OKTOBER



aus: E. Hoffmann-Krayer, H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,
Berlin und Leipzig 1932


I. Der Oktober hat seinen Namen davon, weil er im altrömischen Kalender, das mit dem März begann, der achte Monat war. Das vom latein. vindemia = Weinlese gebildete Windumemanoth l) Karls des Großen wurde bald durch Winmanot, Weinmonat 2), ersetzt. Ferner heißt der Oktober auch Herbst- oder Herbstmonat, zum Unterschied vom September auch der ander Herbst oder Herbstmonat 3). Früh findet sich Laubprost und Laupreise; das zweite auch für November, gleichwie das slaw. listopad für beide Monate vorkommt. In der Schweiz bedeutet Loubrisi allgemein den Herbst 4). Gleich dem September wird der Oktober ferner auch Sämonat 5) genannt und endlich auch Schlachtmonat 6), wie im schwed. Slagtmånad oder Böltmånad 7), womit aber häufiger der November und Dezember bezeichnet werden, besonders in südlicheren Ländern, in welchen die Schlachtzeit später fällt als etwa in Skandinavien 8). Auf den in der Herbstzeit geübten Vogelfang deutet der Sylter Name Füghelmuun 9), und das Rückwärtsgehen der Tage und des Jahres drückt das niederländische Aarzelmaend, Aerselmaend (ärschlings = rückwärts) aus 10). Fischart führt in "Aller Praktik Großmutter" noch an: Luxmonat 11) (Lucas, 18. Oktober) und Wolfgangmonat 12) (31. Oktober).

Betreffs Personifikation des Oktober vgl. Monat.

1) Weinhold Monatnamen 61; Reinsberg Festjahr 291.
2) Weinhold a. a. O. 60.
3) Ebd. 41 ff.
4) Ebd. 48.
5) Ebd. 54.
6) Ebd. 54.
7) Hoops Reallexikon 3, 236.
8) Müllenhoff Altertumskunde 4, 606.
9) Weinhold a. a. O. 38.
10) Ebd. 29.
11) Ebd. 49.
12) Ebd. 63.


2. Im Oktober tritt die Sonne in das Zeichen des Skorpions 13). Im alten Rom wurde am 15. Oktober dem Mars feierlich ein Roß geopfert (Oktoberroß) 14), im Albanergebirge wird heute noch der 0ktober durch Erntefeste gefeiert 15). Bei den alten Sachsen begann am 1. Oktober ein dreitägiges Fest, das einerseits dem Anfang des Winters, dem Neujahr, andrerseits den Toten galt. Dasselbe Fest wurde zu Augsburg am 28. September gefeiert 16) (siehe Herbstfeste). Verschiedene Gebräuche am 31. Oktober weisen darauf hin, daß bei den Kelten das Neujahr wahrscheinlich mit November begann 17). Heute wird im Oktober vor allem die Kirchweih (siehe dort) gefeiert 18), auch die von Kaiser Josef II. angeordnete Kaiserkirchweih 19). Seit dem 12. Oktober 1810, dem Vermählungstage König Ludwig I. von Bayern und der Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen findet alljährlich das Münchner Oktoberfest auf der Theresienwiese statt 20).

Der hundertjährige Kalender warnt davor, im Oktober allzu viel neuen Most zu trinken, empfiehlt aber sonst Essen, Trinken, Arzneien, Purgieren, Ader lassen, Baden und Schröpfen 21). In Steiermark säubert man noch heute im Oktober den Pferden das Maul 22). Vereinzelt gilt der 1. Oktober als der Tag, an dem Sodom und Gomorrha untergegangen sind, und daher als Unglückstag (siehe dort) 23). Wenn man am 1. Oktober auf dem Felde schießt, vertreibt man alles Unwetter 24). In Neuenknick, Bez. Minden, ist er der Wechseltag der Dienstboten 25). Mit dem 22. 26), bei den Franzosen dem 25. Oktober 27), sollen die Fliegen verschwinden. In Ungarn heißt es, daß man gleich beten soll, wenn man am 31. Oktober einen Wolf sieht, weil man sonst das ganze Jahr von Wölfen träumt 28). Im Braunschweigischen sagt man: "0ktober mâket de pâre power", weil in diesem Monat die meiste Arbeit ist 29).

Der Oktober ist vielfach vorbedeutend für das Wetter des Winters 30). Ein warmer Winter kommt, wenn die Hühner im Oktober mausern 31).

Bringt der Oktober viel Frost und Wind,
Ist der Jänner und Februar gelind 32).

Es heißt auch: "Wie es im Weinmonat wittert, so soll es im künftigen Märzen geschehen" 33). Für die Witterung sind wichtig die Lostage (siehe dort) des Oktobers, der 16. (Gallus), der auch als Winteranfang gilt 34), an dem die Weide aufhört 35) oder von dem an man überall weiden kann, denn "Der Galli, ist nichts mehr heili" 38); dann der 21. Oktober (Ursula), an dem das Kraut daheim sein soll 37), der 20. 0ktober (Wendelin) 38), der 28. Oktober (Simon und Juda) 39) und der 31. 0ktober (Wolfgang) 40). Der Tag Simon und Juda, an dem einst die Sintflut hereingebrochen ist 41), gilt allgemein als Winteranfang 42); in volksetymologischer Deutung des Namens Simon scherzhaft auch als der Tag der Pantoffelhelden, an dem kein Mann seiner Frau widersprechen darf 43), denn
Simoni (= Sie Mann) und Erweib,
Sie haut und er schreit 44).


13) Vgl. Nork Festkalender 614.
14) Frazer 8, 42ff.; Domaszewski Religion 179.
15) Manuhardt Forschungen 162.
16) Grimm Mythologie i, 341. 2420.; Müllenhoff Altertumskunde 4, 459; Golther Mythologie 586f = Meyer Religionsgeschichte 423; Frazer 6, 813. Auch ein nordgermanisches Opferfest fiel in den Oktober, Schrader Reallexikon 980.
17) Frazer 10, 136. 224.
18) Reinsberg Festjahr 3030.; Kapff Festgebräuche Nr. 2, 19.
19) Reinsberg Böhmen 482.
20) Reinsberg Festjahr 3150.; Duller Deutsches Volk 306. Dazu Festschrift von E. v. Destouches, 1912.
21) Hovorka und Kronfeld 2, 380.
22) Reiterer Steiermark 107.
23) Höhn Tod, Nr. 7, 312.
24) Drechsler 1, 152.
25) Sartori Sitte 2, 38.
26) Strackerjan 2, 176 Nr. 408.
27) Reinsberg Wetter 183.
28) ZfVk. 4 (1894), 405.
29) Andree Braunschweig 413.
30) Baumgarten Aus der Heimat 1, 53; Albers Das Jahr 276.
31) Fogel Pennsylvania 221 Nr. 1116.
32) Reinsberg Böhmen 464 und Wetter 177; B. Haldy Die deutschen Bauernregeln (Jena 1923), 83. 85.
33) Lütolf Sagen 559 Nr. 585; Haldy a. a. O. 86.
34) Reinsberg Böhmen 479 und Festjahr 321 und Wetter 180f.; Sartori Sitte 3, 259; Haldy a. a. O. 87ff.
35) Leoprechting Lechrain 197.
36) Jungbauer Volksdichtung 225.
37) Leoprechting Lechrain 197; Haldy a. a. O. 89.
38) Reinsberg Festjahr 327.
39) Ebd. 321; Reinsberg Böhmen 487.
40) Leoprechting Lechrain 198; Reinsberg Festjahr 327f.
41) Nork Festkalender 658.
42) Reinsberg Wetter 183f.; Haldy a. a. O. 87.
43) Leoprechting Lechrain 198.
44) Zingerle Tirol 173.


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