NOTBURGA, hl.


aus: E. Hoffmann-Krayer, H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,
Berlin und Leipzig 1932



1. Eine Bauernmagd, deren Kult erst 1862 kirchlich bestätigt, die aber schon lange vorher verehrt wurde, namentlich im Unterinntal, wo sie in Rattenberg um 1265 geboren sein soll. Gestorben ist sie 1313 (1315), bestattet zu Eben im Achental. Ihr Gedächtnistag ist der 14. September 1). Als sie einst über Feierabend arbeiten sollte, machte sie ihre Sichel zur Richterin und hängte sie an einem Sonnenstrahl auf 2). Die Notburgasichel dient als Amulett gegen Behexung und Zauberei 3). Notburga ist "Feierabend-Patronin", Patronin für Hausmägde und "Kindsmenscher" und wird auch in Sachen der Landwirtschaft und bei Viehkrankheiten angerufen 4). Grabeserde der Heiligen, mit Wasser angerührt, ist heilsam 5). In größtem Ansehen steht das Agnus Dei von den englischen Fräulein in Altötting mit dem Namen St. Notburga 6). Auf dem Wege, der vom Schlosse Leuchtenberg niederführt, wachsen Erbsen 7) oder Bohnen 8) ungesäet und wild. Das rührt davon her, daß die h. Notburga, die dort in Diensten stand, oft diesen Weg gewandelt ist, um den Armen Speise und Trank zu bringen.

Biedermeier-Hausalter, romantisches  Tafelbild u.a. mit hl  Notburga

Biedermeider-Hausaltar, romantisches Tafelbild zeigt Gottvater
Hll. Isidor, Wendelin und Notburga segnend, 1850, Hans Kapferer (?)
Vgl. Dehio-Handbuch, Tirol, 1980, S. 725,
©Berit Mrugalska, 27. April 2004, St. Quirin, Sellraintal


1) Andree Votive 10; Grimm Sagen2 1, 398 f. (351); Panzer Beitrag 2, 48; Rochholz Gaugöttinnen 121 f.; W. Glock Notburga (Karlsruhe 1883). Zu ihrem Begräbnis: Schmidt Kultübertr. 96; Zingerle Sagen 116f.
2) ZfVk. 4 (1894), 113; 10 (1900), 219 f.; Zingerle Sagen 358f. (619); Alpenburg Deutsche Alpensagen 79f.
3) Andree-Eysn Volkskundliches 133.
4) Andree Votive 10.
5) ZfVk. 1 (1891), 302; Höfler Waldkult 64.
6) Pollinger Landshut 274.
7) Zingerle Sagen 359 (620).
8) Ders. Tirol 102 (873).


2. Eine Schottin aus königlichem Geschlecht, die nach ihres Mannes Tode aus Schottland vertrieben wurde. Sie kam am Rhein mit Neunlingen nieder. Unter ihrem Stabe entsprang ein Quell, aus dem sie acht Kinder taufte, das neunte war schon gestorben 9). Sie ist Patronin der Mehrgeburten, für glückliche Entbindung und gegen Geburtsschmerzen. Verehrt wird sie nur im badischen Dorfe Bühl im Klettgau (zwischen Waldshut und Schaffhausen) 10).

9) Pfleiderer Attribute d. Heiligen 88.
10) SAVk. 12 (1908), 191 ff. = ARw. 16 (1913), 615; Künstle Ikonographie d. Heil. 468f.


3. Sagen von einer dritten frommen Frau mit Namen Notburga knüpfen an die Notburgahöhle bei der Burg Hornberg am Neckar an. Ihr Vater (angeblich König Dagobert I.), der sie aus der Höhle fortziehen wollte, behielt ihren Arm in der Hand (dem Bilde auf ihrem Grabstein in der Kirche des Dorfes Hochhausen fehlt der linke Arm). Auch von ihr wird das Begräbnis mit zwei weißen Stieren und den selbstläutenden Glocken erzählt 11). Die Landleute wollten jeden Morgen im Tau noch den Pfad erkennen, den ein weißer Hirsch einschlug, der ihr Nahrung brachte 12).

11) Grimm Sagen2 1, 399f.; Meier Schwaben 300f.; Wolf Beiträge 1, 182f.; Künstle Ikonographie 468; Hmtl. 14, 123ff. (Notburgahöhle).
12) Baader Sagen des Neckarthals 177.


Sartori.