SELLERIE (Eppich; Apium graveolens).

aus: E. Hoffmann-Krayer, H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,
Berlin und Leipzig 1932

1. Doldenblütler mit dicker, fleischiger Wurzel und glänzenden, fiederteiligen Blättern. Der Sellerie wird häufig in den Gärten als Gewürz- bzw. Salatpflanze kultiviert. Er ist teilweise identisch mit der Pflanze xxxx (apium) der Antike, die im Totenkult eine große Rolle spielte 1). Unter "Eppich" werden auch andere Doldenblütler (z. B. Wasser-Eppich = Sium latifolium; Garten-Eppich = Petroselinum sativum; Roß-Eppich = Heracleum sphondylium, Seseli macedonicum, Smyrnium olusatrum) sowie der Efeu verstanden. In einem Wälschtiroler Märchen wird ein Mädchen, als es Sellerie ausziehen soll, von der Pflanze hinabgezogen 2).

1) Pauly-Wissowa 6, 1, 252 ff.; Rohde Psyche 2, 432; Köchling de coronarum vi 50.
2) Schneller Wälschtiro1 84ff.

2. Der Sellerie gilt wegen des starken Geruches wie viele seiner Verwandten (siehe Dill, Fenchel, Kümmel, Meisterwurz) als hexenabwehrendes Mittel 3). Das Brautpaar mußte eine Selleriewurzel in die Tasche oder in die Schuhe stecken 4), siehe Dill (2, 296). Das Kraut steckte man in Fugen und Ritzen des Schweinestalles, damit die Tiere nicht verrufen werden. Auch in die Kuhställe wurde es gebracht, damit die Milch nicht gerinnt 5). Bei den Neugriechen ist Sellerie eine Glückspflanze und wird nebst Knoblauch und Zwiebel in Zimmern aufgehängt, an Seidenwurmhürden angebunden, den kleinen Kindern beigegeben usw. 6).

3) Dirksen Meiderich 45; ZfVk. 4, 324; Seligmann Blick 2, 84.
4) Treichel Westpreußen 2, 193; Knoop Hinterpommern 159.
5) Treichel a. a. 0. 4, 5.
6) Fraas Synopsis Plantarum florae classicae 1845, 147 = Hovorka und Kronfeld 1, 390.

3. Der Sellerie gilt im Volke allgemein als starkes Aphrodisiakum, was jedoch pharinakologisch nicht erwiesen ist 7). So sagt schon Konrad von Megenberg 8): "ez sprechent auch etleich, daz daz kraut und sein säm den ammen schad sei, wan ez pringt unkäusch und mit der unkäusch sinket in diu behend fäuht auz den prüstleinn hin ab zuo der unkäuschen stat". In einem Arzneibuch des 15. Jh.s heißt es: "Item das dich din frouw fur al man lieb hatt, so nim epich safft mit honig gestoßen und tempteriert und schmir den zagel da mit und die hoden, so machst du als wohl, das ir kein ander fur dich liebt" 9). Verschiedene erotische Reime spielen auf diese vermeintliche Kraft des Selleries an, z. B. in der Pfalz:


Schatzl, back meer Aier
Mit Zellerie und Salat,
Am Sonntak gehe meer maie,
Mei Mudder hat's gesaht 10).


In Frankreich sagt man: "si la femme savait ce que le céleri vaut à l'homme, Elle en irait chercher jusqu'à Rome" 11), vgl. Petersilie. Auch Volksnamen des Selleries wie Geilwurz (Baden), Böckekriut (Bockkraut; Südhannover), Hemadspreizer (Niederösterreich), Stehsalat (erectio penis) (Pfalz) weisen auf diesen Glauben hin. Der Cod. Bonensis 218 (aus Maria Laach) des 11. Jh.s bringt ein Orakel, um zu erfahren, was das Weib gebären wird. Man legt ihr grünen Eppich, ohne daß die Frau es weiß, auf ihr Haupt; wenn sie zuerst einen Mann nennt, wird sie ein Kind männlichen Geschlechts gebären, wenn eine Frau, ein Kind weiblichen Geschlechts 12). Auf ähnliche Weise erfährt man die Jungfräulichkeit eines Weibes: "Nim epich und brenn in unde habe in einer (Frau) für die nas, diu dä sprichet, si sei dirne: ist si niht ein dirn, so beseichet si sich" 13), siehe Brennessel (1, 1560).

7) Schulz Vorlesung über Wirkung und Anwendung der deutschen Arzneipflanzen 1919, 275.
8) Ed. Pfeiffer 382.
9) SAVk. 27, 82,
10) Wilde Pfalz 227.
11) Rolland Flore pop. 6, 174.
12) Heim Incantamenta 553; ebenso Joubert Erreurs popul. 1579, 276 = Rolland Flore pop. 6, 174.
13) Pfeiffer Arzneibücher 149.


Marzell.