Grabschriften und Marterlen


Gesammelt und herausgegeben
von Ludwig von Hörmann, Leipzig 1890

VOTIVTAFELN,
BILDSTOECKELN [Bildstöcke]
UND
FELDKREUZE.

Menschen Hilfe ist klein,
Drum trau auf Gott allein.

Bildstöckl bei Lermoos.

Berg auf - Berg ab steigen und fallen
Der Menschen Schicksale. 1812.
In Stein gehauen am Wege zum

Christispitz in Obersteiermark.

Wandrer steh still und schnaufe,
Bete ein Vaterunser und ein Auve.

Bildstöckl im Ötzthal [Ötztal]


Spinne Schücksall spinne,
Spinne kurz und dinne
Meinen Lebensfaden ein;
Webe dicht die Leiden,
Webe seigt* die Freuden,
Webe mir nur Seelenruh darein.

Bildstöckl am Eingang des
Zimmerthales [Zimmertal] südlich von Hall.
*seicht.

Steh still Sünder, schau mich an,
Das haben mir deine Sünden gethan.

Wegkreuz am Ritten.

Mensch was haben wilst
getan in Deiner Lösten stünd,
das düe (thue) Jaz, (jetzt) Weil
kannst noch ünd Bist gesünd. 1802.

Bildstöckl Murrach. Oetzthal. [Ötztal]

Glücklich, wer zur großen Reise,
Allezeit bereitet ist,
Weißt du wol, auf welche Weise,
Wann und wo du stirbst, o Christ?
Halte dich von Sünden rein,
Dann nur wirst du selig sein.

1856 Bildstöckl vor Ötz.

Wanderer sieh dich vor
Auf der Reise übers hohe Thor.
Der Weg ist weit,
Schon Manche führte er in die Ewigkeit.

Einige Schritte ober dem Windisch-Matreier Tauernhause.

Da es mir wohl ergieng auf Erden,
Wollten Alle meine Feunde werden;
Da ich kam in Noth,
Waren alle Freunde todt.
Trau' nicht der Welt,
Trau' nicht dem Geld,
Trau' nicht dem Tod,
Trau' allein auf den Gott.

Bildstöckl zu Vulpmes. [Fulpmes]

Groß zeigt sich Gott in der Natur,
Noch größer in dieser Figur.
Kleines altes Feldkreuz bei herrlicher

Aussicht nahe dem Dorfe Jenbach.

Ein Kreuz am Weg,
Gehst du vorbei,
Gedenk, was dessen
Deitung sei.
Zieh' ab den Hut,
Du bist ein Krist,
Der durch den Herrn
Erlöset ist.

Zwischen Mathon u. Gallthür (Paznaun), [Galtür]
ähnlich bei Radegund (Steiermark).

Wohin mein lieber Wandersmann,
Steh still und schau mich ein wenig an,
Betracht' einmal mein' blutigen Schweiß
Dann geh' hin und mach' die Reiß.

Christusbild unweit Hopfgarten in Defereggen.

Wie bitter war der Schmerz,
Da Gott zum Leiden gieng,
Den dort Maria Herz
Als Mutter tief empfieng.
Ihr fiel der Abschied schwer
Den Sohn noch zu umfassen
Und ihn der Menschen Wuth
Und Grimm zu überlassen.

Bildstöckl bei Absam.

Mensch gedenk an Jesu Leiden,
Wenn du willst den Berg besteigen.
Am Eingang ins Alpachthal, hnter der Brücke.

Bildstöckl mit Christus am Kreuze.

Schon hundert Jahre stehe ich am Wege hier;
Zu Allen, die da kamen, blickten her zu mir,
Sprach ich liebvoll: Schäflein folge mir.
Mancher hörte mich, gewann die Herzen sich,
Mancher aber ach! schloß Herz und Ohren zu,
Leser sage mir, was denkst denn du.

Errichtet 1731, Renovirt 1851.
Relief an der Tanne unter Weerberg.

O ihr alle, die ihr auf dem Wege
vorübergeht, sehet, ob irgend ein
Schmerz dem meinigen gleicht.

Kapelle ausser Huben im Oetzthal. [Ötztal]
(Ecco homo-Bild.)

Zu Gott und unser lieben Frauen
Setz ich mein Hoffnung und Vertrauen,
Was mein Gott will, das ist mein Ziel,
Darauf ich leben und sterben will.

Votivtafel in d. St. Justinakapelle in
Eppan. 1644.

O Maria voller Gnaden
Bewahr das Vieh und uns vor Schaden.

Zwischen Patsch und hl. Wasser.

Gegrüßt seist du o Königin,
Des Himmels und der Erde Herrscherin,
Aus deiner Wurzel Gnadenthor
Gieng das Licht der Welt hervor.

Kapelle am Schlosse in Wels.

O liebes Kind wo gehst du hin
Wisse, daß ich dir ja Helfer bin,
Und wer liebt dich so sehr wie ich,
So steh' doch still und grüße mich.

Ausser Latsch (Vinstgau) [Vintschgau] an der
Kapelle b. d. Brücke.

Diesen Ort hat sich Maria selbst erwählt,
Wie aus alten Urkunden erhällt,
Maria-hilf-Bergl wird es genannt,
Vorher war es ieden wol bekannt.
Niemand ging ohne Hilf davon,
Der sie in wahrem Vertrauen rufte an.

Mariahilfbergl bei Brixlegg.

Kommt, liebe Schäflein, trinkt aus diesem Gnadenbronnen,
Hier finden Gnad und Heil alle, die zu mir herkommen.

Bildstöckl vor dem Wahllfahrtsort Maria Waldrast.

Maria! Mutter! Gnadenreich
Mit deiner Hülf von mir nicht weich',
Von Gott mir die Gnade erwerbe,
Daß ich in keiner Todsünde sterbe.

Bildstöckl bei Kastellrutt. [Kastelrut]

O Maria durch deine Gnad
Gib uns ein seliges End,
Erhalt uns, daß wir nicht sterben
Ohne die hh. Sakrament.
Thu uns bei Gott die Gnad erwerben,
Daß wir in der Liebe Gottes sterben.

Bildstöckl Arzbach, St. Johann.

Wenn die 14 Nothhelfer für mich stehen,
So wird es mir gewiß nicht übel gehen.

Kapelle m. d. 14. Nothelfern am
Weg nach Eben.

St. Heinrich von Botzen. Ein sonderbarer Patron
der Armuth und Trübsale. EX VOTTO 1807.

Tummelplatz b. Amras.

O hl. Wendelin, du großer
Viehpatron, bitte bei Gott für uns.

Obermais. St. Jörgenkirchlein.
(Jetzt übermalt u. durch eine
gekürzte Inschrift ersetzt.)

O heilige Maria Magdalena bitt für uns!
Nachdem wir dir im Sündigen folgten, also
auch in der Buße nachfolgen,
damit wir einst selig sterben.
Magdalenabild ausser der

Liseneralpe in Selrain.

Longinus mit der Lanzen
Sticht Christi in den Ranzen*,
Daß er laut aufschreit:
Globt und gebenedeit
Sei die Hl. 3 faltigkeit.

Bildstöckl bei Bruneck
*Leib.

Heiliger Domatius!
Wir bitten durch deiner Marter Blut
Behüte vor Wetter Schaden uns Haus und Gut.

Bildstöckl vor Wildermieming.

Wer du immer hier in frischer Quelle
Labung findest oder suchst,
Denk auch drüben an die Leidensstelle!
Mitleidsdurstig du dann rufst:
"Herr erbarme dich der schmachtenden Seelen,
Die dein Blut erquicken mag,
Laß beim Himmelsborn doch niemals fehlen
Mich am Auferstehungstag."

An e. Brunnen unweit Völs.
(Ob. Innthal.)

Gottes Vorsicht wollte haben,
das ich nicht werde hier begraben,
(Sondern) ich in Mailand Sterben
und mit mein Blut die Erde Färben.
Kaiserjäger petter Dinaller 1849.

Kirchanger bei Kirchberg im Brixental.

Schon zwei Tage kam kein Bissen
Speise, ach, in meinen Mund,
Steine waren mein Ruhekissen
Und mein Bett der Felsengrund.

Votivtafel eines Kriegers v.
1809 am Berge Isel.
Tummelplatz b. Amras.

Mit Mann und Roß und Wagen,
So hat sie Gott geschlagen;
Der Kaiser auf der Flucht,
Soldaten ohne Zucht,
Der Kaiser ohne Heer,
Die Jäger ohne G'wehr,
Der Ritter ohne Schwert,
Der Reiter ohne Pferd,
Der Fähnrich ohne Fahn'
Die Flinte ohne Hahn,
Die Büchse ohne Schuß,
Das Fußvolk ohne Fuß,
Mit Hunger ohne Brot,
An allen Orten Not,
Mit Wagen ohne Rad,
Das Herz im Leib ematt,
Mit Kranken ohne Wagen
So hat sie Gott geschlagen.

Auf dem Tummelplatz bei Amras.
(Das Bild stellt den alten Napoleon dar,
wie er mit dem Zirkel die ihm vom Tod
vorgehaltene Weltkugel abmisst.)

Andenken an einen Gutdenkenden Vater
gegen seinen(!) 6 unerzogenen Kindern
von seiner verstorbenen Ehegattin, welche
im Jahre 1842 gestorben ist. Gott und Maria
zur schuldigsten Dankbarkeit ist diese Tafel
anhero geopfert worden. 1845.

Kirchanger bei Kirchberg im Brixental.

Dieser Ort ist erschröcklich, hier ist das Hauß
Gottes und die Porten des Himmels.
gen. 28 cap.

Kapelle b. Moos in Passeier.

Wanderer steh still,
Verweill ein wenig hier,
Betracht mich ein wenig,
Weill du Kommen must zu mir.

B. Strobl. 1878.
1. Zwischen Igls u. Patsch auf einem Kreuz.
2. Unterinnthal auf e. Bildstöckl.

Das weih ich der göttlichen Mutter,
Weil sie mir erhalten hat
Meine Ruh guter (gesund).

Freienbühl im Thale Asers zwischen
Klausen und Brixen.


O Mensch bedenk die Ewigkeit
Und laß den Opferstock unkeit. (unbeschädigt)

Pustertal.

Im Jahr 1778 den 15. Oktober
hat den ehrensichtigen Jüngling
Baulus Landtman zu Schernstött
in der Shert eine laufende Dach-
stange ungefär so grausam yber-
fallen, daß sie ihm bei dem Sturz
den ganzen Leib durchtrungen
und stehend geblieben in 10 Wochen
frisch und gesund.

Kirchanger bei Kirchberg im Brixental.
(Mit Bild.)

HVCVsqVe per Veneras hostIs
at non pLVs VLtra.
QVare qVIa InCassVM
Laborat LVpVs VbI eXCVbat
BrIXInensIs pastor beatVs
CassIanVs.

Innsbruck an der Annasäule.
(Zur Erinnerung an die Vertreibung der Baiern 1703.)

Bis daher und nicht weiter
Kamen die feindlichen Reiter.
1797.

Kapelle bei Sterzing.
Zur Erinnerung an den Rückzug
der Franzosen unter Joubert
im Jahre 1797.)

Bis hieher und nicht weiter
Kamen die schwedischen Reiter.

1643. Kapelle bei Klausen (Brixental.)
Unter dem Altar auf einer Holztafel,
welche in einer alten Malerei die angebliche
Vertreibung der Schweden, als diese 1643
von Kitzbühel her in das Brixenthal einfallen
wollten, durch die Thalbewohner vorstellt.
Am Frohnleichnamstage findet dahier noch
alljährlich der sg. Antlassritt statt.

Quelle: Ludwig von Hörmann, Grabschriften und Marterlen, Leipzig 1890.
Für SAGEN.at neu erfasst von Waltraud Rück, April 2005.
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