Januar
, Jänner



aus: E. Hoffmann-Krayer, H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,
Berlin und Leipzig 1932


I. Der Januar wurde von Numa Pompilius den früheren zehn Monaten des Jahres hinzugefügt. Er hat den Namen nach dem Gott Janus, dem er geweiht war. Die älteste deutsche Bezeichnung Wintermonat 1) dürfte von Karl dem Großen selbst herrühren 2). Im Breslauer Monatsgedicht (15. Jh.) heißt er Wolfmonat:

Wolfmondin heyssin yn die leyen,
Dy wolfe treten denne eren reyen.

Die Wölfe haben die Ranzzeit von Ende Dezember bis Mitte Februar und wurden wohl auch meist zu dieser Zeit gejagt 3).

Vom 15. Jh. an wird auch der Name Hartmonat üblich, der wahrscheinlich auf die harte Kälte und den fest gefrorenen Erdboden hindeutet 4). Ein Seitenstück ist die noch heute in Neubrandenburg gebräuchliche Bezeichnung Dickkopp 5). Im Tegernseer Kalender (16. Jh.) heißt der Januar Dreschmonat 6). In der Schweiz findet sich seit dem 14. Jh. der Barmonat oder Bärmonat, wofür bisher keine ansprechende Erklärung gefunden wurde 7). Weinhold, dem seinerzeit nur wenig Belege vorlagen, wollte Barmanoth als Schreibfehler für das alte Jarmanot erklären 8). Dies Jahrmonat, das auf den Anfang des Jahres hinweist 9), hat in dem westfriesischen jiers foarmoanne ein Seitenstück 10). Der Lüneburger Kalender von 148o nennt den Januar wolgheborn, d. i. volborn 11), der holsteinische (Bordesholmer) Kalender aus dem Beginn des 16. Jh. kalvermaen 12). Um Göttingen hieß er noch im 19. Jh. dat kale mand 13). Am Niederrhein trifft man den Namen Lasmant, bei den Flämen und Niederländern Lauwmaand, früher auch Janmaend 14). Erst im 18. Jh. erscheinen die Bezeichnungen Eismonat 15), dem das tschechische leden entspricht, und nach dem alten Hornung, das mit dem Februar auch den Januar bezeichnete 16), der große Horn 17). Die skandinavischen Namen, wie z. B. das schwed. Thore, Thorsmånad hat Weinhold mit der dürren, trockenen Kälte des Monats in Zusammenhang gebracht 18), während man sie jetzt auf den Wachstumsgott Thor bezieht, dessen Wiedergeburtszeit in den Januar fällt 19). Fischart bringt in "Aller Praktik Großmutter" eine Reihe von wahrscheinlich selbst ersonnenen Namen gewöhnlich nach in den Januar fallenden Festtagen, so Stuben- oder Ofenmonat 20), Königsmonat oder Dreiweisenmonat 21), Fabianmonat und Bastianmonat 22) (Fabian und Sebastian, 20. Januar), Paulmonat 23) (Pauli Bekehrung, 25. Januar). Der Name Steffaman deutet auf den 25. Dezember als Jahresbeginn hin, da der Stefanstag auf den 26. Dezember fällt 24).

Eine Personifikation der Monate und auch des Januar 25) findet sich in italienischen, neugriechischen, rumänischen und slawischen Märchen 26). In einem slowakischen Märchen gibt der Januar seinen Stab dem März, und wie ihn dieser erhebt, schmilzt der Schnee, die Bäume knospen und Gras und Veilchen sprießen hervor. Wenn aber der Januar selbst den Stab dreht, entsteht Finsternis, Schneegestöber und Sturm 27).

Zuweilen kommt der Name Januar auch als Familienname vor, meist Jenner geschrieben 28).

1) Weinhold Monatnamen 5. 21. 62.
2) Ebd. 6.
3) Ebd. 63.
4) Ebd. 9. 17. 18. 20. 26. 40.
5) ZfVk. 5 (1895), 319.
6) Weinhold a. a. O. 14. 36.
7) SAVk. 11 (1907) 91 f.
8) Weinhold a. a. O. 15.
9) Ebd. 47.
10) Ebd. 21. 25.
11) Ebd. 2o. 59.
12) Ebd. 20. 47.
13) Ebd. 20.
14) Ebd. 18 f. 48.
15) Ebd. 11 f. 36.
16) Ebd. 2.
17) Ebd. 9 f. 45.
18) Ebd. 58 f.
19) Meyer Germ. Myth. 218.
20) Weinhold a. a. O. 51. 58.
21) Ebd. 47. 60.
22) Ebd. 33. 37.
23) Ebd. 52.
24) Ebd. 58. Zu allen Namen vgl. auch Fredenhagen Monatsnamen 131 f.
25) Im Berner Jura ist der personifizierte "Janvier" als Geber der Neujahrsgeschenke gedacht, Hoffmann-Krayer 115.
26) Bolte-Polivka 1, 107.
27) Ebd . 1, 104. Unrichtig wiedergegeben bei Schultz Zeitrechnung 184 Anm.
28) A. Heintze Die deutschen Familiennamen 5 (Halle 1922) 52.



2. Im Januar tritt die Sonne in das Zeichen des Wassermanns 29) (s. d.). Am Janustag beschlossen die alten Römer die Saturnalien mit allerlei Mummenschanz, bei welchen man sich gern mit Hirsch- und Rindskalbfellen bekleidete. Dies fand auch in Gallien Nachahmung. Eligius predigte dagegen 30), und die Januarfeier wurde wiederholt von seiten der Kirche verboten 31) (s. Neujahr). An den Januarskalenden wurden auch Geschenke verteilt, die Vorläufer unserer Neujahrsgeschenke 32) (s. d.). Heute wird hie und da auch noch der 2. Januar gefeiert, namentlich auf alemannischem Gebiet. In manchen Orten gibt die Gemeindeabrechnung oder die Wahl der Gemeindebeamten Veranlassung zu einer abendlichen Zeche 33). Im Bentheimschen ist noch jetzt der 2. Januar "Handgift" ("Beschenkung"). In verschiedenen Orten bei Eisenach heißt dieser Tag "Waldvir" (Waldfeier), und alle Arbeit, besonders im Walde, ruht. Ebenda wird am gleichen Tag der Hirt gedungen, im Osnabrückischen besuchen die Dienstboten ihre Verwandten 34) und in Schlesien wechseln sie den Dienst 35). Blut von Verbrechern, das am 2. Januar fließt, kündet im Aargau Krieg und Teuerung an 36). Der Montag nach Dreikönig wird besonders in den Niederlanden gefeiert 37) (s. Montag).

Der Jänner ist ein Holzbrenner 38), gilt als der kälteste Monat, in dem man auf seine Gesundheit achten muß 39). Anweisungen über das Verhalten an den einzelnen, mit den Gestirnen in Zusammenhang gebrachten Tagen des Januar bringt bereits eine Heidelberger Handschrift des 15. Jh. 40). Nach einem im 17. Jh. viel verbreiteten Buche wird der blind, der am 17. Januar zur Ader läßt 41). Noch heute heißt es, daß ein regenreicher 42) oder schneefreier 43) Januar die Gottesäcker düngt und daß dann besonders viel Frauen sterben 41). Stirbt eine Wöchnerin im Januar, so sterben in dem Jahre noch sechs andere 45). Hochzeiten finden, wenn auch keine bestimmten Angaben vorliegen, häufig im Januar statt. Der Spätherbst und der Winter galten ja schon in idg. Zeit als besonders geeignet zum Heiraten, und der attische Name für Januar deutet darauf hin 46). Von den im Januar geborenen Kindern heißt es vereinzelt bei den Pennsylvaniern, daß sie geistersichtig sind 47).

Die Wetterregeln des Januar betonen die Kälte des Monats:

Fangen die Tage an zu langen,
Kommt der Winter gegangen 48).

Doch ist dies von günstiger Vorbedeutung für das Jahr, da der Bauer im Januar lieber den Wolf, d. i. rauhes, kaltes Wetter, als den Pflug im Feld sieht's 49). Denn:

Januar muß vor Kälte knacken,
Wenn die Ernte gut soll sacken 50).

Oder:

Knärrt im Jänner Eis und Schnee,
Gibts z'r Ernt' vül Koa(r)n und Klee 51).

Umgekehrt ist warmes, sonniges Wetter im Jänner nicht gern gesehen, denn

Tanzen im Januar die Mucken,
Muß der Bauer nach Futter gucken 52).

Oder:

Wächst das Gras im Januar
Ists im Sommer in Gefahr 53).

Nur am Neujahrstag soll schönes Wetter sein, dann wird das Jahr fruchtbar 54). Und im besondern gerät der Flachs gut, wenn die Sonne am Neujahrstag auf den Altar scheint 55). Für den Flachs ist Januarregen am wenigsten gut 56). Nebel im Januar bringen ein nasses Frühjahr 57) oder Maireif 58). Wie viele Nebel im Januar, so viele Wetter im Sommer 59). Für das Wetter des Jahres sind ferner wichtig die Lostage: Makarius (2. Januar), Dreikönig, Paul Eins. (10. Januar) und Pauli Bekehrung (25. Januar), Fabian und Sebastian (20. Januar), Vinzenz (22. Januar) 60). Für die Hauswirtschaft gilt endlich:

Gibt's im Januar viel Stern,
Legen die Hühner gern 61).

29) Ausdeutungen bei Nork Festkalender 3 ff.
30) Ebd. 37; ARw.2o (1920/21), 91 ff.
31) Reinsberg Böhmen 3; Hefele Conciliengeschichte 3, 516; Friedberg Bußbücher 64. 32) SAVk. 7, 130; Kapff Festgebräuche 5; Geramb Brauchtum 7 ff. Vgl. das Augsburger Monatsgedicht bei Birlinger Aus Schwaben 2, 147.
33) Sartori Sitte 3, 72. 34) Ebd. Anm.
35) Drechsler I, 5o.
36) Kohlrusch Sagen 339.
37) Vgl. Höfler Fastnacht 8. Auch das altheidnische Opferfest in Seeland fand im Januar statt (s. Winter).
38) Baumgarten Aus der Heimat I, 42; ZfVk. 2 (1892), 190.
39) Hovorka u. Kronfeld 2, 378 (Hundertjähr. Kalender).
40) Alemannia 24 (1896), 266 ff.
41) Andree Braunschweig 415.
42) Reinsberg Wetter 64; ZfVk. 9 (1899), 232.
43) Wäldlerkalender 4. Jahrg. (Oberplan 1926), 104.
44) John Erzgebirge 250.
45) Wuttke 215 § 300.
46) Schrader Reallex. 354 f.
47) Fogel Pennsylvania 31 Nr. 2.
48) B. Haldy Bauernregeln (Jena 1923) 12; Drechsler I, 52; ZfrwVk. 1905, 299.
49) ZfrwVk. 1914, 268.
50) Haldy a. a.0. II.
51) Vld. 17 (1915), 33 (Steiermark).
52) Ebd. 21 (1919), 9o; ZfrwVk. 1905, 299; Hesemann Ravensberg 107; Baumgarten Aus der Heimat I, 43; Reinsberg Wetter 64; Haldy a. a. O. 9.
53) Haldy a. a. O. 9.
54) Ebd. 13; Zingerle Tirol 124; Vld. 17 (1915), 33.
55) Urquell 6 (1896), 15.
56) ZfVk. 2 (1892), 191 mit unrichtiger Erklärung der Redensart "Die Jännertropfen tun den Hår fast völlig auszopfen".
57) Haldy a. a. O. 12; Vld. 17 (1915), 33.
58) Fogel Pennsylvania 236 Nr. 1221.
59) Zingerle Tirol 131; ZfVk. 7 (1897), 357 (Tirol).
60) Vgl. Reinsberg Wetter 67 ff.; Haldy a. a. O. 13 ff.
61) Eberhardt Landwirtschaft 21.


Vgl. noch Berchta, Dreikönig, Epiphanias, kalte Kirchweih (13. Januar), Montag (nach Dreikönig), Neujahr, Sternsingen, Winter.


Jungbauer.