Der Osterstein bei Arzl
von Dr. Ludwig von Hörmann.

Nördlich vom Dorfe Arzl im Oberinntal liegt der sogenannte Osterstein (Ostarstoan). Es ist ein freistehender massiger Hügel, vorn felsig, rückwärts bewaldet, zu dessen Höhe ein Weg hinaufführt. Oben befindet sich ein kleiner ebener Platz, mit einer Steinterasse, welche der Hochosterstein heißt. Ringsum liegen mehrere abgeplattete Steinblöcke (Ganden) zerstreut.

Der Ort gilt für unheimlich, weil einst Hexen hier ihr Unwesen getrieben haben sollen. Weiter unten steht eine kleine Kapelle mit dem Schutzpatron den heil. Magnus; östlich am Fuße des Berges befindet sich der Sage nach ein verschüttetes Goldbrünnl. Alljährlich am Veitstage (15. Juni), bevor man das Vieh zur Alpe treibt, sowie auch bei Misswachs, geht eine Prozession um den Osterstein.

Da sonst keine religiöse Zeremonie daselbst allenfalls zu Ostern stattfindet, von der der Hügel seinen interessanten Namen entlehnt haben könnte, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass wir in ihm eine alte Kultusstätte der deutschen Licht- und Frühlingsgöttin Ostara zu suchen haben.

L. v. Hörmann.

Quelle: Ludwig von Hörmann, Der Osterstein bei Arzl, in: Archiv für Geschichte und Alterthumskunde Tirols, I. Jahrgang, Innsbruck 1864, S. 308.
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