Unterland einerseits, Mittel- und Oberkärnten anderseits besteht in diesem Brauche kein Unterschied. In manchen Gegenden zieht mit den drei Königen eine ganze Gruppe von Spielern mit: Die Hirten, denen der Engel die Geburt Christi verkündet; die drei Könige fragen bei Herodes nach dem neugeborenen Judenkönig und bringen dem Kindlein ihre Gaben dar. Gesänge und gereimte Zwiegespräche wechseln, dort in deutscher, hier in windischer Sprache. Es sind dürftige Reste der in Kärnten einst über das ganze Land verbreiteten und noch heute nicht außer Übung gekommenen Hirtenspiele von der Geburt Christi und dem dazugehörigen Dreikönigsspiel, dessen Text aus dem Deutschen beinahe wörtlich in das Slowenische übertragen wurde. So gleicht denn auch das unterkärntische Dreikönigslied in Versmaß und Weise, aber auch in den nachgeahmten Wortfügungen seinem mittelkärntischen Urbilde:

Es ziehn aus weiter Ferne drei Könige einher,
sie kommen von den Bergen und reisen übers Meer…

Am Schlusse der Weihnachtszeit steht das kirchliche Fest der heiligen drei Könige, auch das Fest der Erscheinung des Herrn genannt. Es kam von der morgenländischen in die lateinische Kirche. Im Morgenlande wurde es als Tauftag des Heilands neben Ostern feierlichster Tauftag. Daher wird an diesem Tag in der Kirche Wasser geweiht. Die Leute holen es aus einem großen Bottich, der beim Kircheneingang aufgestellt wird. Es wird hauptsächlich zur Besprengung der Häuser, Scheunen und Felder verwendet, wenn ein Gewitter im Anzug ist, und gilt als wirksames Mittel gegen Zauber, Hexen und den Teufel. Zeigt sich im Haus eine Unke, die als Verkünderin des Todes gilt, so kann man sie durch Besprengung mit Dreikönigswasser vertreiben.

Die Nacht auf Dreikönig ist die letzte Rauchnacht, deshalb werden in jedem Bauernhause wie zu Weihnachten und Neujahr sämtliche Räume in Haus, Hof und Stall geräuchert. Hinter dem Bauer oder der Bäuerin, die das besorgen, schreitet die Magd mit einem Weihbrunngefäß und sprengt nach allen Seiten. Im Viehstall schwingt die Bäuerin die Räucherpfanne über jede einzelne Kuh, die Magd sprengt Weihwasser und beide murmeln Gebete, daß Gott das Vieh vor Seuchen und Krankheiten schütze. Gegendweise halten die Leute ihre Hüte über den Rauchhäfen und setzen sie dann rasch wieder auf, um das Jahr über gegen Kopfweh gesichert zu sein. Die Rauchpfanne wird über Nacht in den Krautgarten gestellt und am Morgen in den Keller gebracht. Nach der Räucherung der Innenräume schreibt der Bauer auf sämtliche Türen, sogar über den Schweinestall, die Anfangsbuchstaben der drei Könige mit der Jahreszahl und drei Kreuzen in folgender Anordnung: 19K+M+B+33. Dort bleiben die Zeichen bis zum nächsten Dreikönigsabend stehen und verwehren nach dem Volksglauben bösen Geistern und der Perchtel (Pechtra) den Eintritt. Über dem Schweinestall wird häufig noch der Trudenfuß gezeichnet. Zuletzt wird das ganze Anwesen umschritten. In diesen Bräuchen sind alle Landesteile einig. Eine Besonderheit findet sich im Kömelgebiet östlich von Bleiburg. Dort werden aus den Palmzweigen alljährlich zu Ostern manchmal sehr kunstvolle Kreuzchen hergestellt. Einige werden zu Dreikönig in das Rauchfeuer geworfen, andere in der Abenddämmerung vor Dreikönig auf den schneebedeckten Acker, wenn er aber schon aper ist, in die Erde gesteckt. Ein anderes Kreuzchen endlich wird in der Wohnstube zwischen Holzdecke und Unterfang gesteckt. Dort findet man sie in ganzen Gruppen nebeneinander, so daß man an ihnen zählen kann, wie viel Jahre jeder Bauer die Wirtschaft geführt hat. Auch an der Scheune wird ein solches Kreuzchen befestigt.

Im Lavanttal geht der Bauer erst am Morgen des Festtages auf das Feld und besprengt es mit Weihwasser. Wird dabei der Sprengwedel weiß und eisig, so bedeutet es ein gutes Getreidejahr. Bleibt er aber weich, so wird das Getreide blau, d.h. von Pilzkrankheiten befallen. Hierauf sprengt er im Hause und schreibt schließlich die drei Buchstaben auf die Türen.

Es ist die Perchtel, gegen deren unerwünschten Besuch man sich durch die Räucherung schützt. Am Vorabend vor Dreikönig sollen nämlich alle Hexen und Perchten auf Erden ihr Unwesen treiben. Schon die heiligen zwölf Nächte hindurch zogen sie über Land. Ein gewaltiger Sturmwind erhebt sich. Auf einmal vernimmt man ein Tosen und Brausen in den

Perchten

Die Perchten mit ihrem Gefolge in Korpitsch bei Fürnitz

Lüften. Es ist das wilde Heer, das wilde Gjag oder Gjaid, Gjoad, 's wilde Hör (Heer), die Klag, die wilde Fåre. Bisweilen vernimmt der nächtliche Wanderer eine wohlklingende Musik in den Lüften, dann wieder Gesang wie von hundert Stimmen. Jäger und Treiber schreien, Hunde bellen, ein großer wilder Mann jagt mit seinen Hunden in den Lüften. Bald ist er da, bald dort vernehmbar. Auf ihren Ruf darf man beileibe nicht antworten. Begegnet man dem unheimlichen Spuk im Freien, so tut man am besten, sich in das Fahrgeleise zu legen, mit dem Gesichte zu Boden gekehrt, die Hände über den Kopf verschränkt. Sie kommen immer näher, ohne daß der Mansch etwas sieht. Wem die wilde Jagd begegnet, der wird von grenzenloser Furcht befallen. Tritt er in das linke Wagengeleise, so treibt ihm die Angst blutigen Schweiß hervor; tritt er dagegen in das rechte, so zieht die wilde Jagd vorüber, ohne ihm den geringsten Schaden zu tun. In der Perchtelnacht (5. Jänner), sagt man im Lavanttal, sei Frau Percht die Anführerin des wilden Gjads, das in dieser Nacht dreimal die Welt umziehen muß. Ist die Perchtelnacht heiter, so hat der Bauer ein gutes Jahr zu erwarten. Nach ihr heißt im ganzen Mölltal der Vorabend von Dreikönig Perchtelabend, bei den Windischen Pechtraabend, vila oder sveta vila , d. h. vigilia , heiliger Vorabend. Die Deutschen Unterkärntens nennen diesen Abend entweder Heiliger Abend oder dritter Heiliger Abend. Der Dreikönigstag selbst heißt in Oberkärnten Perchteltag, bei den Windischen pernaht oder pernahti , wie sie auch die ganze Zeit zwischen Weihnachten und Dreikönig bezeichnen. In ganz Kärnten ist Perchtel (windisch Pechtra, Perchtra, Pechtra baba, d.h. Frau Percht) ein Schreckwort für Kinder. Überall gilt sie als böse Hexe, die in verschiedener Gestalt erscheinen kann: als Kröte, als grausliches Weib ohne Kopf, im Tigermantel, als grauer Wutzel voll Schellen, als „Labdristen" (Laubhaufe). Nach unter- und oberkärntischer Meinung saust sie auf einem Besen sitzend durch die Luft und gelangt durch den Schornstein in den Rauchfang und Backofen, wo sie ihr Unwesen treibt, wie das wilde Gjad. Sie steht in ständigem unmittelbarem Verkehr mit dem Teufel und hat ihren Haupttummelplatz im Saualpengebiet. Vor der Perchtennacht drückt man mit dem Schlüsselbart allerlei Zeichen in die Unterseite der Brotlaibe und schreckt Kinder mit der Bemerkung, daß ihre Fußspuren im Backofen gesehen worden seien. Aus dem Slowenischen Pechtra boba , Pechtra baba ist ihre Gurktaler Bezeichnung Pechtra wega und goba zu erklären. Von ihr erzählt man, daß sie oft in die Häuser gekommen sei, ein großes Weib, das habe „Augen wie Stadelreiter, bach-fcheiterlange Zahnt und a tenntorweits Maul". Im Mölltal hat sie Augen wie Glasscheiben. Sie ist ein menschenfressendes Ungetüm, das seine Hände in Eisenhandschuhen stecken hat. Kinder und Erwachsene reißt sie aus den Häusern und fährt mit ihrer Beute bei Mondenschein über Zäune, dann über Kleehiefler, zuletzt über die Bäume hinweg. Oft hat man die Geraubten wohl wieder tot im Schnee gefunden. Als man bei einem Mölltaler Bauer das Räuchern vergessen hatte, holte sie nachts aus dem Haus einen Menschen, den sie morgens früh wieder brachte mit fremden Blumen an Händen und Füßen. Oft war von den Geraubten auch keine Spur mehr zu entdecken. Die ihr Haus für die Feiertage nicht in Ordnung gebracht haben, denen schlitzt sie den Bauch auf und füllt Kehricht hinein.

Pechtra

Die Pechtra in Korpitsch bei Fürnitz

Sprachlich gehören die Bartel des Nikolausumzuges und unsere Perchtel oder Pechtra zusammen. Diese hat alle bösen Eigenschaften ihrer deutschen Stammutter und hält auch wie sie in der Perchtennacht in schauerlicher Verkleidung ihren Umzug durch die Dörfer. In ganz Unterkärnten tritt sie am Vorabend von Dreikönig noch leibhaftig auf. Als altes Weib, Gesicht und Hände mit Ruß geschwärzt, die Haare weit herabhängend unter einem ungeheuren schwarzen Schlapphut. Ein Auge kneift sie manchmal und spielt wie der germanische Todesdämon die Einäugige, in einen braunen oder schwarzen Pelz gehüllt, in schwarzem Kittel und Filzschuhen, so hält sie überall ihren Umzug. Sie wird fast ausnahmslos von einer Frau dargestellt. In der Linken trägt sie einen Henkelkorb, in der Rechten eine große zweizinkige Backofengabel. Auf dieser hängen oft Würste, die man ihr als Abfertigung darreicht. Auch mit einer Hacke oder Säge tritt sie auf und droht, Begegnende zu zerteilen, oder schreckt die Kinder. Beim Eintritt in das Zimmer ruft sie: A Wurst oder an Buabm. Den Kindern wirft sie Kletzen, Nüsse und gedörrte Zwetschken auf den Boden hin.

Einem Hirtenjungen, der sich hinter einem Holzstoß versteckte, warf sie einst ihren Pletzer zu und der Knabe mußte ihn zur Strafe ein ganzes Jahr lang im Rücken tragen.

Bald kommt sie unangemeldet hereingeschlichen und steht plötzlich unter den erschrockenen Kindern in der Stube, bald schlägt sie unter Knurren und tierischem Gebrüll mit der Ofengabel auf die Haustür. Sie spricht jedoch kein Wort. Die Kinder sprechen bei ihrem Erscheinen kurze Hausgebetchen und geloben brav zu sein, hierauf werden sie beschenkt. Schlimmen Kindern hinterläßt sie Rüben oder Kartoffeln und versetzt ihnen wohl auch einen Stoß mit der Ofengabel. Manchmal kündet sie ihr Kommen durch Schütteln eines Büschels getrockneter Föhrenspäne an, die ein eigentümlich knisterndes Geräusch geben.

In Zell wird sie mitunter von zwei anderen Perchten begleitet. In Wutschein (Gemeinde Poggersdorf) kroch in den Siebzigerjahren Pechtra als ein widderartiges Tier von teufelsähnlichem Aussehen auf allen vieren in die Stube und ließ ein dumpfes tierisches Gebrüll ertönen. Damals stand mitten in der Ortschaft ein Stein, der die Pechtra darstellte, eine einfache ländliche Bildhauerarbeit, der leider später der Kopf abgeschlagen wurde. Wo der Brauch abgekommen ist, lebt er noch in der Erinnerung des Volkes. Eine verkleidete Perchtel zog vor Jahrzehnten auch im Mölltale herum. Sie war in Pelz gekleidet, trug eine fürchterliche hölzerne Larve vorgebunden und eine Kuhglocke oder große Schelle auf dem Rücken. Mit wilden mutwilligen Gebärden hüpfte sie im Hause herum, verfolgte die Leute und fragte auch nach der Artigkeit der Kinder. Ihr Spruch war: Kinder oder Speck, derweil geah i nit wek. Das hieß das „Perchtel- oder Perchtenjagen". In Stall erschien sie in Begleitung von drei „schönen Perchten". Alle vier trugen Glocken umgehängt, die schiache Perchtel einen Sack, die Begleiterinnen einen Besen, die zweite eine Mistgabel. An diesem Abende müssen die Das'n in den Bauernhäusern immer voll Holz sein, sonst steckt die schiache Perchtel eine Frau oder ein Mädchen dort hinauf.

Pechtrajagen in Kärnten

Pechtrajagen oder Pechtrababajagen in Korpitsch bei Fürnitz
Aufnahme: M. Wulz

Nach der Volkssage ist die Perchtel die Tochter des grausamen Königs Herodes. Da sie so schön tanzen konnte, durfte sie sich von ihrem Vater eine Gunst ausbitten. Sie verlangte das Haupt des heiligen Johannes. Zur Strafe dafür wurde sie in die schiache Perchtel verwandelt. Nach einer Mölltaler Sage war Percht die schöne Tochter des Herodes. Bei der königlichen Tafel mußte sie vor dem ganzen Hof tanzen und erntete dafür großes Lob. Fürwitzig ging sie mitten im Winter auf einen übereisten See tanzen, brach aber ein und ertrank. Tanzend kam sie in die Hölle und muß nun zur Strafe in jeder Perchtelnacht tanzend die Welt umkreisen. Das sind die Nächte, in denen sie die Menschen auf Erden beunruhigt und diese, um sie abzuwehren, das Perchtenjagen aufführen.

Auch dieser Brauch ist von den Erwachsenen auf die Kinder übergegangen, denen das Gabensammeln die Hauptsache ist. Heute ist er beinahe der Vergessenheit anheimgefallen. Vordem aber war es im Molltal üblich, in der Perchtelnacht Brot und gefüllte Nudeln für die Perchtel auf den Küchentisch zu stellen, damit sie davon koste. Tat sie dies, so erhoffte man ein gutes Jahr. Während des Essens, heißt es, zog sie ihren Eisenhandschuh ab. Auch im ganzen Gailtal und Kanaltal zogen früher in Pelz gehüllte Burschen mit geschwärzten Gesichtern unter Peitschenknallen, Läuten von Kuhglocken und Hämmern auf Blechkessel durch das Dorf. Sie liefen aber auch die ganze Umgegend bis weit in die Wälder hinein ab. Soweit die Pechtra mit ihrem Gefolge in den Wald kam, blieb er von Wölfen frei. Ebenso kennt man den Brauch am Weißensee. In Tröpolach treffen sich nach dem Betläuten am Vorabend die Schulkinder, ausgerüstet mit kleinen Kuhglocken und Schellen, auf der Dorfstraße, ziehen unter lautem Geläute in den oberen Ort. Hier wechseln sie zweimal zwischen einem Bildstock und Wegkreuz, worauf sich der Schwarm der „Glockenlafer", wie sie im Volksmunde heißen, auflöst und die Kinder ihren Behausungen zueilen. Dabei halten sie krampfhaft den Schwengel der Glocke, damit ja kein Laut mehr ertöne, denn sonst kommt das wilde Heer und zerreißt sie. In Rattendorf wurde der Brauch einst von erwachsenen Burschen gepflegt. Aus Übermut läuteten sie auch beim Nachhausegehen, was bisher ängstlich vermieden worden war, um das wilde Hör nicht zu reizen. Kaum hatten sie ein paar „Tschelperer" gemacht, so hörte man von der nächsten Anhöhe her ein feines Glöcklein klingen. Ein Sausen und Johlen hob an und kam dem Dorf immer näher. Die Glockenläufer retteten sich hinter die Tür der Gasparbehausung, da prasselte es wie Schauer auf das Tor und ein gewaltiges Kratzen drohte es zu zersplittern. Zum Glück hatte einer der Burschen ein Messer mit dem hohen Namen zur Hand, das steckte er eiligst in die Tür. Sogleich ließ das Geheul und das Kratzen nach und deutlich hörten sie die Worte: „Waren nit sötane Riegel und Siegel für, wir hiatn enk zrissen wia die Sunne’n Stab." Am Morgen fand man die Tür von oben bis unten zerkratzt. Ein Mädchen war beim Davonlaufen in die eisige Las (Geleise) des Weges geraten und hingefallen. Von ihm war keine Spur mehr zu finden. Seit diesem Vorfall soll der Glockenlauf in Rattendorf aufgehört haben. In einigen Dörfern des untersten Gailtales von Neuhaus bis gegen Mallestig wird die Percht mimisch dargestellt. Ein als Pechtra verkleideter Bub läuft voraus, die andern rennen ihm mit Kuh- und Ziegenglocken nach. Vor jeder Haustür wird gejohlt, geläutet und angeklopft. Pechtrababa jagat (Frau Percht jagen) heißt der Brauch. Sie laufen durch und um das Dorf, über die Felder, jedenfalls aber bis zur Ortsgrenze. Das Jagen unterbleibt, wenn jemand im Dorf auf der Bahre liegt. Es bewahrt vor Unglück beim Vieh, vertreibt auf Reichweite des Glockenschalls den Bären und halt böse Geister ab. Man hält die Pechtra auch für den Winter, der verjagt werden soll. In Leopoldskirchen liefen die jungen Hirten noch am Schlusse der Fastenzeit läutend durch das Dorf und sogar hinein in den Flickergraben, um die Perchtl zu verjagen, damit dem Vieh auf der Weide kein Unglück zustoße.

Ist auch der Umzug der Percht und das sogenannte Perchtenlaufen in Kärnten heute schon auf ganz bestimmte Landstriche beschränkt, so muß es früher in Gegenden bekannt gewesen sein, wo heute die Percht nur mehr als Schreckwort für unfolgsame Kinder gebraucht wird. Der Perchtenlauf ist ein Bewegungszauber, verbunden mit der nachahmenden Darstellung des umziehenden Seelenheeres zur Förderung der Fruchtbarkeit von Haustieren und Saaten. Er wurzelt in dem Gedanken, daß mit der Nachbildung überirdischer Wesen auch ihre Kraft erlangt werde. Die kärntischen Bräuche des Einkehrens der Perchtl und ihrer Vertreibung durch lärmende Umzüge zeigen in der Verkleidung, der zauberhaften Bewegung und dem Lärm, der dabei erzeugt wird, noch ganz heidnische Merkmale; zu ihnen gesellt sich noch die deutlich wahrnehmbare Furcht der Menschen, daß der Naturgeist, dessen Kraft sie sich durch Nachahmung aneignen, selbst erscheinen und sich an ihnen rächen könne.

Ein alter Bewegungszauber zur Erzielung der Fruchtbarkeit des Flachses ist das sogenannte „Haarlangfahren oder -reiten" am Vorabend vor Dreikönig. Es fand noch vor dem Krieg im oberen Gail- und Lesachtal statt. Mit Handschlitten fuhren Kinder von Almen und Bergen in möglichst weiten Bahnen hinunter. Je länger die Schlittenbahn war, um so größer geriet der Flachs.

Weisen diese zwei Gruppen von Dreikönigsbräuchen in das deutsche Heidentum [ Anm. der Redaktion: der Begriff ist wissenschaftlich nicht haltbar ], so liegt in dem folgenden eine Abart des Narrenkönigs der Saturnalien vor, die auf die Knienden und von da, wohl mit Rücksicht auf den Namen des Tages, auf die Dreikönigsfeier übertragen worden ist. Eine Nachricht aus dem Ende des 18. Jahrhunderts besagt, daß damals in Kärnten jedes Jahr am 6. Jänner mehrere Hausgenossen übereinkamen, einen Hauskönig einzusetzen. Während der dazu Ausersehene noch schlief, wurde ihm eine Krone von Tannenzweigen aufgesetzt. Das ganze Hausgesinde sammelte sich vor seinem Bett, weckte ihn und begrüßte ihn unter ausgelassenem Gelächter als König.

Quelle: Georg Graber, Volksleben in Kärnten, Graz 1938.
Email-Zusendung und korrekturgelesen von Harald Hartmann, 27. Dezember 2005.
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