WEIDENRÖSCHEN (Epilobium-Arten, z.B.: Epilobium angustifolium)

aus: E. Hoffmann-Krayer, H. Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,
Berlin und Leipzig 1932

Das Wald-Weidenröschen (E. angustifolium) besitzt wechselständige, weidenähnliche Blätter und rosenrote, in lockeren Trauben angeordnete Blüten. Es wächst vor allem auf Waldlichtungen. Im feuchten Gebüsch ist häufig das zottige Weidenröschen (E. hirsutum) mit großen Blüten und stark behaarten Blättern anzutreffen. Kleinere Blüten besitzt das Berg-Weidenröschen (E. montanum) 1). Die jungen Triebe des WaldWeidenröschens werden hin und wieder als "Notspeise" gegessen 2). In der Lausitz ißt man die jungen Blätter des Berg-Weidenröschens als "Rehwinsel" (Rapünzchen) am Gründonnerstag als Salat 3). Besonders im westlichen Deutschland und in der Schweiz ist das Weidenröschen als "Blezkruk" (Blitzkraut) 4), Muttergotteshaar (Luxemburg) 5), Frauenblüemli (Aargau) 6) ein Bestandteil des an Maria Himmelfahrt geweihten Kräuterbüschels. Der Name "Blezkruk" deutet darauf hin, daß man die Pflanze (rote Blütenfarbe) als blitzabwehrend betrachtet. Der alte Name Unholdenkraut 7) scheint einen dämonischen Hintergrund zu haben 8). Nach einem alten hs. Arzneibuch soll der "Weiderich mit purpurbraunen Blüten" (E. hirsutum?) gegen Mundfäule an Jakobi gesammelt werden, in einem Säcklein an den Hals gehängt, nach neun Tagen abgenommen und in ein fließendes Wasser geworfen werden 9). Im 16. Jh. band man das Weidenröschen gegen Zahnschmerzen an den Hals 10).

1) Marzell Kräuterbuch 458.
2) Rolland Flore pop. 6, 4; Jens. Holmboe Gamle Norske Matplanter. Avhandl. Norske Vidensk. Akad. Oslo. I Mat.-Nat. Kl. 1929. Nr. 2, 19.
3) Stübler Zur Lausitzer Volksbotanik und -zoologie 1926, 12.
4) ZfrwVk. 2, 33.
5) Naturwissenschaftliche Wochenschrift N. F. 8 (1909), 736.
6) SchweizId. q, 1218.
7) z. B. Mattuschka Flora Silesiaca 1 (1776), 331.
8) Vgl. auch Höfler Krankheitsnamen 240.
9) Höhn Volksheilkunde 1, 100.
10) Cordus Annotationes 1561, 215 v.


Marzell.