KÖNIGSLUTTER am ELM, LUTTERSPRING

Königslutter am Elm, Landkreis Helmstedt, Niedersachsen

Folgt man der Schöppenstedter Straße in südwestliche Richtung, findet man am Ortsausgang gegenüber der Gaststätte "Lutterspring" die Hauptquelle des Lutterbaches. Von hier aus führt ein Wanderweg an der Lutter entlang zu weiteren Quellen, die den Bach speisen. Die Hauptquelle ist seit 1708 durch ein barockes Quellhaus künstlich eingefaßt und trägt zur Unterscheidung von den anderen Quellen den Namen "Abt-Fabricius-Quelle".


Legende:

Eine Sage erklärt, wie der Bach seinen Namen erhielt. An einem heißen Sommertag hütete einst ein Schäfer namens Hans Lutter seine Herde an dieser Stelle. Er lag dabei im Gras und stocherte mit seinem Hirtenstab im felsigen Gestein des Abhanges. Da löste sich plötzlich ein großer Stein, sprang herab und schlug dem Schäfer ein Loch in den Kopf, so daß er tödlich getroffen hinsank. Aus dem Felsen aber sprudelte daraufhin ein frischer Quell, der nicht mehr versiegte. Zum Andenken nannte man den Quell "den Lutterspring". Wie es heißt, hat später ein Herzog über dem Spring das Quellhaus errichten lassen. Es zeigt über der Tür ein Bild, auf dem angeblich dargestellt ist, wie der Felsblock den Schäfer erschlägt. Tatsächlich handelt es sich um eine Flußallegorie, die einen alten Mann zeigt, der an einem Hang liegt und unter seinem linken Arm ein Gefäß hält, aus dem ein Fluß entspringt. Die Sage vom Schäfer Lutter ist reine Volksetymologie; in Wirklichkeit leitet sich der Name ab von dem Wort "Lauter", womit ein helles klares Wasser gemeint ist. Wenn sich in Königslutter ein Kind Geschwister wünschte, so sollte es in das seitliche Fenster an der Treppe des Quellhauses hineinrufen: "Klapperstorch du Bester, bring mir 'ne kleine Schwester" oder "Klapperstorch du Guter, bring mir 'nen kleinen Bruder", dann würde ihm dieser Wunsch recht bald erfüllt werden. Die Vorstellung vom Storch als Kinderbringer entstand allerdings erst im 19. Jh. Man erzählt sich, daß ein böser Wassernix in der Lutter wohnt, der von Zeit zu Zeit ein Opfer von den Menschen fordert. So sollen schon viele Menschen vom Hakemann, wie man den Nix auch nennt, ins Wasser gezogen worden und ertrunken sein. Es ist überliefert, daß die Leute daher früher in den Zeiten, als noch das berühmte Ducksteinbier gebraut wurde, oft für den Wassernix eine Kanne davon in die Lutter geschüttet haben, um ihn damit zu erfreuen und gnädig zu stimmen. Auch Blumen hat man ins Wasser geworfen, mit denen sich der Wassermann bekränzen sollte.

Hintergrundinformation aus volkskundlicher Sicht:

Es heißt, daß früher viele Leute in der Osternacht an die Lutterquelle gingen und sich dort Osterwasser holten. Es mußte schweigend geschöpft und in einem irdenen Krug nach Hause getragen werden. Man sagte, daß dann das Wasser ein ganzes Jahr lang frisch blieb und ein Allheilmittel für allerlei Krankheiten war, aber auch bei Müdigkeit gute Dienste leistete. Verbreitet war v. a. der Glaube, das Osterwasser könne bei Augenleiden Linderung verschaffen.

Im Volksglauben sind die Nixen Dämonengestalten des Wassers. Sie wohnen in Teichen und Flüssen, manchmal erscheinen sie auch in Brunnen. Erstmals werden sie im 10. Jh. bei Notker dem Deutschen erwähnt und erscheinen dort unter dem Namen "nihhus" oder "nicchus". Im 13. Jh. findet man bei Konrad von Würzburg erstmals die Bezeichnung "wazzernixe". Das Wort "Nix" ist aus einem gemeingermanischen Begriff abgeleitet, der soviel wie "waschen" oder "plätschern" bedeutet. Das Wesen dieser Wassergeister ist ambivalent. Während der Nix oder Wassermann meist als bösartig dargestellt wird und seine Opfer in die Tiefe zieht, hat sich das Bild seines weiblichen Pendants, der Nixe, seit der Zeit der Romantiker etwas mehr zum Positiven hin gewandelt.

Die vorliegende Sage könnte ein letzter Nachklang der Erinnerung daran sein, daß die Lutterquelle einst eine Kultstätte war, an der eine Quellgottheit verehrt wurde. Funde römischer Münzen deuten darauf hin, daß schon im 3. Jh. dieser Ort von Menschen aufgesucht wurde, die mit dem Römischen Reich Kontakt hatten. Seit dem Mittelalter fand das Wasser der Quelle dann u.a. auch zum Bierbrauen Verwendung.

Quelle: Frank Winkelmann, Die schwarzen Führer, Hannover - Südliches Niedersachsen. Freiburg im Breisgau, 2002, S. 112 - 115.

Ergänzungen sind gerne willkommen!