JUNI



aus: E. Hoffmann-Krayer, H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,
Berlin und Leipzig 1932


1. Der Juni ist nach Juno benannt, nach andern, was wenig wahrscheinlich ist, nach L. Junius Brutus, dem ersten Konsul Roms 1). Die älteste deutsche Bezeichnung Brachmonat (Brachmânoth) ist entstanden, weil in diesem Monat bei Dreifelderwirtschaft das Brachfeld bearbeitet wird 2). lm Breslauer Monatgedicht (15. Jh.) heißt es daher:

Der brochmonde her och heyst
Von dem roczigen gebawer allermeyst.
Sy reyssen denne das felt umme.
Dy lenge und och dy kromme
Vnd machens bequeme czu der czeyt 3).

Von anderen Namen finden sich: Sommermonat 4), das dem norweg. Sumarmoanar und schwed. Midsommar 5) entspricht, Rosenmonat 6), Lûsemaen im holsteinischen (Bordesholmer) Kalender (16. Jh.), wobei an die Schildlaus zu denken ist, nach der der Juli dän. Ormemaaned heißt 7), Hungermuun auf Sylt 8), womit treffend die Lebensmittelknappheit dieser Zeit vor der Ernte bezeichnet wird, niederländ. Wêdemaent, dem der Weidmonat bei Fischart entspricht 9), der außerdem in seiner "Aller Praktik Großmutter" noch die Namen anführt: Hundsman (siehe Hundstage), Johannmonat, Maedermonat und Nicomonat (wahrscheinlich nach Nicomedes, 1. Juni) 10).

Im Juni tritt die Sonne aus dem Zeichen der Zwillinge in das der Krebse 11). Wegen Personifikation des Juni vgl. Monat.


1) Meyers Konv.-Lex. 10 (1905), 376.
2) Ebd. 3 (1905), 297; Weinhold Monatnamen 34 f.; SAVk. II (1907), 94 f.; H. Fredenhagen Deutsche Monatsnamen (Festschrift zur 18. Hauptversammlung des Allg. d. Sprachvereins. Hamburg 1914, 141); Baumgarten Heimat I, 49.
3) Weinhold a. a. O. 35.
4) Ebd. 56.
5) Hoops Reallexikon 3, 236.
6) Weinhold a. a. O. 53.
7) Ebd. 49.
8) Ebd. 46.
9) Ebd. 60.
10) Ebd. 46 ff.
11) Ausdeutung bei Nork Festkalender 373 ff.


2. Im Juni, in dem im alten Rom ein Fest der Vesta stattfand 12), in Frankreich früher alljährlich ein neuer Stein zu den Menhirs aufgerichtet wurde, welche "on illuminait à grands frais la nuit qui précédait cette cérémonie" 13), und in Rußland zuweilen noch Frühlingsbräuche ähnlich dem Todaustragen, geübt werden 14), kommt neben dem Fest der Sonnenwende (siehe dort) für den Aberglauben wenig in Betracht. Doch fallen meist auch die Pfingsten (siehe dort) und damit der Dreifaltigkeitssonntag (siehe dort) und Fronleichnam (siehe dort und Donnerstag) in den Juni.

Wie der Oktober und März (siehe dort), so werden im Wetterglauben der Juni und Dezember in Zusammenhang gebracht. So heiß es im Juni ist, so kalt soll es im Dezember sein; und so naß oder trocken der Juni ist, so soll auch der Dezember sein 15). Im allgemeinen ist ein trockener Juni erwünscht:

Juni, trocken mehr als naß,
Füllt mit gutem Wein das Faß 16).
Oder:

Wenn kalt und naß der Juni war,
Verdirbt er fast das ganze Jahr 17).

Nur im oberen Böhmerwald heißt es: "Im Juni soll's regnen, daß dem Hirten die Kleider vom Leibe fallen" 18). Von einzelnen Tagen, meist Lostagen (siehe dort), sind zu nennen: der 2. Juni, an dem Lein gesät werden muß 19); der 8. Juni (Medardi), der das Wetter auf sechs Wochen voraussagt 20), und günstig ist für die Feldarbeit, denn

Wer auf Medardi baut,
Dem wachst viel Flachs und Kraut 21).

Ferner der 15. Juni (Veit) 22), im Böhmerwald besonders wichtig für das Krautpflanzen 23); der 17. Juni als ausgesprochener Unglückstag (siehe dort) 24); der Johannistag (siehe dort), der 27. Juni (Siebenschläfer) 25) und Peter und Paul 26) (siehe dort).

Nach dem hundertjährigen Kalender soll man im Juni vorsichtig im Essen und Trinken sein 27).


12) Domaszewski Religion 179; Frazer 2, 127 Anm.
13) Sébillot Folk-Lore 4, 14,
14) Frazer 4, 262.
15) Reinsberg Wetter 139; B. Haldy Die deutschen Bauernregeln (Jena 1923) 54.
16) Reinsberg Böhmen 289 und Wetter 139; Haldy a. a. O. 54.
17) Drechsler 1, 133; Reinsberg Wetter 139; Haldy a. a. O. 54.
18) John Westböhmen 236.
19) Leoprechting Lechrain 180; Wuttke 421 § 657 (Mecklenburg).
20) Leoprechting Lechrain 18o; Zingerle Tirol 157; Reinsberg Böhmen 290 und Wetter 140; Haldy a. a. O. 58 ff.
21) Zingerle Tirol 157; Reinsberg Böhmen 295: Jungbauer Volksdichtung 225.
22) Baumgarten Heimat 1, 49; Sartori Sitte und Brauch 3, 221; Frazer 10, 335: Leoprechting Lechrain 181; Reinsberg Böhmen 299 ff. und Wetter 143 ff.; Haldy a. a. O. 59 f.
23) Jungbauer Volksdichtung 225; John Westböhmen 70.
24) Vgl. Fogel Pennsylvania 263 Nr. 1372.
25) Reinsberg Wetter 149; K. Kaßner Das Wetter2 (Nr. 25 von "Wissenschaft und Bildung" Leipzig 1918) 24.
26) Leoprechting Lechrain 185; Reinsberg Böhmen 325 ff. u. Festtjahr 194 ff. und Wetter 149 f.; Haldy a. a. O. 6o f.
27) Hovorka und Kronfeld 2, 379.


Jungbauer.