Memorialfriedhof bei Petrosawodsk, Republik Karelien
© Oksana Fedotova

In der Zeit des „Großen Terrors“ 1937-1938 wurden bei Petrosawodsk 3776 Menschen, darunter 519 Finnen, von den Mitgliedern des Volkskomissariats für innere Angelegenheiten (NKWD) der UdSSR erschossen und in Massengräbern begraben.

An der Stelle der Massenermordung befindet sich heute der Memorialfriedhof „Rote Heide“.
20 km entfernt von Petrosawodsk. Schöne Kiefernheide. Ein einfaches orthodoxes Holzkreuz steht am Waldrand, ganz in der Nähe der Autobahn.


Man geht an diesem Kreuz vorbei in den Wald und gleich sieht man die Grabmale – viele weiß bemalte Holzstäbchen mit kleinen „Holzdächern“ oben.


Die Grabmale stehen ungeordnet zwischen den Bäumen und man kann nicht genau sagen, wie viele es da sind. Aber man kann hier sicher stundenlang herumlaufen und sich die Schilder anschauen.


Traditionell in Russland wird an einem Grabmal (egal ob ein Kreuz oder Grabstein oder Grabtafel) ein kleines oft ovales Schildchen mit dem Porträt der begrabenen Person und Angabe der Lebensjahre befestigt.
Auf vielen von diesen Grabmalen sind mehrere Schildchen.

Da sind ältere Gesichter, jüngere Gesichter. Auf manchen Schildchen stehen zwei gleiche Familiennamen, man guckt auf die Daten und man weiß sofort – es waren Brüder, oder es waren Vater und Sohn. Man liest da russische Namen, man liest da karelische oder finnische Namen.  

Michail Botscharow, 1892 – 1937
Nikolaj Karpowitsch, 1899 – 1937



Stepan Nasonow, 1877 – 1937

Dmitrij Kurganow, 1905 – 1937
Iwan Ortiew, 1911 – 1937



Robert Kesseli, 1900 – erschossen 1938

Fjodor Lebedew, 1894 – 1937
Olawi Kajnulajnen-Junttila, 1900 – 1938

Nikita Gerojew, 1906 – 1937



Vater und Sohn:
Prokopij Bombin, 1892 – 1937
Iwan Bombin, 1915 – 1937, rehabilitiert 1957

Michail Terentjew, geb. 1900, verhaftet 1937, erschossen 1938

Brüder:
Iwan Prokopjew, 1895 – 1937
Andrej Prokopjew, 1891 – 1937

Wladimir Manujlow, 1906 – 1937, UNSCHULDIG

Und hier sieht man, dass jemand dieses Grabmal neulich besucht hatte:


In Russland ist es ein Brauch, beim Besuch des Friedhofs Wodka mitzubringen und einen Schluck am Grab zu trinken, so gedenkt man der Toten. Beim Verlassen des Friedhofs wird ein Glas mit etwas Wodka und ein Stück Schwarzbrot an dem Grabkreuz oder Grabmal gelassen – „für den Verstorbenen“. 


Vor einem Jahr, Ende Oktober 2006 wurde zum Andenken an die unglücklichen Opfer auf dem Friedhof „Rote Heide“ ein neuer Gedenkstein errichtet:

Das sind zwei unbearbeitete Steinblöcke aus rotem Quarzit, auf dem Boden liegen zwei schwarze Steintafeln. Auf die linke Tafel wurde das Zitat aus dem Neuen Testament (Matthäus V 4) eingraviert:
Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
Diese Aufschrift ist in 4 Sprachen gemacht: Russisch, Karelisch, Finnisch und Wepsisch, denn nämlich die Vertreter dieser Nationalitäten – Russen, Karelen, Finnen, Wepsen – sind hier begraben.
Auf der Tafel rechts steht auf Russisch und Finnisch:
1937-1938
Den Opfern des roten Terrors von Kindern und Enkeln

Alle Fotos © Oksana Fedotova, 24. Juli 2007

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